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ProstSchG [DE]

Deutsches Prostituiertenschutzgesetz = ProstSchG

Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen in Deutschland

Vom 21. Oktober 2016

Der deutsche Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG)

§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz ist anzuwenden auf die Ausübung der Prostitution durch Personen über 18 Jahre sowie auf das Betreiben eines Prostitutionsgewerbes.

Erläuterungen zu § 1

Die Vorschrift umschreibt den Anwendungsbereich des Gesetzes. Das Gesetz formuliert rechtliche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Ausübung der Prostitution sowie für den Betrieb von Prostitutionsstätten und anderen Prostitutionsgewerben.

Dem Gesetz liegt grundsätzlich ein weites Verständnis von Prostitution zugrunde, das möglichst alle Angebotsformen entgeltlicher sexueller Kontakte und deren gewerbsmäßige Organisation dem Bereich der Prostitution zurechnet. Entsprechend seinem Schutzzweck wird damit das Ziel verfolgt, den Anwendungsbereich auf eine möglichst große Bandbreite an Geschäftsmodellen im Bereich der sexuellen Dienstleistung zu erstrecken.

Der Begriff Prostitutionsgewerbe ist als umfassender Oberbegriff zu verstehen und erfasst neben Prostitutionsstätten in den unterschiedlichsten Ausprägungen auch die gewerbliche Vermittlung entgeltlicher sexueller Kontakte sowie das Betreiben von Prostitutionsfahrzeugen und die Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen.

Die einzelnen Begrifflichkeiten werden in § 2 näher bestimmt.

Minderjährige, die der Prostitution nachgehen, sind von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht betroffen, da die Inanspruchnahme sexueller Handlungen Minderjähriger gegen Entgelt als sexueller Missbrauch nach § 182 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs strafbar ist; ebenso ist jede Förderung der Prostitution Minderjähriger und jede wirtschaftliche Betätigung, die darauf abzielt, aus der Prostitution Minderjähriger Nutzen zu ziehen, umfassend unter Strafe gestellt. Durch die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes ist darüber hinaus ein umfassender Schutz von Minderjährigen sichergestellt. Insbesondere ist nach § 4 Absatz 3 des Jugendschutzgesetzes Kindern und Jugendlichen der Aufenthalt in Nachtbars, Nachtclubs oder in vergleichbaren Vergnügungsbetrieben und damit auch in Betrieben mit sexualbezogenen Vergnügungsangeboten, z. B. Animierbetrieben, Sex-Saunen, sog. Swinger-Clubs sowie Betrieben, die der Prostitution dienen, nicht gestattet.

Für Personen in der Altersgruppe zwischen dem vollendeten 18. und 21. Lebensjahr enthält das Gesetz einige Sondervorschriften, die der besonderen Vulnerabilität Heranwachsender Rechnung tragen.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Eine sexuelle Dienstleistung ist eine sexuelle Handlung mindestens einer Person an oder vor mindestens einer anderen unmittelbar anwesenden Person gegen Entgelt oder das Zulassen einer sexuellen Handlung an oder vor der eigenen Person gegen Entgelt. Keine sexuellen Dienstleistungen sind Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist.

(2) Prostituierte sind Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen.

(3) Ein Prostitutionsgewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person anbietet oder Räumlichkeiten hierfür bereitstellt, indem er

1. eine Prostitutionsstätte betreibt,
2. ein Prostitutionsfahrzeug bereitstellt,
3. eine Prostitutionsveranstaltung organisiert oder durchführt oder
4. eine Prostitutionsvermittlung betreibt.

(4) Prostitutionsstätten sind Gebäude, Räume und sonstige ortsfeste Anlagen, die als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt werden.

(5) Prostitutionsfahrzeuge sind Kraftfahrzeuge, Fahrzeuganhänger und andere mobile Anlagen, die zur Erbringung sexueller Dienstleistungen bereitgestellt werden.

(6) Prostitutionsveranstaltungen sind für einen offenen Teilnehmerkreis ausgerichtete Veranstaltungen, bei denen von mindestens einer der unmittelbar anwesenden Personen sexuelle Dienstleistungen angeboten werden.

(7) Prostitutionsvermittlung ist die Vermittlung mindestens einer anderen Person zur Erbringung sexueller Dienstleistungen außerhalb von Prostitutionsstätten des Betreibers. Dies gilt auch, wenn sich lediglich aus den Umständen ergibt, dass zu den vermittelten Dienstleistungen auch sexuelle Handlungen gehören.

Erläuterungen zu § 2

- zu Absatz 1 -

Zu Absatz 1 Mit dem Begriff "Sexuelle Dienstleistung" wird der Gegenstand des Prostitutionsgewerbes beschrieben. Erfasst sind alle sexuellen Handlungen, die gegen Entgelt vorgenommen werden. Umfasst sind damit alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer Handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen kommt. Nicht alle dieser unter den Begriff der sexuellen Dienstleistung fallenden Erscheinungsformen werden im allgemeinen oder milieutypischen Sprachgebrauch durchgängig als "Prostitution" bewertet. Für die Zwecke dieses Gesetzes und dieser Begründung werden die Ausdrücke "sexuelle Dienstleistung" und "Prostitution" gleichbedeutend verwendet.

Der Begriff der "sexuellen Handlung" ist beispielsweise durch das Strafgesetzbuch eine eingeführte Begriffsbildung, die daher keiner näheren gesetzlichen Definition bedarf.

Wie nach § 1 des Prostitutionsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) sind auch Fallgestaltungen erfasst, bei denen sich eine Person für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer bereithält. Es kommt also weder darauf an, ob die Entgeltvereinbarung sich auf eine konkretisierte einzelne Leistung oder pauschal auf einen Zeitraum bezieht, noch darauf, ob die Entgeltvereinbarung unmittelbar zwischen den an der Dienstleistung beteiligten Personen getroffen wird oder ob die Entgeltvereinbarung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit dem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes zustande kommt. Als "Entgelt" kann dabei nicht alleine ein Geldbetrag angesehen werden, sondern jede im Rahmen eines wirtschaftlichen Tauschverhältnisses vereinbarte geldwerte Gegenleistung.

Unter Zugrundlegung des üblichen Sprachverständnisses ist unter einer sexuellen "Dienstleistung" nicht jeder nur denkbare Einzelfall der Vornahme sexueller Handlungen im Gegenzug oder in Erwartung eines geldwerten Vorteils als Prostitution anzusehen. Wer sich im Rahmen privater Kontakte ohne gezielte Gewinnorientierung bei Gelegenheit auf einen Tausch Sex gegen Restaurant- oder Konzertbesuch einlässt, erbringt damit noch keine sexuelle "Dienstleistung" im Sinne des § 2. Anders ist es hingegen zu bewerten, wenn jemand solche Tauschgeschäfte anbietet, um damit gezielt den Erhalt oder die Steigerung des eigenen Lebensunterhalts zu sichern.

Ausgenommen von der Definition der sexuellen Dienstleistung nach dieser Vorschrift sind solche sexuellen Handlungen, bei denen kein unmittelbares Gegenüber räumlich anwesend ist, sondern bei denen sich die sexuelle Dienstleistung an einen unbestimmten beziehungsweise unbekannten Personenkreis richtet. Beispiele dafür sind sexuelle Handlungen einer einzelnen Person vor einer Internetkamera, Telefonsex oder Peepshows.

Vorführungen sexuell konnotierter oder pornografischer Art mit rein darstellerischem Charakter, die von einer oder mehreren Personen vor anderen anwesenden Personen ausgeführt werden, fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn mit Ausnahme der Darstellerinnen oder Darsteller keine weiteren anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen sind. Ein Beispiel hierfür sind Table-Dance-Aufführungen, die nicht unter Absatz 1 fallen. Für solche Veranstaltungen können bei Vorliegen der Voraussetzungen weiterhin § 33a der Gewerbeordnung (Schaustellungen von Personen) sowie ggf. Bestimmungen der Bundesländer zu dieser Materie einschlägig sein.

- zu Absatz 2 -

Als Bezeichnung für Personen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten und persönlich erbringen, wird in diesem Gesetz der Begriff "Prostituierte" oder "Prostituierter" verwendet, auch wenn im milieutypischen Sprachgebrauch teilweise eine differenzierende Begriffsbildung üblich ist.

Von den Regelungen werden grundsätzlich alle Prostituierten erfasst, also auch Personen, die die Prostitution nur gelegentlich ausüben.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 legt fest, wer als "Betreiber" eines Prostitutionsgewerbes anzusehen ist. Erfasst werden alle Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Ein Prostitutionsgewerbe betreibt damit nicht, wer ausschließlich aus seiner eigenen Prostitutionstätigkeit Nutzen zieht; diese Personen sind hingegen als Prostituierte durch dieses Gesetz erfasst.

Der Begriff "Prostitutionsgewerbe" wird in diesem Gesetz als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit im Bereich sexueller Dienstleistungen mit Ausnahme der eigentlichen Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter eingeführt. Darunter fallen Tätigkeiten im organisatorischen Umfeld genauso wie im Bereich der Anbahnung der Prostitution, wie z. B. die Vermittlung sexueller Dienstleistungen, verschiedene Tätigkeiten der Kundenakquise, Veranstaltertätigkeiten, Fahr- und Begleitdienste sowie das Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur einschließlich von Nebenleistungen.

Die unternehmerischen Aktivitäten der Gewerbetreibenden werden mit den Nummern 1 bis 4 typisiert und den in Absatz 4 bis Absatz 7 beschriebenen Fallgruppen zugeordnet, um eine Verknüpfung zu den im Folgenden definierten Anforderungen an diese Betriebsformen zu schaffen.

- zu Absatz 4 -

Der Begriff der Prostitutionsstätte setzt voraus, dass es sich um eine ortsfeste Anlage handelt, die dauerhaft zur Prostitutionsausübung genutzt wird und im weitesten Sinne einen baulichen Bezug aufweist. Erfasst werden danach jedenfalls alle bisher üblicherweise als Bordelle, bordellartige Einrichtungen, Wohnungsbordelle, Terminwohnungen, Modellwohnungen etc. qualifizierte, gewerbsmäßig betriebene Betriebsstätten.

Im Unterschied zum Begriff der "baulichen Anlage" aus dem Baurecht ist der Begriff der "ortsfesten Anlage" weiter zu verstehen, weil es sich nicht zwangsläufig um eine Anlage handeln muss, die dauerhaft und fest mit dem Erdboden verbunden ist.

Dadurch können auch See- oder Binnenschiffe unter Absatz 4 fallen; dies gilt in erster Linie für solche Schiffe, die dauerhaft fest mit dem Ufer verbunden sind und/oder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zur Teilnahme am Schiffsverkehr geeignet sind. Ein Beispiel hierfür können Wohnboote oder Schwimmhäuser sein, die über keinen eigenen Antrieb verfügen. Diese quasi schwimmenden, aber dennoch ortsfesten Anlagen fallen bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen aufgrund ihrer Immobilität unter den Begriff der Prostitutionsstätte. Hiervon zu unterscheiden sind für Prostitutionszwecke genutzte Schiffe, die nicht dauerhaft mit dem Ufer verbunden sind, sondern auch als Transportmittel benutzt werden. Diese mobilen Anlagen sind aufgrund ihrer Beschaffenheit mit Wohnmobilen vergleichbar und fallen bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen daher unter den Begriff des Prostitutionsfahrzeugs nach Absatz 5.

Ob es sich bei der Nutzung eines See- oder Binnenschiffes um eine Prostitutionsstätte oder eine Prostitutionsveranstaltung handelt, ist danach zu entscheiden, ob das Schiff lediglich anlassbezogen im Rahmen eines vorher festgelegten Konzeptes zur Prostitution genutzt wird – dann Prostitutionsveranstaltung – oder ob das Schiff dauerhaft zum Zweck der Ausübung der Prostitution genutzt wird – dann Prostitutionsstätte.

Die Aufnahme von See- und Binnenschiffen in den Anwendungsbereich des Gesetzes ist notwendig, um Umgehungsmöglichkeiten, insbesondere zur Einhaltung der an die Erlaubnis geknüpften Mindestanforderungen an Betriebsstätten, zu verhindern.

Für die Einordnung einer ortsfesten Anlage als Prostitutionsstätte kommt es nicht auf die Bezeichnung der Betriebsstätte oder die Betriebsart an; abzustellen ist vielmehr auf die erkennbare Ausrichtung des Geschäftsmodells auf entgeltliche sexuelle Kontakte und das Schaffen von Gelegenheiten für solche Kontakte in einem weitesten Sinne baulichen Rahmen.

Bezeichnet sich ein Betrieb z. B. als "Saunaclub", "FKK-Club" oder "Swinger-Club", so ist dies eine Prostitutionsstätte, wenn dort mit Wissen des Betreibers Prostituierte tätig werden. Die Einordnung erfolgt unabhängig von der Rechtsbeziehung zwischen Betreiber und Prostituierten sowie zwischen Betreiber und Kunden. Die dort tätigen Prostituierten müssen daher nicht notwendigerweise in einer vertraglichen Beziehung zum Betreiber stehen; die Rechtsbeziehungen zwischen Betreiber und Prostituierten müssen nicht notwendigerweise anders ausgestaltet sein als die Rechtsbeziehungen zwischen Betreiber und Kunden der Prostituierten. In Zweifelsfällen kann auch der typische Erwartungshorizont szenekundiger Besucherinnen und Besucher herangezogen werden.

Da unter dem Begriff des Prostitutionsgewerbes nur Tätigkeiten erfasst werden, die darauf ausgerichtet sind, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, ist für den Bereich der Wohnungsprostitution wie folgt zu differenzieren:

Stellt jemand eine oder mehrere Wohnungen gezielt an eine oder mehrere Personen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in dieser Wohnung zur Verfügung, so gilt die Wohnung bzw. die Wohnungen als Prostitutionsstätte und der Verfügungsberechtigte als ihr Betreiber. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Person, die die Wohnung gezielt an Prostituierte überlässt, nach außen als Vermieter oder z. B. als (Haupt-)Mieter der Wohnung auftritt. Es kommt lediglich darauf an, dass er die Nutzung der Wohnung maßgeblich steuert und damit einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer zieht, z. B. durch die Akquise von Prostituierten als Nutzerinnen, durch zeitliche Planung der Nutzung oder durch Festlegung von Betriebszeiten. Weitere auf die Nutzung für die Prostitution bezogene Nebenleistungen, wie etwa die Gestaltung einer werbenden Außenansicht oder eines Eingangsbereichs, das Bereitstellen von Dienstleistungen oder der Arbeitsmaterialien, das Anwerben von Kunden oder andere Maßnahmen können hinzukommen und bilden ggf. ein Indiz bei der Entscheidung, wer als Betreiber der Prostitutionsstätte anzusehen ist; sie sind jedoch nicht Voraussetzung für die Einordnung als Prostitutionsstätte. Die Einordnung als Prostitutionsstätte gilt auch unabhängig davon, ob die Wohnung zugleich auch zum Zwecke des Wohnens oder Schlafens genutzt wird, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolgt. Nicht entscheidend ist, wie viele Personen in der Wohnung tätig werden und wie das Rechts- bzw. Mietverhältnis zwischen Betreiber und Nutzerin bzw. Nutzer ausgestaltet ist.

Mit dieser strikten Regelung soll eine Umgehung der Erlaubnispflicht vermieden werden. Wer sich professionell darauf ausrichtet, eine oder mehrere Wohnungen gezielt an Prostituierte zur Ausübung ihrer Tätigkeit zu vermieten, ist daher Gewerbetreibender im Sinne des Absatzes 3 und unterfällt folglich der Erlaubnispflicht und den daran anknüpfenden Regelungen für Prostitutionsstätten.

Wird die Prostitution hingegen in einer Wohnung oder einem sogenannten Studio ausschließlich durch die Wohnungsinhaberin bzw. den -inhaber ausgeübt, ohne dass eine weitere Person als Betreiber wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitutionsausübung zieht, gilt eine solche Wohnung nicht als Prostitutionsstätte und folglich auch nicht als Prostitutionsgewerbe, da die Wohnungsinhaberin keinen Nutzen aus der Prostitution anderer zieht. Die Person unterliegt dann lediglich der Anmeldepflicht als Prostituierte.

Nichtgewerbliche bauliche Vorrichtungen, wie die sogenannten Verrichtungsboxen, die von Kommunen bereitgestellt werden, um für die Ausübung der Prostitution außerhalb von Gebäuden eine geschütztere Umgebung bereitzustellen, fallen nicht unter Absatz 4.

- zu Absatz 5 -

Als Prostitutionsfahrzeuge werden in der Regel Kraftfahrzeuge, insbesondere Wohnmobile, Wohnwagen oder ähnliche Fahrzeuge verwendet, die nach Berichten aus der Praxis nicht selten von wechselnden Prostituierten, teilweise quasi im Schichtbetrieb, für die Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt werden.

Wer maßgeblich diese Nutzung steuert und damit einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer zieht, z. B. durch die zeitliche Planung der Belegung des Prostitutionsfahrzeugs, die Festlegung von Betriebszeiten und Standplatz, durch Akquise von Prostituierten als Nutzerin oder Nutzer, durch die Anwerbung von Kunden oder andere Maßnahmen, ist als Betreiber im Sinne von Absatz 3 anzusehen. Nutzt allein die Fahrzeughalterin bzw. -mieterin oder der Fahrzeughalter bzw. -mieter das Fahrzeug für die Erbringung sexueller Dienstleistungen, so ist diese Person kein Prostitutionsgewerbetreibender im Sinne von Absatz 3.

Mit der Aufnahme als eigene Betriebsart in das Gesetz wird der Tatsache Rechnung getragen, dass zum Schutz der dort tätigen Personen gewisse Mindestanforderungen auch für die Aufstellung und Ausstattung eines solchen Fahrzeugs gesetzlich formuliert werden müssen.

Ein vom Kunden genutztes eigenes oder fremdes Fahrzeug, das zum Zweck der Prostitution genutzt wird, fällt nicht unter Absatz 5.

Auch See- und Binnenschiffe, die für die Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt und nicht dauerhaft mit dem Ufer verbunden sind, sondern auch als Transportmittel dienen können, können bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen aufgrund ihrer Vergleichbarkeit mit Wohnmobilen als mobile Anlage unter den Begriff des Prostitutionsfahrzeugs fallen. In Abgrenzung zu Prostitutionsstätten ist das entscheidende Kriterium die tatsächlich gegebene Mobilität des Wasserfahrzeugs.

- zu Absatz 6 -

Prostitutionsveranstaltungen bilden eine Sonderform, die nicht an eine als Prostitutionsstätte zu qualifizierende Betriebsstätte geknüpft sein muss. Zwar können hierfür teilweise Räume genutzt werden, die eine gewisse Nähe zum Prostitutionsmilieu im weiteren Sinne aufweisen, dies ist aber nicht Voraussetzung für die Einordnung als Prostitutionsveranstaltung. Um auch für diese Art gewerblicher Prostitution die Zuverlässigkeit der Betreiber prüfen und anlassbezogen die Einhaltung gewisser Mindeststandards durchsetzen zu können, ist es erforderlich, eine besondere Fallgruppe zu bilden, an die bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden.

Voraussetzung für die Einordnung als Prostitutionsveranstaltung ist, dass sexuelle Dienstleistungen im Sinne von Absatz 1 im Rahmen der Veranstaltung angeboten werden. Dies ist der Fall, wenn dort mit Wissen des für die Veranstaltung verantwortlichen Betreibers auch Prostituierte tätig werden. Absatz 6 schließt Veranstaltungen mit ein, bei denen Teilnehmende pauschal Eintritt gegen Entgelt erhalten und an Prostituierte ein pauschales Entgelt für die ganze Veranstaltung bezahlt wird. Nicht notwendig ist, dass die Veranstaltung so konzipiert ist, dass alle Veranstaltungsteilnehmende in die sexuellen Handlungen einbezogen werden.

Ist – z. B. aus der Werbung für die Veranstaltung – nicht klar erkennbar, ob lediglich ein Rahmen für wechselseitige sexuelle Kontakte unter den Veranstaltungsteilnehmenden ohne Erwartung einer Gegenleistung geschaffen wird oder ob es sich um durch die Veranstalterin oder den Veranstalter oder durch Teilnehmende bezahlte Dienstleistungen handelt, kann in Zweifelsfällen auch der typische Erwartungshorizont szenekundiger Veranstaltungsteilnehmender herangezogen werden.

Als Betreiber im Sinne des Absatzes 3 ist die Veranstalterin oder der Veranstalter anzusehen.

- zu Absatz 7 -

Eine Prostitutionsvermittlung betreibt, wer in gewerblicher Form gezielt Personen mit dem Ziel der Erbringung sexueller Dienstleistungen vermittelt; darunter fällt gegenwärtig beispielsweise der Betrieb eines Escortservice. Unter Einbindung in eine gewerbliche Vermittlung bieten Prostituierte u. a. an, einen Abend unter Einschluss sexueller Kontakte in Begleitung des Kunden oder der Kundin zu verbringen oder sie werden z. B. in Hotels oder Wohnungen beim Kunden oder der Kundin als sogenannte Callgirls oder Callboys tätig. Nicht notwendig ist, dass bereits im Voraus feststeht, ob und welche sexuellen Handlungen mit vereinbart sind. Dabei ist anhand des Gesamtbilds der konkreten Umstände zu ermitteln, ob die Kunden oder Kundinnen der Vermittlung annehmen dürfen, dass zu den über die Vermittlung angebotenen Dienstleistungen der vermittelten Person auch sexuelle Handlungen gehören, falls sich dies nicht bereits aus der Beschreibung der zur Vermittlung angebotenen Dienstleistung ergibt.

- Abschnitt 2 -

Prostituierte


§ 3 Anmeldepflicht für Prostituierte

(1) Wer eine Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter ausüben will, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit persönlich bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, anzumelden.

(2) Soweit ein Land nach § 5 Absatz 3 Satz 1 eine abweichende Regelung zur räumlichen Gültigkeit der Anmeldebescheinigung getroffen hat, ist die Tätigkeit in diesem Land auch bei der dort zuständigen Behörde anzumelden.

(3) Die Anmeldepflicht besteht unabhängig davon, ob die Tätigkeit selbständig oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

Erläuterungen zu § 3

Der weitaus größte Teil der Prostituierten übt die Prostitution in Form einer selbständigen Erwerbstätigkeit aus. Sozialversicherungspflichtig in der Prostitution Beschäftigte machen gegenwärtig nur einen verschwindend geringen Anteil der Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer aus.

Nach wohl überwiegender Auffassung ist die selbständige persönliche Ausübung der Prostitution kein "Beruf wie jeder andere" und kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, sondern eine höchstpersönliche Dienstleistung. Auch wenn einzelne Kommunen Gewerbeanzeigen von Prostituierten entgegennehmen, besteht im Verwaltungsvollzug weitgehend Einigkeit darüber, dass Prostituierte kein nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung anmeldepflichtiges Gewerbe ausüben. Angesichts der Besonderheiten der Prostitution kann dies auch als sachgerecht angesehen werden, da anderenfalls z. B. die Grunddaten des Gewerbes (Name, betriebliche Anschrift, angezeigte Tätigkeit) gemäß § 14 Absatz 5 Satz 2 der Gewerbeordnung allgemein zugänglich gemacht werden dürften.

Mit der Einführung einer eigenständigen Anmeldepflicht wird für Prostituierte nun ein eigener Status "suigeneris" bereitgestellt, der den Besonderheiten der Ausübung der Prostitution Rechnung trägt.

So scheuen viele Prostituierte noch immer vor einer Offenlegung ihrer Tätigkeit gegenüber Behörden zurück, weil sie fürchten, gesellschaftliche Ausgrenzung zu erleben, wenn bekannt wird, dass sie als Prostituierte arbeiten. Diese Befürchtung wird zusätzlich genährt durch die vermeintliche Langlebigkeit der von öffentlichen Stellen erhobenen personenbezogenen Daten, möglicherweise auch noch lange nachdem konkrete Personen aus der Arbeit in der Prostitution ausgeschieden sind. Angesichts der weit verbreiteten Vorbehalte gegenüber Prostituierten und der damit einhergehenden möglichen Nachteile in anderen Lebensbereichen, z. B. wenn eine (frühere) Tätigkeit in der Prostitution ungewollt bekannt wird, besteht ein erhöhtes Datenschutzbedürfnis, dem durch eine besonders datenschutzsensible Ausgestaltung der Anmeldepflicht Rechnung getragen werden musste.

Als weitere Eigenarten der Prostitution spielen die hohe Mobilität sexueller Dienstleisterinnen und Dienstleister und der große Anteil an Migrantinnen und Migranten eine prägende Rolle. Beides trägt dazu bei, dass ein hoher Anteil der Prostituierten bürokratische Anforderungen teilweise aus Unkenntnis meidet und über die eigenen Rechte und Pflichten sowie über bestehende Unterstützungsmöglichkeiten nicht ausreichend informiert ist. Die hohe Mobilität und Fluktuation von Prostituierten ist zugleich eines der Elemente, die zur eingeschränkten Transparenz des Rotlichtmilieus führen und dadurch Spielräume für Ausbeutung und Menschenhandel schaffen, und die letztlich auch die Unterstützung und Aufklärung von Prostituierten über ihre Rechte erschweren.

Um auch und gerade diesem Personenkreis einen verlässlichen Zugang zu Grundinformationen über die eigenen Rechte und Pflichten und über die in Deutschland bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten zu verschaffen, wird die Anmeldepflicht als Anknüpfungsmechanismus zur Übermittlung dieser Informationen und als Gelegenheit zur persönlichen Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden und Beratungsangeboten ausgestaltet.

Mit dem Prostituiertenschutzgesetz und insbesondere der Einführung einer Anmeldepflicht wird für Prostituierte ein fachrechtlicher Regelungsrahmen geschaffen. Für eine subsidiäre Anwendung der Gewerbeordnung und damit insbesondere der Anzeigepflicht nach § 14 der Gewerbeordnung auf Prostituierte besteht daher kein Bedürfnis. Durch die Ergänzung des § 6 Absatz 1 der Gewerbeordnung in Artikel 5 wird klargestellt, dass die Gewerbeordnung keine Anwendung auf die Tätigkeit als Prostituierte findet.

Davon zu unterscheiden ist der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes. Für Prostitutionsgewerbetreibende bleibt es bei der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung, soweit dieses Gesetz keine spezielleren Regelungen bereitstellt, und damit bei der Verpflichtung zur Gewerbeanzeige nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung.

- zu Absatz 1 -

Die Anmeldung hat persönlich zu erfolgen; denn nur durch die verbindlich ausgestaltete persönliche Abgabe der Anmeldung kann verlässlich sichergestellt werden, dass alle Prostituierten das in § 7 vorgeschriebene und an die Anmeldung geknüpfte Informations- und Beratungsgespräch und mindestens einmal vor Anmeldung der Tätigkeit und anschließend regelmäßig die gesundheitliche Beratung nach § 10 Absatz 1 wahrgenommen haben. Auch ermöglicht einzig das persönliche Erscheinen zur Anmeldung, dass sie für die im Falle von Beratungsbedarf in § 9 beschriebenen Schutzmaßnahmen oder Unterstützungsangebote unmittelbar erreichbar sind.

Prostitution ist kein "Gewerbe wie jedes andere" im gewerberechtlichen Sinne; deshalb bedarf es auf die Besonderheiten dieses Gewerbes zugeschnittene Regelungen. Mit der Pflicht zum persönlichen Erscheinen wird gerade Personen, die besonderen Schutz bedürfen, eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit milieufernen Dritten geboten und eine Chance, von der Existenz unterstützender Angebote zu erfahren. Dies gilt insbesondere für Personen, die entgegen den Zielen des Gesetzes weitgehend fremdgesteuert und uninformiert von Dritten in Prostitutionsbetriebe verbracht werden. Hier kann die persönliche Anmeldung in einem neutralen und vertraulichen Rahmen den Zugang zu Beratung und Unterstützung wesentlich erleichtern. Zugleich wird das Risiko verringert, dass Anmeldung und Information als bloße Formsache fremdgesteuert durch Mittelsmänner abgewickelt werden. Die Vorgabe der persönlichen Anmeldung ist daher keine technische Vorgabe an das Verwaltungsverfahren für die Anmeldung, sondern ein materiell-rechtlich begründetes Erfordernis, das sich aus dem hohen Risiko des Missbrauchs bei einem Absehen vom persönlichen Erscheinen ergibt.

Gäbe es die Möglichkeit, die Anmeldung in anderer Form, beispielsweise elektronisch, auch aus dem Ausland abzuwickeln, bestünde ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass unzuverlässige Dritte in die Formalien der Anmeldung eingebunden würden, die eine bloß formale Einhaltung der bürokratischen Erfordernisse ausnutzen würden, um weiterhin junge Frauen und Männer in legale Betriebsstätten einzuschleusen und auszubeuten. Diese Personengruppen werden gerade kein Interesse daran haben, dass Prostituierte eine realistische Vorstellung von den rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit als Prostituierte und von bestehenden Unterstützungsangeboten erhalten.

Das erstrebte Regelungsziel kann folglich nur erreicht werden, wenn die Anmeldung ver- bindlich mit einem persönlichen Kontakt verknüpft wird. Die Anmeldepflicht nach § 3 verfolgt damit als Bestandteil eines Schutzkonzepts für die in der Prostitution tätigen Personen andere und weitergehende Zwecke als beispielsweise eine Gewerbeanzeige. Die Eigenarten des Rotlichtmilieus rechtfertigen es, im Hinblick auf die Anmeldepflicht von den Erfordernissen und Maßstäben des Artikels 8 Absatz 1 der Richtlinie des Europäi- schen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt vom 12. Dezember 2006 (Richtlinie 2006/123/EG) abzusehen. Aus denselben Gründen ist auch die Verlängerung der Anmeldung persönlich von den Prostituierten vorzunehmen. Das dadurch erneut anfallende persönliche Informations- und Beratungsgespräch fördert auch das Gesetzesziel eines verbesserten Schutzes von Heranwachsenden in der Prostitution.

Die Anmeldung ist bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, vorzunehmen. Mit dieser Anknüpfung wird berücksichtigt, dass Anmeldungen bei Behörden erfolgen, in deren Zuständigkeitsbereich Angebote sexueller Dienstleistungen bestehen, wo eher davon ausgegangen werden kann, dass entsprechende Ressourcen zur Durchführung der Informations- und Beratungsgespräche nach § 7 vorhanden sind als beispielsweise bei einer Anknüpfung der Zuständigkeit an den Wohnort der Prostituierten. Mit der Anknüpfung an den geplanten Tätigkeitsschwerpunkt ist eine Prognose verbunden, die die teilweise hohe Mobilität bei der Ausübung der Tätigkeit berücksichtigt. Die Entscheidung über die Zuständigkeit ist insoweit entsprechend der Darlegung der anmeldepflichtigen Person zu treffen, deren Angaben im Zweifel zu überprüfen sind.

- zu Absatz 2 -

Soweit ein Land gemäß § 5 Absatz 3 abweichende Regelungen zur räumlichen Geltung der Anmeldebescheinigung getroffen hat, hat zusätzlich auch eine persönliche Anmeldung der Tätigkeit in diesem Bundesland zu erfolgen.

- zu Absatz 3 -

Die Anmeldepflicht gilt unterschiedslos für selbständig erwerbstätige Prostituierte wie für abhängig beschäftigte Prostituierte. Dies dient der Entlastung dieser rechtlich häufig wenig versierten Personengruppe von der Klärung komplizierter Vorfragen und dem umfassenden Schutz von Prostituierten, der unabhängig von Vertragsverhältnissen gelten soll. Außerdem liegt es damit nicht mehr in der Hand von Dritten, durch die Wahl einer Rechtsform zu steuern, von welchen Prostituierten die Behörden Anmeldedaten erhalten und von welchen nicht.

§ 4 Zur Anmeldung erforderliche Angaben und Nachweise

(1) Bei der Anmeldung hat die anmeldepflichtige Person zwei Lichtbilder abzugeben und folgende Angaben zu machen:

1. den Vor- und Nachnamen,
2. das Geburtsdatum und den Geburtsort,
3. die Staatsangehörigkeit,
4. die alleinige Wohnung oder Hauptwohnung im Sinne des Melderechts, hilfsweise eine Zustellanschrift und
5. die Länder oder Kommunen, in denen die Tätigkeit geplant ist.

(2) Bei der Anmeldung ist der Personalausweis, der Reisepass, ein Passersatz oder ein Ausweisersatz vorzulegen. Ausländische Staatsangehörige, die nicht freizügigkeitsberechtigt sind, haben bei der Anmeldung nachzuweisen, dass sie berechtigt sind, eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben.

(3) Bei der ersten Anmeldung ist der Nachweis einer innerhalb der vorangegangenen drei Monate erfolgten gesundheitlichen Beratung nach § 10 Absatz 1 vorzulegen. Der bei der ersten Anmeldung vorgelegte Nachweis gilt während der Gültigkeitsdauer der ersten Anmeldebescheinigung auch als Nachweis bei weiteren Anmeldungen,soweit sie nach § 3 Absatz 2 erforderlich sind. Die Verpflichtung zur gesundheitlichen Beratung nach § 10 Absatz 3 Satz 3 und 4 bleibt hier von unberührt.

(4) Für eine Verlängerung der Anmeldung haben Prostituierte ab 21 Jahren Nachweise über die mindestens einmal jährlich erfolgten gesundheitlichen Beratungen nach § 10 Absatz 1 vorzulegen. Prostituierte unter 21 Jahren haben Nachweise über mindestens alle sechs Monate erfolgte gesundheitliche Beratungen vorzulegen.

(5) Die oder der Prostituierte hat Änderungen in den Verhältnissen nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 bis 5 innerhalb von 14 Tagen der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Erläuterungen zu § 4

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 benennt die für die Anmeldung erforderlichen personenbezogenen Angaben. Die Angaben sind für die Zuordnung der Anmeldung zu der anmeldepflichtigen Person erforderlich und werden daher bei der Anmeldung zum Zweck der Datenverarbeitung und Datenspeicherung festgehalten. Die Angabe des Geburtsdatums dient zugleich der Prüfung, ob es sich um eine heranwachsende Person handelt, bei deren Anmeldung besondere Regelungen zu beachten sind, wie etwa die verkürzte Gültigkeitsdauer von einem Jahr. Bei der Angabe der Anschrift ist auf die melderechtliche Anmeldung der alleinigen Wohnung bzw. der Hauptwohnung abzustellen. Für Prostituierte, die über keinen Wohnsitz im Inland verfügen, soll anstelle der Meldeanschrift eine Zustelladresse aufgenommen werden; dies kann beispielsweise die Adresse eines nahen Verwandten oder einer Hilfseinrichtung sein.

Zur Anmeldung müssen Angaben darüber gemacht werden, in welchen Ländern oder Kommunen die zur Anmeldung erschienene Person plant, die Prostitution künftig auszuüben. Die genannten Länder oder Kommunen werden in die Anmeldebescheinigung aufgenommen.

Die Ausweitung der Ausübung der Tätigkeit auf weitere Länder oder Kommunen, die bisher nicht in der Anmeldebescheinigung aufgeführt sind, bedarf grundsätzlich einer Änderungsanzeige nach § 4 Absatz 5, es sei denn, es liegen abweichende landesrechtliche Regelungen nach § 5 Absatz 3 vor; in diesem Fall richtet sich die Entscheidung, ob bei Ausweitung der Tätigkeitsorte eine bloße Änderungsanzeige nach Absatz 5 oder eine erneute Anmeldung erforderlich wird, nach dem jeweiligen Landesrecht (näheres siehe Absatz 4).

- zu Absatz 2 -

Die Vorlage eines gültigen amtlichen Personaldokuments dient als Identitätsnachweis und der eindeutigen Zuordnung zwischen der zur persönlichen Anmeldung erschienenen Person und der Person, für die eine Anmeldebescheinigung ausgestellt werden soll. Prostituierte sind daher verpflichtet, bei der Anmeldung einen Reisepass oder Personalausweis vorzulegen. Bei ausländischen Prostituierten ist außerdem der Nachweis der Berechtigung zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit beziehungsweise einer abhängigen Beschäftigung erforderlich, sofern sie nicht freizügigkeitsberechtigt sind. Bürgerinnen und Bürger aus EU-Staaten sowie alle weiteren Personen, die etwa als Angehörige von Bürgerinnen und Bürgern aus EU-Staaten innerhalb der EU freizügigkeitsberechtigt sind, benötigen neben dem vorzulegenden Personaldokument kein weiteres Nachweisdokument.

- zu Absatz 3 -

Bei der erstmaligen Anmeldung ist nachzuweisen, dass zuvor eine gesundheitliche Beratung nach § 10 in Anspruch genommen worden ist. Die Beratung darf nicht länger als drei Monate zurückliegen. Für alle danach ggf. erforderlich werdenden Anmeldungen, die auf einer landesrechtlichen Regelung nach § 5 Absatz 3 beruhen, gilt die Bescheinigung, die bei der ersten Anmeldung vorgelegt wurde, als gültiger Nachweis über die wahrgenommene gesundheitliche Beratung während der Gültigkeitsdauer der ersten Anmeldebescheinigung. Die Verpflichtung nach § 10 Absatz 3 Satz 3 und 4 zur wiederkehrenden Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung bleibt hiervon unberührt.

- zu Absatz 4 -

Eine gesundheitliche Beratung nach § 10 ist während der angemeldeten Tätigkeit für Prostituierte ab 21 Jahren mindestens einmal jährlich und für Prostituierte bis 21 Jahren halbjährlich in Anspruch zu nehmen, solange die Prostitution ausgeübt wird.

Eine regelmäßige gesundheitliche Beratung ist notwendig und sachgerecht, da sich sowohl die Lebensumstände, als auch die mit unterschiedlichen Tätigkeitsorten verbundenen Gesundheitsrisiken im Prostitutionsgewerbe sehr schnell verändern können Dies gilt umso stärker, je jünger und in der Prostitutionstätigkeit unerfahrener die zu beratenden Personen sind. Im Verlauf einer mehrjährigen Prostitutionstätigkeit können sich sowohl das Risikoverhalten ändern als auch andere Gesundheitsrisiken, beispielsweise Suchtmittelmissbrauch, in den Vordergrund treten. Zudem zeigen Erfahrungen aus der Beratungsarbeit zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen, dass die Wissensvermittlung zu sexuell übertragbaren Infektionen regelmäßig erneuert sowie Informationen zur Verringerung des Übertragungsrisikos und Empfehlungen zum Schutzverhalten regelmäßig wiederholt werden sollten. Zusätzlich kann sich durch einen wiederholten Kontakt zu den Prostituierten eher eine Vertrauensbeziehung entwickeln. Eine Vertrauensbeziehung ist Voraussetzung dafür, auch Themen wie Gewalt, Drogenkonsum und Zwang anzusprechen, die häufig zunächst verschwiegen werden.

Zusätzlicher Grund für die erhöhte Frequenz der Beratung von Prostituierten unter 21 Jahren ist, dass diese als noch junge Erwachsene durch eine besonders engmaschige Beratung besonders vor den Gefahren der Prostitution geschützt werden sollen. Dieser Zweck kann am besten durch eine halbjährliche Beratung erreicht werden.

Die entsprechenden Nachweise sind Voraussetzung für die Erteilung der Anmeldebescheinigung sowie für deren Verlängerung. Bei der Verlängerung ist nachzuweisen, dass im Zeitraum seit der letzten Anmeldung bzw. Verlängerung die gesundheitlichen Beratungen in den vorgesehenen zeitlichen Abständen wahrgenommen wurden. Für die Beantragung einer Verlängerung gilt daher für Prostituierte ab 21 Jahren bei einer grundsätzlichen Gültigkeit der Anmeldung von zwei Jahren und einer damit einhergehenden Pflicht zur jährlichen Gesundheitsberatung z. B. die Pflicht zum Nachweis von insgesamt zwei durchgeführten gesundheitlichen Beratungen.

Etwas anderes gilt für Personen, die sich erstmalig bis zum 31. Dezember 2017 angemeldet haben: Hier hat die erteilte Anmeldebescheinigung für Personen ab 21 Jahren einmalig eine verlängerte Gültigkeitsdauer von drei Jahren; entsprechend ist auch die gesundheitliche Beratung einmalig erst nach zwei Jahren wahrzunehmen. Für darauffolgende Verlängerungen gelten dann wieder die generellen Regelungen für Anmeldung und gesundheitliche Beratung, also eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren für die Anmeldung sowie die Pflicht zur jährlichen Wiederholung der gesundheitlichen Beratung.

- zu Absatz 5 -

Absatz 5 normiert eine Obliegenheit von Prostituierten, Änderungen an den bei der Anmeldung erhobenen, in § 4 Absatz 1 Nummer 1 und 3 bis 5 aufgezählten Angaben, wie beispielsweise Änderungen des Namens, der Staatsangehörigkeit oder des melderechtlich relevanten Wohnorts, die während der Gültigkeitsdauer einer Anmeldebescheinigung eintreten, der Behörde mitzuteilen, bei der die Anmeldung vorgenommen wurde.

Soll die Tätigkeit auf andere als die bei der Anmeldung genannten Orte oder Bundesländer ausgedehnt oder verlagert werden, liegt ein Fall der Änderungsmitteilung nach Absatz 5 vor; die Gültigkeit der Anmeldebescheinigung bleibt hiervon grundsätzlich unberührt. Etwas anderes kann gelten, soweit ein Bundesland durch Landesrecht nach § 5 Absatz 3 abweichende Vorschriften über die örtliche Gültigkeit der Anmeldebescheinigung erlassen hat: Bei einer abweichenden landesrechtlichen Regelung zur örtlichen Gültigkeit der Anmeldebescheinigung kann die Änderung oder Erweiterung der Tätigkeitsorte ggf. die Pflicht zur erneuten Anmeldung bei der zuständigen Behörde des vorgesehenen Tätigkeitsortes erforderlich machen.

Wechsel zwischen mehreren zuvor angemeldeten Tätigkeitsorten oder Unterbrechungen der Tätigkeit brauchen nicht mitgeteilt zu werden.

§ 5 Anmeldebescheinigung; Gültigkeit

(1) Zum Nachweis über die erfolgte Anmeldung stellt die zuständige Behörde der anmeldepflichtigen Person innerhalb von fünf Werktagen eine Anmeldebescheinigung aus.

(2) Die Anmeldebescheinigung darf nicht erteilt werden, wenn

1. die nach § 4 erforderlichen Angaben und Nachweise nicht vorliegen,
2. die Person unter 18 Jahre alt ist,
3. die Person als werdende Mutter bei der Anmeldung in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung steht,
4. die Person unter 21 Jahre alt ist und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie durch Dritte zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution veranlasst wird oder werden soll, oder
5. tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Person von Dritten durch Ausnutzung einer Zwangslage, ihrer Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Prostitution veranlasst wird oder werden soll oder diese Person von Dritten ausgebeutet wird oder werden soll.

(3) Die Anmeldebescheinigung ist örtlich unbeschränkt gültig, soweit die Länder keine abweichenden Regelungen zur räumlichen Geltung getroffen haben. In die Anmeldebescheinigung ist ein Hinweis auf die Möglichkeit abweichenden Landesrechts aufzunehmen.

(4) Die Anmeldebescheinigung gilt für anmeldepflichtige Personen ab 21 Jahren für zwei Jahre. Für anmeldepflichtige Personen unter 21 Jahren gilt die Anmeldebescheinigung für ein Jahr.

(5) Wird die Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter nach Ablauf der Gültigkeitsdauer fortgesetzt, so ist die Anmeldebescheinigung zu verlängern. Für eine Verlängerung der Anmeldebescheinigung haben Prostituierte ab 21 Jahren Nachweise über die mindestens einmal jährlich erfolgten gesundheitlichen Beratungen vorzulegen. Prostituierte unter 21 Jahren haben Nachweise über mindestens alle sechs Monate erfolgte gesundheitliche Beratungen vorzulegen. Im Übrigen gelten für die Verlängerung der Anmeldebescheinigung die Regelungen zur Anmeldung.

(6) Auf Wunsch der anmeldepflichtigen Person stellt ihr die Behörde zusätzlich eine pseudonymisierte Anmeldebescheinigung Aliasbescheinigung) aus. Die Gültigkeitsdauer der Aliasbescheinigung entspricht der Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Aliasbescheinigung die Regelungen für die Anmeldebescheinigung. Stellt die Behörde eine Aliasbescheinigung aus, so dokumentiert sie den Alias zusammen mit den personenbezogenen Daten und bewahrt eine Kopie der Aliasbescheinigung bei den Anmeldedaten auf.

(7) Die oder der Prostituierte hat bei der Ausübung der Tätigkeit die Anmeldebescheinigung oder die Aliasbescheinigung mitzuführen.

Erläuterungen zu § 5

- zu Absatz 1 -

Über die Anmeldung erhalten die Prostituierten eine Bescheinigung, die in unterschiedlichen Kontexten, z. B. gegenüber Betreibern, bei behördlichen Terminen oder Kontrollen, als Nachweis verwendet werden kann. Für die Ausstellung der Anmeldebescheinigung durch die Behörde ist eine Frist von fünf Werktagen vorgesehen.

- zu Absatz 2 -

Um die mit dem Gesetz verfolgten Schutzzwecke zu erreichen, sieht Absatz 2 in bestimmten Fällen auch Ausnahmen von der Erteilung der Anmeldebescheinigung vor. Allen Fallgruppen ist gemeinsam, dass hier im Falle einer Erteilung der Anmeldebescheinigung das Wohl der anmeldepflichtigen Person in so gravierender Weise gefährdet erscheint, dass auf behördlicher Seite eine Pflicht zur Veranlassung von Schutzmaßnahmen ausgelöst wird. Aus diesem Grund soll die Behörde zunächst die Möglichkeit erhalten, von einer Erteilung der Anmeldebescheinigung abzusehen und stattdessen Maßnahmen zum Schutz der zur Anmeldung erschienenen Person nach § 9 zu ergreifen. Die Behörde ist verpflichtet, entsprechenden konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten nachzugehen, wenn ihr solche bei der Anmeldung z. B. im Kontext des Informations- und Beratungsgesprächs, bekannt werden. Absatz 2 bildet jedoch keine Rechtsgrundlage oder Verpflichtung zur anlasslosen umfassenden Ausforschung des Sachverhalts durch die Anmeldebehörde.

Die Verweigerung einer Anmeldebescheinigung ist ein Verwaltungsakt, der einer schriftlichen Begründung bedarf und gegen den die entsprechenden Rechtsmittel zulässig sind.

zu Nummer 1

Die Erteilung der Anmeldebescheinigung ist davon abhängig, dass die nach § 4 erforderlichen Angaben und formalen Nachweise vorliegen, also dass insbesondere der Nachweis der geforderten gesundheitlichen Beratungen erbracht wird.

zu Nummer 2

Die Behörde darf Personen unter 18 Jahren keine Anmeldebescheinigung ausstellen. Minderjährige, die der Prostitution nachgehen, sind von den Vorschriften dieses Gesetzes grundsätzlich nicht betroffen, da die Inanspruchnahme sexueller Handlungen Minderjähriger gegen Entgelt als sexueller Missbrauch nach § 182 Absatz 2 des Strafgesetzbuches strafbar ist; ebenso ist die Förderung der Prostitution Minderjähriger und jede wirtschaftliche Betätigung, die darauf abzielt, aus der Prostitution Minderjähriger Nutzen zu ziehen, umfassend unter Strafe gestellt. Eine deutliche Klarstellung in Form eines Verbots der Erteilung einer Anmeldebescheinigung nach Nummer 1 wurde mit dem Ziel aufgenommen, der Wertung der §§ 180 Absatz 2, 180a Absatz 2 Nummer 1 und 182 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs sowie des Jugendschutzgesetzes deutlich Rechnung zu tragen. Danach soll ein Abgleiten von Personen unter 18 Jahren in die Prostitution ausdrücklich verhindert werden.

zu Nummer 3

Eine Ausnahme von der Erteilung der Anmeldebescheinigung gilt auch für Frauen, die sich bei der Anmeldung in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung befinden. Die Behörde ist daher berechtigt und verpflichtet, zur Anmeldung erscheinende Frauen über eine bestehende Schwangerschaft zu fragen. Die anmeldepflichtige Person ist verpflichtet, der Behörde wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen.

Grund für die Regelung ist die bei der Tätigkeit als Prostituierte typischerweise bestehende, unverantwortbare Gefährdung des Wohls des ungeborenen Lebens des Kindes, beispielsweise aufgrund der Möglichkeit einer erhöhten Exposition für spezifische Infektionsrisiken sowie den mit der Tätigkeit regelmäßig einhergehenden spezifischen körperlichen und psychischen Belastungen und gesundheitsbelastenden Arbeitszeiten. Das Ausmaß der Gefährdung hängt von Faktoren des Einzelfalls, wie den auszuübenden Sexualpraktiken und den örtlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen in der Arbeitsstätte, ab; insgesamt ist die Gefährdung in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung am höchsten. Analog der Regelungen im Mutterschutzgesetz, die nur auf Prostituierte in Beschäftigungsverhältnissen Anwendung finden, ist es aus diesem Grund erforderlich, die Ausübung der Prostitution zugunsten des Schutzes des ungeborenen Lebens vorübergehend für den Zeitraum der vorgeburtlichen Mutterschutzfrist einzuschränken. Da die meisten Prostituierten ihre Tätigkeit nicht im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen ausüben, reicht es nicht aus, alleine auf die schützenden Vorschriften des Mutterschutzgesetzes zu verweisen. Vielmehr ist eine selbständige Verankerung im Prostituiertenschutzgesetz erforderlich, um den gebotenen Schutzzweck zu erreichen.

zu Nummer 4

Nummer 4 knüpft an die Regelung des § 232 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches an und trägt, wie dieser, der gesteigerten Schutzbedürftigkeit von Heranwachsenden Rechnung. Werden der Anmeldebehörde im Kontext der Anmeldung tatsächliche Anhaltspunkte dafür bekannt, dass die oder der zur Anmeldung erschienene Heranwachsende durch Dritte zur Prostitution oder zu deren Fortsetzung gebracht wird, so hat die Behörde nach § 9 Absatz 2 die zum Schutz der Person erforderlichen Schritte zu veranlassen, indem sie z. B. eine entsprechende Schutzeinrichtung und/oder die Strafverfolgungsbehörden einschaltet.

zu Nummer 5

Eine Verweigerung der Anmeldebescheinigung nach Nummer 5 setzt voraus, dass der Anmeldebehörde im Kontext der Anmeldung tatsächliche Anhaltspunkte für eine der beschriebenen Situationen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die Prostitution sich für die betreffende Person als alternativlos präsentiert und der Entschluss, der Prostitution nachzugehen, in hohem Maße fremdbestimmt ist. Die Tatbestandsmerkmale der Nummer 5 greifen Merkmale der Straftatbestände des Menschenhandels, der Zuhälterei und der Ausbeutung von Prostituierten auf. Der Prüfmaßstab der Nummer 5 führt nicht dazu, dass die Anmeldebehörde verpflichtet wäre, den Sachverhalt in allen Einzelheiten soweit auszuleuchten, wie dies im Falle einer strafrechtlichen Ermittlung erforderlich wäre; vielmehr reichen tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Lage aus. Eine Anmeldebescheinigung kann dann wie in den Konstellationen nach Nummer 2 nicht erteilt werden, weil nicht hingenommen werden kann, dass die Person gewissermaßen mit behördlicher Billigung in der Prostitution ausgebeutet wird und für weitere Hilfe nicht mehr erreichbar ist. Die Behörde ist dann nach § 9 Absatz 2 verpflichtet, die erforderlichen Schritte zu ergreifen.

- zu Absatz 3 -

Die Anmelde- bzw. Aliasbescheinigung ist örtlich unbeschränkt für das gesamte Bundesgebiet gültig, soweit nicht Landesrecht nach § 5 Absatz 3 etwas anderes vorsieht. Unberührt von landesrechtlich abweichenden Vorschriften über die örtliche Geltung der Anmeldebescheinigung bleibt es bei den im Gesetz getroffenen Regelungen zur zeitlichen Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung sowie zu den gesetzlich vorgesehenen Intervallen einer Wiederholung der gesundheitlichen Beratung. Trifft ein Bundesland abweichende Regelungen über die örtliche Gültigkeit der Anmeldebescheinigung, so wirkt sich dies weder auf die bundesweit einheitlich festgelegte zeitliche Gültigkeitsdauer einer Anmeldebescheinigung von zwei Jahren bzw. einem Jahr für Personen unter 21 Jahren noch auf die in diesem Gesetz festgelegten zeitlichen Abstände zur Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung aus. Abweichende landesrechtliche Vorschriften können ggf. eine weitere Anmeldung in den Ländern, die eine abweichende landesrechtliche Regelung getroffen haben, erforderlich machen. In diesem Fall stellen die zuständigen Behörden dieser Länder als Nachweis eine eigene Anmeldebescheinigung aus. In der Anmeldebescheinigung ist der räumliche Gültigkeitsbereich der Anmeldebescheinigung anzugeben.

- zu Absatz 4 -

Die Anmeldung hat ebenso wie die Aliasbescheinigung grundsätzlich eine zeitlich befristete Gültigkeitsdauer von zwei Jahren für Personen ab 21 Jahren und von einem Jahr für Personen unter 21 Jahren. Etwas anderes gilt nur für Personen, die sich erstmalig bis zum 31. Dezember 2017 angemeldet haben: Hier hat die erteilte Anmeldebescheinigung für Personen ab 21 Jahren einmalig eine verlängerte Gültigkeitsdauer von drei Jahren und die gesundheitliche Beratung hat einmalig erst nach zwei Jahren zu erfolgen. Für darauffolgende Verlängerungen gelten die üblichen Regelungen zur Anmeldung und gesundheitlichen Beratung, also eine Gültigkeitsdauer der Anmeldung von zwei Jahren sowie die Pflicht zur jährlichen Wiederholung der gesundheitlichen Beratung.

Die Aliasbescheinigung hat unabhängig vom Datum ihrer Ausstellung stets die gleiche Gültigkeitsdauer wie die Anmeldebescheinigung, für die sie als pseudonymisierte Ersatzbescheinigung ausgestellt wurde; ihre Ausstellung setzt keine eigene Gültigkeitsdauer in Gang.

Aus der auf zwei Jahre befristeten Gültigkeit der Anmeldebescheinigung in Verbindung mit den datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Verpflichtung zur Löschung nicht mehr erforderlicher personenbezogener Daten, ergibt sich für Personen, die der Prostitution nachgegangen sind, ein "Recht auf Vergessen-Werden" selbst dann, wenn sie die Beendigung der Prostitutionstätigkeit nicht eigens angezeigt haben.

- zu Absatz 5 -

Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ist eine persönliche Verlängerung der Anmelde- und ggf. der Aliasbescheinigung nach den Regelungen, die für die Anmeldung gelten, oder alternativ eine erneute Anmeldung erforderlich, sofern die Prostitution z. B. nach einer Unterbrechung wieder aufgenommen werden soll. Bei Verlängerungen der Anmeldung bzw. ab der zweiten Anmeldung der Tätigkeit ist ein Nachweis über die in den vorgeschriebenen zeitlichen Abständen wahrzunehmenden verpflichtenden gesundheitlichen Beratungen zu erbringen.

Bei Heranwachsenden, d. h. für Personen unter 21 Jahren, wird schon nach einem Jahr eine Verlängerung der Anmeldebescheinigung erforderlich, wenn die Prostitution weiter ausgeübt werden soll. Das führt zum einen dazu, dass für Personen aus dieser besonders vulnerablen Gruppe in kürzerem Zeitabstand ein erneutes Informations- und Beratungsgespräch durchzuführen ist und damit zusätzliche Chancen für einen Zugang zu Unterstützungsangeboten eröffnet werden. Zum anderen hat die kürzere Gültigkeit der Anmeldebescheinigung die Konsequenz, dass auch die personenbezogenen Daten schneller zu löschen sind und damit das Risiko langfristiger biografischer Belastungen wegen Bekanntwerdens einer früheren Prostitutionstätigkeit verringert wird.

- zu Absatz 6 -

Die in Absatz 6 vorgesehene pseudonymisierte Anmeldebescheinigung (Aliasbescheinigung) wird nur auf ausdrücklichen Wunsch der Prostituierten ausgestellt. Mit einem solchen Dokument liegen für Deutschland bislang keine Erfahrungen vor; deswegen hat die Einführung Erprobungscharakter und die Verwendung des Aliasdokuments ist freiwillig. Es verschafft Prostituierten eine Möglichkeit, ihr Gegenüber ohne Aufgabe der Anonymität über die Tatsache der ordnungsgemäßen Anmeldung als Prostituierte zu informieren. So sieht § 27 Absatz 2 vor, dass die Aliasbescheinigung zur Legitimierung gegenüber Betreibern verwendet werden kann. Außerdem kann das Dokument z. B. im Rahmen ordnungsbehördlicher Kontrollen anstelle einer personalisierten Anmeldebescheinigung Verwendung finden; es ersetzt aber nicht den Personalausweis beziehungsweise Pass. Mit der Möglichkeit der Aliasbescheinigung werden Prostituierte darin unterstützt, einer unnötigen Offenbarung und ungesteuerten Verbreitung ihrer persönlichen Daten entgegenzuwirken. Der als Alias gewählte Name muss nicht so beschaffen sein, dass er über die Geschlechtszugehörigkeit der Inhaberin oder des Inhabers zutreffende Auskunft gibt. Die Offenbarung der personenstandsrechtlichen Geschlechtszugehörigkeit ist für den Nachweis der erfolgten Anmeldung gegenüber Dritten nicht erforderlich, da sie aufgrund der Eigenarten des Prostitutionsgewerbes für die betroffenen Personen eine besonders sensible Information sein kann. Da die für die Anmeldung zuständige Behörde verpflichtet ist, die wahren personenbezogenen Daten zusammen mit dem Aliasnamen und einer Kopie der Aliasbescheinigung aufzubewahren, ist eine Rückverfolgbarkeit in den wenigen Konstellationen, in denen dies erforderlich wird, gewährleistet, z. B. für entsprechende polizeiliche Auskunftsersuchen im Kontext der Strafverfolgung.

Soweit nichts anderes bestimmt, gelten für die Aliasbescheinigung im Übrigen die Regelungen zur Anmeldebescheinigung.

- zu Absatz 7 -

Prostituierte sind verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit entweder eine Anmeldebescheinigung nach § 6 Absatz 1 oder eine Aliasbescheinigung nach § 6 Absatz 2 mitzuführen. Die Tätigkeit der Prostitution umfasst auch Vorbereitungs- und Anbahnungshandlungen, die unmittelbar auf die Vornahme sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt abzielen, wie das Sich-Anbieten, Anwerben oder Verhandeln mit einem Freier. Verpflichtungen zum Mitführen oder Vorlegen eines Identitätsnachweises zur Vorlage bei Behörden nach anderen Vorschriften bleiben unberührt, so z. B. die Verpflichtung nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes.

§ 6 Inhalt der Anmeldebescheinigung und der Aliasbescheinigung

(1) Die Anmeldebescheinigung enthält ein Lichtbild sowie die folgenden Angaben:

1. den Vor- und Nachnamen der Person,
2. das Geburtsdatum und den Geburtsort der Person,
3. die Staatsangehörigkeit der Person,
4. die bei der Anmeldung angegebenen Länder oder Kommunen,
5. die Gültigkeitsdauer und
6. die ausstellende Behörde.

Das Lichtbild ist untrennbar mit der Anmeldebescheinigung zu verbinden.

(2) Die Aliasbescheinigung enthält ein Lichtbild sowie die folgenden Angaben:

1. den für die Prostitutionstätigkeit gewählten Alias,
2. das Geburtsdatum der Person,
3. die Staatsangehörigkeit der Person,
4. die bei der Anmeldung angegebenen Länder oder Kommunen,
5. die Gültigkeitsdauer und
6. die ausstellende Behörde.

Das Lichtbild ist untrennbar mit der Aliasbescheinigung zu verbinden.

(3) In einer Anmeldebescheinigung, die auf Grundlage einer nach § 5 Absatz 3 Satz 1 getroffenen landesrechtlichen Regelung ergeht, ist der räumliche Gültigkeitsbereich der Anmeldebescheinigung anzugeben.

Erläuterungen zu § 6

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 regelt die notwendigen Inhalte der Anmeldebescheinigung. Da die Anmeldebescheinigung als Nachweisdokument gegenüber Betreibern oder Behörden dienen kann, muss sie alle relevanten Angaben enthalten, die in ihrer Gesamtheit Nachweis darüber führen können, dass die oder der Prostituierte die Anforderungen an die Ausübung der Tätigkeit nach diesem Gesetz einhält. Die personalisierte Ausstellung der Anmeldebescheinigung ist insbesondere erforderlich, um Missbrauch etwa in Form der Weitergabe von Bescheinigungen an nicht angemeldete Dritte vorzubeugen und damit letztlich auf die Einhaltung der Anmeldepflicht hinzuwirken. Das Geburtsdatum gibt Aufschluss darüber, ob für die angemeldete Person etwa verkürzte Verlängerungsfristen gelten. Auch sind Betreiber und Behörden dazu angehalten, bei Personen unter 21 Jahren stärker auf Hinweise einer Fremdbestimmtheit zu achten. Durch die Aufnahme eines Lichtbildes dient die Anmeldebescheinigung gegenüber Betreibern als Nachweisdokument, ohne das darüber hinaus zusätzlich die Vorlage eines Ausweisdokuments erforderlich wird. Dadurch können Prostituierte sensible personenbezogene Daten, insbesondere ihre Wohnanschrift, schützen. Das Lichtbild ist fest mit der Anmeldebescheinigung zu verbinden.

- zu Absatz 2 -

Die Nummern 1 bis 6 regeln die in die Aliasbescheinigung aufzunehmenden Angaben. Diese Angaben sind notwendig, um eine hinreichend eindeutige Zuordnung zu einer Person vorzunehmen. Diesem Zweck dient auch das verpflichtend vorgesehene und mit der Bescheinigung fest zu verbindende Lichtbild. Auch muss aus der Aliasbescheinigung die zeitliche Gültigkeitsdauer erkennbar sein.

- zu Absatz 3 -

Trifft ein Land nach § 5 Absatz 3 abweichende landesrechtliche Regelungen über die räumliche Gültigkeit der Anmeldebescheinigung und führt dies zur Notwendigkeit einer Anmeldung in diesem Land, so stellt die nach Landesrecht zuständige Behörde des Tätigkeitsortes als Nachweis über die Anmeldung eine eigene Anmeldebescheinigung aus. In der Anmeldebescheinigung ist der räumliche Gültigkeitsbereich der Anmeldebescheinigung anzugeben. Gemäß § 5 Absatz 3 ist in die Anmeldebescheinigung ein Hinweis auf die Möglichkeit abweichenden Landesrechts aufzunehmen.

§ 7 Informationspflicht der Behörde; Informations- und Beratungsgespräch

(1) Bei der Anmeldung ist ein Informations- und Beratungsgespräch zu führen.

(2) Das Informations- und Beratungsgespräch muss mindestens umfassen:

1. Grundinformationen zur Rechtslage nach diesem Gesetz, nach dem Prostitutionsgesetz sowie zu weiteren zur Ausübung der Prostitution relevanten Vorschriften, die im räumlichen Zuständigkeitsbereich der Behörde für die Prostitutionsausübung gelten,
2. Grundinformationen zur Absicherung im Krankheitsfall und zur sozialen Absicherung im Falle einer Beschäftigung,
3. Informationen zu gesundheitlichen und sozialen Beratungsangeboten einschließlich Beratungsangeboten zur Schwangerschaft,
4. Informationen zur Erreichbarkeit von Hilfe in Notsituationen und
5. Informationen über die bestehende Steuerpflicht der aufgenommenen Tätigkeit und die in diesem Zusammenhang zu erfüllenden umsatz- und ertragsteuerrechtlichen Pflichten.

(3) Die zuständige Behörde stellt der oder dem Prostituierten während des Beratungsgesprächs Informationen zur Ausübung der Prostitution in geeigneter Form zur Verfügung. Die Informationen sollen in einer Sprache verfasst sein, die die oder der Prostituierte versteht.

Erläuterungen zu § 7

- zu Absatz 1 -

Die Informationspflicht der Behörde in Verbindung mit der Anmeldung als Prostituierte steht im Einklang mit dem Ziel des Gesetzes, Prostituierte in ihren Rechten zu stärken und sie vor Ausbeutung zu schützen und bildet eine wesentliche Neuerung gegenüber dem bisherigen Recht. Insbesondere ergibt sich aus dem mit der Anmeldung verknüpften Informations- und Beratungsgespräch die Notwendigkeit zum persönlichen Erscheinen der Prostituierten.

Es besteht zwar kein Anspruch auf eine muttersprachliche Information und Beratung. Die Behörde hat aber sicherzustellen, dass ein kommunikativer Austausch mit der zur Anmeldung erschienenen Person tatsächlich stattfinden kann. Möglich wäre dies in der Praxis z. B. durch die anlassbezogene Hinzuziehung von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern oder Übersetzerinnen und Übersetzern. Die Hinzuziehung von Begleitpersonen der zur Anmeldung erschienenen Person zu Zwecken der Übersetzung sollte, außer wenn diese der Behörde als vertrauenswürdig bekannt sind, nicht erfolgen, um eine Einflussnahme Dritter, die möglicherweise auf die Prostituierte als Zuhälter oder Ähnliches einwirken, auf den Anmeldeprozess auszuschließen.

Das Informations- und Beratungsgespräch bildet keine Alternative zu niedrigschwelligen zielgruppenspezifischen oder auf bestimmte Lebenslagen zielenden psychosozialen oder gesundheitlichen Beratungsangeboten; es kann diese nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen, indem es auf diese Angebote hinweist und Personen ermutigt, dort Unterstützung zu suchen.

Das Informations- und Beratungsgespräch nach Absatz 1 ist so angelegt, dass es mindestens einmalig aus Anlass des persönlichen Kontakts bei der Erstanmeldung erfolgt. Aus der auf zwei Jahre bzw. ein Jahr befristeten Gültigkeit der Anmeldebescheinigung ergeben sich jedoch erneute Anlässe zur Übermittlung weiterer Informationen, z. B. im Rahmen der Verlängerung der Anmeldebescheinigung.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 regelt, welche Informationen im Rahmen des Informations- und Beratungsgesprächs mindestens weitergegeben werden sollen. Die Übermittlung von rechtlichen Grundinformationen, die die allgemeine Rechtsstellung zur Ausübung der Prostitution betreffen, dient der Stärkung von Prostituierten in der Wahrnehmung ihrer Rechte, denn nur wer seine Rechte kennt, ist auch in der Lage, sie gegenüber Dritten durchzusetzen. Die Behörde hat daher Informationen über die Rechtslage der Prostituierten nach diesem Gesetz und nach dem Prostitutionsgesetz zu übermitteln. Die Informationen sollen so gefasst sein, dass sie geeignet sind, auch rechtlich weniger versierte Personen in ihrer Handlungssicherheit gegenüber Kunden und Betreibern zu stärken und diese darin zu unterstützen, unrechtmäßige Einschränkungen ihrer sexuellen Selbstbestimmung und ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit zurückzuweisen. Übermittelt werden sollen zusätzlich die im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Anmeldebehörde relevanten Festsetzungen aus Sperrgebietsverordnungen und dergleichen.

Mit den Grundinformationen zur Absicherung im Krankheitsfall sollen die betroffenen Personen über die Voraussetzungen zur Erlangung eines Krankenversicherungsschutzes in Deutschland informiert werden. So tritt beispielsweise mit Aufnahme eines Beschäfti- gungsverhältnisses grundsätzlich Versicherungs pflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ein. Darüber hinaus unterliegen Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und über keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall verfügen, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung. Mit der Grundinformation sollen die betroffenen Personen in die Lage versetzt werden, sich zur Festlegung ihres Krankenversicherungsschutzes rechtzeitig mit der maßgeblichen gesetzlichen Krankenkasse oder einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in Verbindung zu setzen. Da Prostituierte im Fall einer Beschäftigung dem Sozialversicherungsschutz in allen Zweigen unterliegen, soll die Beratung auch Grundinformationen über die Melde- und Beitragspflicht von Arbeitgebern und die Mitwirkungspflichten und Rechte von Beschäftigten umfassen.

Bei der Information über Hilfs- und Beratungsangebote ist es sinnvoll, regional erreichbare Beratungsangebote der Gesundheitsämter und regional erreichbare psychosoziale Beratungsangebote unterschiedlicher Fachlichkeit zu benennen. Hierzu gehören speziell auf Prostituierte zielende Beratungsangebote sowie Angebote von Fachberatungsstellen für Opfer des Menschenhandels und zielgruppenspezifische Angebote zur Unterstützung des Ausstiegs aus der Prostitution bzw. zur beruflichen Neuorientierung. Sinnvoll ist außerdem der Hinweis auf Angebote der Alkohol- und Drogenberatung, der Migrationsberatung, der Schuldnerberatung, der Jugendhilfe sowie der Frauenhäuser und Frauennotrufe usw.

Der Hinweis auf Beratungs- und Hilfeangebote zu Schwangerschaft soll die Prostituierte für das Thema sensibilisieren und es ihr im Falle einer Schwangerschaft ermöglichen, die Beratungsangebote schnell wahrnehmen zu können. Umfasst sind auch Informationen zu Beratungsangeboten von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen.

Neben örtlichen Angeboten sollten auch niedrigschwellige, z. B. über Telefon oder Internet erreichbare, bundes- oder landesweite Beratungsangebote wie das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen und das bundesweite Hilfetelefon Schwangere in Not benannt werden.

Außerdem sind Informationen über die bestehende Steuerpflicht der aufgenommenen Tätigkeit und die in diesem Zusammenhang zu erfüllenden umsatz- und ertragsteuerrechtlichen Pflichten zu vermitteln. In den Informationen zur Steuerpflicht ist auch darauf hinzuweisen, dass die Besteuerung nach § 15 des Einkommensteuergesetzes nicht relevant ist für Prostituierte, die ihre Tätigkeit ausschließlich im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausüben. Dies gilt nach den bisherigen Erfahrungen jedoch nur für einen verschwindend geringen Anteil der Prostituierten, so dass für die breite Mehrheit der selbständig tätigen Prostituierten die Information eine sinnvolle Unterstützung zur Einhaltung ihrer rechtlichen Pflichten ist.

- zu Absatz 3 -

Die Bereitstellung der Informationen in einer Sprache, die von der Person verstanden wird, ist besonders für viele Migrantinnen, die nur mit rudimentären Deutschkenntnissen und mangelhaften Informationen zur Rechtslage nach Deutschland einreisen, um hier als Prostituierte zu arbeiten, von großer Bedeutung. Der Sprachhürde soll in der Praxis durch die Bereitstellung von mehrsprachigen Informationsmaterialien begegnet werden.

Die Informationen sind in Textform, d. h. in Papier- oder elektronischer Form auszuhändigen, damit die zur Anmeldung erschienenen Personen zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückgreifen können, so z. B. wenn sich ihre Bedarfssituation ändern sollte.

§ 8 Ausgestaltung des Informations- und Beratungsgesprächs

(1) Die persönliche Anmeldung und das Informations- und Beratungsgespräch sollen in einem vertraulichen Rahmen durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde kann mit Zustimmung der anmeldepflichtigen Person eine nach Landesrecht anerkannte Fachberatungsstelle für Prostituierte oder eine mit Aufgaben der gesundheitlichen Beratung betraute Stelle zu dem Informations- und Beratungsgespräch hinzuziehen. Dritte können mit Zustimmung der Behörde und der anmeldepflichtigen Person zum Gespräch hinzugezogen werden. Zum Zwecke der Sprachmittlung kann die Behörde Dritte auch ohne Zustimmung der anmeldepflichtigen Person hinzuziehen.

Erläuterungen zu § 8

§ 8 regelt Aspekte der Ausgestaltung des Anmeldeverfahrens und des Informations- und Beratungsgesprächs, die dazu beitragen sollen, die gesetzgeberischen Ziele zu verwirklichen. Insbesondere für das Ziel, den Zugang von Prostituierten zu sozialer Beratung zu verbessern, kann eine von klassischen behördlichen Organisationsformen abweichende Ausgestaltung hilfreich sein.

Bislang liegen keine ausreichenden Erfahrungen darüber vor, wie ein gesetzlich verpflichtendes Anmeldeverfahren so ausgestaltet werden kann, dass es auch von Personengruppen akzeptiert wird, die vor dem Hintergrund diskriminierender Vorerfahrungen wenig Vertrauen zu behördlichen Strukturen und Abläufen haben. Ein mit hohen Hürden und abschreckenden Modalitäten ausgestattetes Anmeldeverfahren könnte gerade bei solchen Personen dazu führen, dass sie eine Anmeldung umgehen und ihre Tätigkeit nur noch im Verborgenen ausüben. Dann wäre das gesetzliche Ziel, die Erreichbarkeit für helfende Angebote zu verbessern und Prostituierte durch objektive Information in ihren Rechten zu stärken, verfehlt.

Die verfassungsrechtlich in Artikel 84 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes verankerte Möglichkeit der Länder zur abweichenden Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens wird durch § 7 und § 8 nicht eingeschränkt.

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 enthält eine an die örtlichen Anmeldebehörden adressierte Soll-Vorschrift. Die Anmeldung einschließlich des Informations- und Beratungsgesprächs erfordert die Kommunikation über sensible Sachverhalte und soll deshalb in einem vertrauensbildenden Umfeld stattfinden. Auch das Ziel, mit dem Informations- und Beratungsgespräch die Chancen für einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten zu verbessern, lässt sich besser erreichen, wenn schon der Rahmen bei der behördlichen Prozedur der Anmeldung möglichst niedrigschwellig und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist. Es bleibt der behördlichen Praxis vor Ort überlassen, die Anmeldung und das Informations- und Beratungsgespräch im Einzelnen unter Berücksichtigung der zuvor genannten Aspekte auszugestalten.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, zum Informations- und Beratungsgespräch eine Fachberatungsstelle für Prostituierte oder den mit Aufgaben der gesundheitlichen Beratung nach § 10 Absatz 1 betrauten öffentlichen Gesundheitsdienst hinzuziehen. Damit wird Raum geschaffen, um in Kommunen, in denen es eine funktionierende Kooperation zwischen Beratungsstellen und unterschiedlichen involvierten Behörden zum Thema Prostitution, z. B. über einen Runden Tisch, gibt, die Termine für Information und Beratung z. B. regelmäßig in zeitlicher und organisatorischer Koordination mit einer örtlichen Beratungsstelle durchzuführen.

Die Behörde hat dafür Sorge zu tragen, dass die Vertraulichkeit und Offenheit des Gesprächs uneingeschränkt gewährleistet ist. Deshalb sollte das Beratungsgespräch grundsätzlich in einem vertraulichen Rahmen zwischen beratender Behörde und der zur Beratung erschienenen Person stattfinden. Mit Zustimmung der beratenen Person können auch andere Behörden oder Fachberatungsstellen zum Gespräch hinzugezogen werden. Ohne Zustimmung der beratenen Person können Dritte nur zum Zwecke der Sprachmittlung beigezogen werden. Hierdurch wird der Gefahr Rechnung getragen, dass Prostituierte sich in Anwesenheit mitgebrachter Begleitpersonen ggf. nicht unbefangen äußern würden oder einer fremdsteuernden Einflussnahme durch eine solche Person ausgesetzt wären.

§ 9 Maßnahmen bei Beratungsbedarf

(1) Ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass bei einer oder einem Prostituierten Beratungsbedarf hinsichtlich der gesundheitlichen oder sozialen Situation besteht, so soll die zuständige Behörde auf die Angebote entsprechender Beratungsstellen hinweisen und nach Möglichkeit einen Kontakt vermitteln.

(2) Die zuständige Behörde hat unverzüglich die zum Schutz der Person erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass

1. eine Person unter 21 Jahre alt ist und durch Dritte zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution gebracht wird oder werden soll oder
2. eine Person von Dritten durch Ausnutzung einer Zwangslage, ihrer Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Prostitution veranlasst wird oder werden soll oder diese Person von Dritten ausgebeutet wird oder werden soll.

Erläuterungen zu § 9

- zu Absatz 1 -

Das Gesetz verfolgt das Ziel, die Zugangsmöglichkeiten für Frauen und Männer aus dem Bereich der Prostitution zu Schutz, Unterstützung und Beratung umfassend zu verbessern. Neben der Erstinformation nach § 7 aus Anlass der Anmeldung sind daher bei konkretem Bedarf in § 9 weitere aktive Schritte der Behörden vorgesehen.

Die persönliche Kontaktaufnahme mit der Behörde tritt dabei als ein weiterer Zugang neben andere, möglicherweise im Einzelfall erfolgversprechendere Zugänge zu Personen, die sich im Prostitutionsmilieu bewegen und sich möglicherweise in einer prekären Lage befinden. Zu berücksichtigen ist, dass bei im Prostitutionsmilieu tätigen Migrantinnen und Migranten nicht selten aufgrund negativer Vorerfahrungen im Herkunftsland ein Grundmisstrauen gegenüber staatlichen Stellen besteht, das dem Aufbau eines vertrauensvollen Kontakts entgegensteht.

Die Möglichkeiten nach § 9 können und sollen daher zugehende Beratungsarbeit im "Milieu", die auf der Grundlage eines akzeptierenden Ansatzes mit adäquater Fachlichkeit erfolgt, nicht ersetzen.

Chancen zur Aufdeckung von Hilfe- und Unterstützungsbedarf und zur Vermittlung von Kontakten zu Hilfsangeboten im Kontext von Behördenkontakten sollen jedoch künftig aktiver als bisher genutzt werden, indem Behörden aufgegeben wird, Anhaltspunkten, dass mit einer konkreten Person oder mit Verhältnissen an deren Arbeitsort "etwas nicht stimmt", nachzugehen.

Anhaltspunkte dafür, dass eine Person, die der Prostitution nachgeht, erheblichen Beratungs- oder Unterstützungsbedarf hat, können sich für die zuständige Behörde in unterschiedlicher Weise ergeben, sei es bei der Anmeldung als Prostituierte in der Behörde, sei es aus Anlass von Nachschauterminen in Prostitutionsgewerben oder Kontrollgängen im Bereich des Straßenstrichs, sei es auf Hinweis von Dritten.

Sprechen Hinweise dafür, dass bei einer Person Beratungsbedarf hinsichtlich ihrer gesundheitlichen oder sozialen Situation besteht, so soll die Behörde über die Angebote entsprechender Beratungsstellen informieren und nach Möglichkeit einen Kontakt vermitteln; in Betracht kommen dabei in Abhängigkeit von dem regional erreichbaren Hilfenetz z. B. Beratungsangebote der Gesundheitsämter sowie psychosoziale Beratungsangebote unterschiedlicher Fachlichkeit wie speziell auf Prostituierte zielende Beratungsangebote, zielgruppenspezifische Angebote zum Ausstieg aus der Prostitution und zur beruflichen Neuorientierung, Fachberatungsstellen für Opfer des Menschenhandels, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Angebote der Alkohol- und Drogenberatung, der Migrationsberatung, der Schuldnerberatung, der Jugendhilfe sowie Frauenhäuser und Frauennotrufe.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 erfasst Konstellationen, die zum Teil bereits in § 5 Absatz 2 als Ausnahme zur Erteilung der Anmeldebescheinigung geregelt sind, da hier das Wohl einer Person in so gravierender Weise gefährdet erscheint, dass auf behördlicher Seite eine Pflicht zur Veranlassung von Schutzmaßnahmen ausgelöst wird. Ein bloß unverbindlicher Verweis der Betroffenen auf beratende Strukturen ist nicht ausreichend. In diesen Fällen hat die Behörde zunächst unverzüglich zu prüfen, welche Maßnahmen zum Schutz der Person geboten und möglich sind, und im Anschluss daran die erforderlichen Schritte zu ergreifen.

Die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständige Behörde muss nicht notwendigerweise selbst Schutzmaßnahmen ausführen; sie genügt ihrer Verpflichtung zur Einleitung geeigneter Schritte vielmehr auch dadurch, dass sie durch die Weitergabe von Informationen Maßnahmen im Aufgabenkreis anderer Behörden initiiert. Dies kann in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation in Fällen der Nummer 1 etwa die Einschaltung eines sozialpsychiatrischen Dienstes, des Jugendamtes, der Polizei oder anderer geeigneter und erreichbarer Institutionen bedeuten. In Fällen der Nummern 2 und 3 kann das behördliche Handeln Maßnahmen zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen beteiligte Dritte umfassen oder – aus dem eigenen Aufgabenkreis der Behörde - Maßnahmen gegen Betreiber auf Grundlage dieses Gesetzes implizieren. Als geeigneter Schritt zum unmittelbaren Schutz der betroffenen Person kann auch die Vermittlung eines Kontakts oder die aktive Unterstützung der Kontaktaufnahme zu einer qualifizierten Fachberatungsstelle oder Schutzeinrichtung in Betracht kommen.

Dabei können sich Strukturen einer guten regionalen Kooperation zwischen Behörden und Nichtregierungsorganisationen, wie sie zu den Themen Prostitution oder Menschenhandel in einigen Kommunen bereits bestehen, zur sachgerechten Bewältigung solcher Konstellationen als günstig erweisen. Der Aufbau solcher kooperativer Arbeitsansätze sowie die Existenz entsprechender Unterstützungsangebote liegen in der Verantwortung von Ländern und Kommunen.

Aufgrund der personenbezogenen divergierenden Einzelfallumstände obliegt die konkrete Auswahl der Maßnahme bzw. Maßnahmen einer individuellen Entscheidung durch die zuständige Behörde; sie hängt sowohl von den konkreten Umständen des Einzelfalls als auch von den örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten des Zugangs zu geeigneten Institutionen ab.

§ 10 Gesundheitliche Beratung

(1) Für Personen, die als Prostituierte tätig sind oder eine solche Tätigkeit aufnehmen wollen, wird eine gesundheitliche Beratung durch eine für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zuständige Behörde angeboten. Die Länder können bestimmen, dass eine andere Behörde für die Durchführung der gesundheitlichen Beratung zuständig ist.

(2) Die gesundheitliche Beratung erfolgt angepasst an die persönliche Lebenssituation der beratenen Person und soll insbesondere Fragen der Krankheitsverhütung, der Empfängnisregelung, der Schwangerschaft und der Risiken des Alkohol- und Drogengebrauchs einschließen. Die beratene Person ist auf die Vertraulichkeit der Beratung hinzuweisen und erhält Gelegenheit, eine etwaig bestehende Zwangslage oder Notlage zu offenbaren. Dritte können mit Zustimmung der Behörde und der anmeldepflichtigen Person zum Gespräch nur zum Zwecke der Sprachmittlung hinzugezogen werden.

(3) Personen, die eine Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter ausüben wollen, müssen vor der erstmaligen Anmeldung der Tätigkeit eine gesundheitliche Beratung wahrnehmen. Die gesundheitliche Beratung erfolgt bei der am Ort der Anmeldung für die Durchführung der gesundheitlichen Beratung nach Absatz 1 zuständigen Behörde. Nach der Anmeldung der Tätigkeit haben Prostituierte ab 21 Jahren die gesundheitliche Beratung mindestens alle zwölf Monate wahrzunehmen. Prostituierte unter 21 Jahren haben die gesundheitliche Beratung mindestens alle sechs Monate wahrzunehmen.

(4) Die nach Absatz 1 zuständige Behörde stellt der beratenen Person eine Bescheinigung über die durchgeführte gesundheitliche Beratung aus. Auf der Bescheinigung müssen angegeben sein:

1. der Vor- und Nachname der beratenen Person,
2. das Geburtsdatum der beratenen Person,
3. die ausstellende Stelle und
4. das Datum der gesundheitlichen Beratung.

Die Bescheinigung kann auf Wunsch der beratenen Person auch auf den in einer gültigen Aliasbescheinigung nach § 6 Absatz 2 verwendeten Aliasausgestellt werden.

(5) Die Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung gilt auch als Nachweis, soweit nach § 3 Absatz 2 weitere Anmeldungen erforderlich sind.

(6) Die oder der Prostituierte hat bei der Ausübung der Tätigkeit die Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung mitzuführen.

Erläuterungen zu § 10

- zu Absatz 1 -

Die Erteilung der Anmeldebescheinigung ist an die vorherige Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung gekoppelt. Diese Aufgabe wird bei einer für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zuständigen Behörde angebunden. Dies sollte in der Regel das zuständige Gesundheitsamt sein. Diese Beratung ist deshalb so wichtig, weil die Arbeitsbedingungen und/oder prekären Lebensverhältnisse ein erhöhtes Risiko gesundheitlicher Gefahren für Prostituierte mit sich bringen können. Diesen Gefahren und Risiken soll durch eine präventive gesundheitliche Beratung effektiv begegnet werden. Außerdem soll die Beratung Prostituierten, die sich in einer Not- oder Zwangslage befinden, die Gelegenheit geben, dies ohne unmittelbare äußere Einflüsse gegenüber einer Vertrauensperson zu offenbaren. Damit eine Beratung im Sinne eines kommunikativen Austauschs stattfinden kann, ist es erforderlich, dass die Beratung in einer Sprache erfolgt, die die beratene Person versteht. Die für die Anmeldung zuständige Behörde hat ausschließlich hoheitliche Aufgaben, die sich auf die Anmeldepflicht beziehen. Schon vom Wortlaut her erfolgt die gesundheitliche Beratung unter anderen Kriterien und bedarf einer spezifischen Expertise; eine Anbindung beim öffentlichen Gesundheitsdienst erscheint daher als sachgerecht. Um den besonderen vertraulichen Rahmen der gesundheitlichen Beratung zu gewährleisten, sollten die Aufgaben der gesundheitlichen Beratung und der Beratung im Rahmen der Anmeldung gemäß § 7 Absatz 1 möglichst in getrennter fachlicher Zuständigkeit wahrgenommen werden.

Satz 2 räumt den Ländern eine Abweichungsmöglichkeit hinsichtlich der für die Aufgaben nach § 10 zu bestimmenden Behörden ein.

- zu Absatz 2 -

Die gesundheitliche Beratung kann dazu beitragen, Personen, die sich in einer sozialen und psychischen Situation befinden, die eine freie und selbstbestimmte Entscheidung über die Prostitutionsausübung ausschließt, weitergehende Hilfen zu vermitteln. Ferner kann die Regelung zur Bekämpfung von Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei beitragen. Die oder der Prostituierte wird zu Beginn der Beratung über die Vertraulichkeit informiert, so dass ein offenes Gespräch geführt werden kann. Der Datenschutz ist in § 34 Absatz 7 speziell geregelt.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 regelt den Ort der Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung und die Häufigkeit, mit der Prostituierte die gesundheitliche Beratung nach Absatz 1 vorzunehmen haben.

Prostituierte müssen die gesundheitliche Beratung bei einer dafür zuständigen Behörde im Zuständigkeitsbereich der Anmeldebehörde wahrnehmen, d. h. bei der Behörde, die für die gesundheitliche Beratung an dem Ort zuständig ist, an dem sie ihre Tätigkeit auch vorwiegend ausüben werden. Soweit am Ort der Anmeldung keine für die gesundheitliche Beratung zuständige Behörde vorhanden ist, ist die Behörde am nächstgelegenen Ort zuständig.

Die regelmäßige Wiederholung der Beratung ist sachgerecht und erforderlich, da sich sowohl die Lebensumstände, als auch die mit unterschiedlichen Tätigkeitsorten verbundenen Gesundheitsrisiken im Prostitutionsgewerbe sehr schnell verändern können. Dies gilt umso stärker, je jünger die zu beratenden Personen sind. Im Verlauf einer mehrjährigen Prostitutionstätigkeit können sich das eigene Risikoverhalten ändern oder andere Gesundheitsrisiken, beispielsweise Suchtmittelmissbrauch, in den Vordergrund treten. Zudem zeigen Erfahrungen aus der Beratungsarbeit zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen, dass die Wissensvermittlung zu sexuell übertragbaren Infektionen erneuert sowie Informationen zur Verringerung des Übertragungsrisikos und Empfehlungen zum Schutzverhalten regelmäßig wiederholt werden sollten.

Darüber hinaus steht es Prostituierten frei, über regelmäßig zu wiederholende gesundheitliche Beratung hinaus weitere Termine wahrzunehmen. Unterstützt wird dieses Angebot durch eine entsprechende Pflicht der Betreiber nach § 24 Absatz 3 und 4, wonach diese Prostituierten jederzeit den Zugang zu gesundheitsbezogenen Untersuchungs- und Beratungsangeboten ermöglichen müssen.

- zu Absatz 4 -

Über die erfolgte gesundheitliche Beratung wird als Nachweis voraussetzungslos eine personalisierte Bescheinigung ausgestellt, die ebenso wie die Anmeldebescheinigung auch auf den bei der Anmeldung angegebenen Aliasnamen ausgestellt werden kann. Absatz 4 regelt die Inhalte der Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung.

- zu Absatz 5 -

Die von der am Ort der Anmeldung zuständigen Behörde erteilte Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung ist als Nachweisdokument auch für weitere, ggf. nach § 3 Absatz 2 erforderlich werdende Anmeldungen gültig.

- zu Absatz 6 -

Prostituierte sind verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit die jeweils aktuelle auf ihren Namen oder den auf ihrer Aliasbescheinigung genannten Alias ausgestellte Bescheinigung über die erfolgte gesundheitliche Beratung mitzuführen. Die Pflicht zum Mitführen der Bescheinigung schafft die Voraussetzungen dafür, dass bei behördlichen Kontrollen der Nachweis erbracht werden kann, dass der vorgesehene Beratungsturnus eingehalten wurde. Die Kontrollmöglichkeit dient auch dem Schutz der Prostituierten. Da sich Gesundheitsgefahren und -risiken, je nach Tätigkeitsort, im Prostitutionsgewerbe schnell verändern können, ist eine regelmäßige Wiederholung der Beratung sachgerecht. Zudem können Personen, die der Prostitution nachgehen, auch Fehleinschätzungen hinsichtlich der eigenen Risiken unterliegen, dies gilt umso mehr, je jünger und unerfahrener die Person ist. Die Pflicht zum Mitführen bezieht sich dabei auch auf räumlich und zeitlich der Anbahnung von Prostitution dienende Zusammenhänge, also z. B. beim Aufenthalt in einer für den Straßenstrich genutzten Zone oder beim Aufenthalt in einer Prostitutionsstätte.

§ 11 Anordnungen gegenüber Prostituierten

(1) Liegen der zuständigen Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Person der Prostitution nachgeht, ohne diese Tätigkeit zuvor angemeldet zu haben, so fordert die zuständige Behörde die Person auf, ihre Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter innerhalb einer angemessenen Frist anzumelden und der zuständigen Behörde die Anmeldebescheinigung vorzulegen.

(2) Liegen der zuständigen Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Person der Prostitution nachgeht, ohne die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung wahrgenommen zu haben, so fordert die zuständige Behörde die Person auf, innerhalb einer angemessenen Frist die gesundheitliche Beratung wahrzunehmen und der zuständigen Behörde die Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung vorzulegen.

(3) Die zuständige Behörde kann gegenüber Prostituierten jederzeit Anordnungen zur Ausübung der Prostitution erteilen, soweit dies erforderlich ist

1. zum Schutz der Kundinnen und Kunden oder anderer Personen vor Gefahren für Leben, Freiheit, sexuelle Selbstbestimmung oder Gesundheit,
2. zum Schutz der Jugend oder
3. zur Abwehr anderer erheblicher Beeinträchtigungen oder Gefahren für sonstige Belange des öffentlichen Interesses, insbesondere zum Schutz von Anwohnerinnen und Anwohnern, von Anliegern oder der Allgemeinheit vor Lärmimmissionen, verhaltensbedingten oder sonstigen Belästigungen.

(4) Die zuständige Behörde kann weitere Maßnahmen treffen, wenn

1. die oder der Prostituierte gegen Anordnungen nach Absatz 3 verstoßen hat und
2. die Erteilung von weiteren Anordnungen nach Absatz 3 zum Schutz der dort genannten Rechtsgüter nicht ausreichend wäre.

(5) Vorschriften und Anordnungen, die auf einer nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch ergangenen Verordnung beruhen, sowie Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz bleiben unberührt.

Erläuterungen zu § 11

- zu Absatz 1 -

Die Vorschrift konkretisiert das Vorgehen bei Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen die Anmeldepflicht nach § 3. Liegen der zuständigen Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Person der Prostitution nachgeht, ohne diese Tätigkeit zuvor angemeldet zu haben, so soll die zuständige Behörde die Person zur Vorlage einer gültigen Anmeldebescheinigung binnen einer angemessenen Frist auffordern. Hiermit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass insbesondere in den weniger formalisierten Bereichen der Prostitution, also z. B. auf dem Straßenstrich, in der Stricherszene etc., bislang häufig ein fließender Übergang von einem gelegentlichen Ausprobieren zu einem echten Einstieg in die Prostitution als Perspektive zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht. Auch ist zu erwarten, dass insbesondere in der ersten Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes noch erhebliche Informationsdefizite bei Personen bestehen, die sich im Prostitutionsmilieu bewegen. Durch die vorgesehene Anordnung zur Vorlage einer gültigen Anmeldebescheinigung wird mittelbar zugleich die Wahrnehmung des mit der Anmeldung verknüpften Informations- und Beratungsgesprächs gewährleistet, bei dem solche rechtlichen Informationsdefizite geschlossen werden, es wird ein Zugang zu Unterstützungsangeboten eröffnet und ein Anstoß zur Reflexion über die Konsequenzen dieser Tätigkeit gesetzt. Der Verstoß gegen die Anmeldepflicht oder gegen die Pflicht zum Mitführen einer (gültigen) Anmeldebescheinigung kann mit der Erteilung einer Verwarnung bzw. eines Bußgeldes geahndet werden.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 regelt entsprechend der Regelung in Absatz 1 das Vorgehen bei Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung nach § 10. Liegen der Behörde danach tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Person der Prostitution nachgeht ohne die regelmäßig wiederkehrende gesundheitliche Beratung wahrzunehmen, so soll die Behörde die Person zur Vorlage der erteilten Beratungsbescheinigung innerhalb einer angemessenen Frist auffordern.

Wie auch in Absatz 1 soll Prostituierten durch die Möglichkeit der behördlich erteilten Anordnung ein Anstoß gegeben werden, den Zugang zu Unterstützungsangeboten in Anspruch zu nehmen.

- zu Absatz 3 -

Die Vorschrift ermöglicht es, Probleme, die von erlaubnisfreien Prostitutionsbetrieben ausgehen, jederzeit durch nachträgliche Anordnungen zu adressieren. Gemeint sind Kleinstbetriebe wie Wohnungsbordelle, Studios, Wohnmobile oder ähnliche Etablissements, die keiner Erlaubnis bedürfen, weil dort keine andere Person sexuelle Dienstleistungen anbietet als die Inhaberin bzw. der Inhaber. Solche Etablissements sind im Sinne des § 2 Absatz 3 keine Prostitutionsgewerbe, weil sie nicht so betrieben werden, dass aus der Prostitution mindestens einer anderen Person Nutzen gezogen wird. Gleichwohl kann es zum Schutz des Umfeldes erforderlich sein, Anordnungen zu treffen, um beispielsweise verhaltensbedingte Belästigungen und vom Betrieb ausgehende Störungen zu begrenzen.

Dazu dient die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Anordnungen gegenüber Prostituierten für den Betrieb dieser erlaubnisfreien Etablissements zu erlassen.

- zu Absatz 4 -

Absatz 4 gibt der zuständigen Behörde daneben die Möglichkeit an die Hand, weitere Maßnahmen zum Schutz der in Absatz 3 genannten Rechtsgüter zu treffen, wenn die Erteilung von Anordnungen nach Absatz 3 nicht mehr ausreichend wäre. Dies gilt insbesondere dann, wenn die bzw. der Prostituierte bereits zuvor wiederholt gegen Anordnungen verstoßen hat und daher die Erteilung weiterer Anordnungen zum Schutz der Rechtsgüter nicht geeignet erscheint. Nach Absatz 4 kann die zuständige Behörde schließlich als letztes Mittel die Fortsetzung der Ausübung der Prostitution ganz oder teilweise untersagen, sofern der Schutz der in Absatz 3 genannten Rechtsgüter nicht auf andere Weise ausreichend sichergestellt werden kann.

- zu Absatz 5 -

Absatz 5 dient der Klarstellung des Verhältnisses von Anordnungen nach § 11 zu Vorschriften und Anordnungen, die auf einer nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch ergangenen Verordnung beruhen sowie zu Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz.

- Abschnitt 3 -

Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes; anlassbezogene Anzeigepflichten


§ 12 Erlaubnispflicht für Prostitutionsgewerbe; Verfahren über einheitliche Stelle

(1) Wer ein Prostitutionsgewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann befristet werden. Die Erlaubnis ist auf Antrag zu verlängern, wenn die für die Erteilung der Erlaubnis maßgeblichen Voraussetzungen fortbestehen.

(2) Die Erlaubnis für das Betreiben einer Prostitutionsstätte wird zugleich für ein bestimmtes Betriebskonzept und für bestimmte bauliche Einrichtungen, Anlagen und darin befindliche Räume erteilt.

(3) Die Erlaubnis für die Organisation oder Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen wird für ein bestimmtes Betriebskonzept erteilt. Sie kann als einmalige Erlaubnis oder als Erlaubnis für mehrere gleichartige Veranstaltungen erteilt werden.

(4) Die Erlaubnis für das Bereitstellen eines Prostitutionsfahrzeugs wird für ein bestimmtes Betriebskonzept und für ein bestimmtes Fahrzeug mit einer bestimmten Ausstattung erteilt. Sie ist auf höchstens drei Jahre zu befristen und kann auf Antrag verlängert werden.

(5) Die Erlaubnis ist bei der zuständigen Behörde zu beantragen. Dem Antrag sind beizufügen:

1. das Betriebskonzept,
2. die weiteren erforderlichen Unterlagen und Angaben zum Nachweis des Vorliegens der Erlaubnisvoraussetzungen sowie
3. bei einer natürlichen Person Name, Geburtsdatum und Anschrift derjenigen Person, für die die Erlaubnis beantragt wird, oder bei einer juristischen Person oder Personenvereinigung deren Firma, Anschrift, Nummer des Registerblattes im Handelsregister sowie deren Sitz.

(6) Verwaltungsverfahren nach diesem Abschnitt oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung können über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden.

(7) Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechts, bleiben unberührt.

Erläuterungen zu § 12

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 formuliert einen umfassenden Erlaubnisvorbehalt für das Betreiben eines Prostitutionsgewerbes im Sinne von § 2 Absatz 3.

Im Umkehrschluss ergibt sich, welche Form der wirtschaftlichen Betätigung in der Prostitution erlaubnisfrei ist:

Erlaubnisfrei bleiben lediglich die eigentliche Prostitutionsausübung einschließlich der Vermarktung und betriebswirtschaftlichen Organisation der eigenen Prostitution sowie die Nutzung einer Wohnung oder eines Fahrzeugs für Zwecke der eigenen Prostitution, sofern diese nicht auch durch weitere Prostituierte genutzt werden.

So wäre z. B. die Studioinhaberin, die zeitweise ein Arbeitszimmer für sexuelle Dienstleistungen an eine Kollegin vermietet, künftig der Erlaubnispflicht unterstellt, denn sie stellt einen organisatorischen Rahmen für die Prostitution mindestens einer weiteren Person bereit.

Diese strikte und nahezu ausnahmslose Erstreckung der Erlaubnispflicht ist erforderlich im Hinblick auf die mit dem Gesetz verfolgten Ziele, gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution zu verdrängen und Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei zu bekämpfen: Die These, dass kleine Betriebsformen weniger anfällig für Menschenhandel oder Zuhälterei seien, lässt sich empirisch nicht stützen; vielmehr zeigt z. B. das Bundeslagebild Menschenhandel, dass auch der Bereich der Wohnungsprostitution in relevantem Maße betroffen ist. Zudem könnten sich kriminelle Netzwerke oder Einzeltäter auf die Nutzung erlaubnisfreier und weniger reglementierter Nischen verlegen. Eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht für kleine Betriebe ist aus diesem Grund nicht vorgesehen. Im Gegenzug profitieren auch kleinere Betriebe von der mit der Erteilung einer Erlaubnis verbundenen Rechtssicherheit.

Liegen keine Versagungsgründe vor, so besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis.

Für die Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes ist eine Ausnahme von der Genehmigungsfiktion nach Artikel 13 Absatz 4 der Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen am Binnenmarkt aus Gründen zwingenden öffentlichen Interesses erforderlich, da die Erlaubniserteilung an eine eingehende Prüfung betriebs sowie personenbezogener Kriterien geknüpft ist, deren Einhaltung dem Schutz und der Sicherheit sowie der Gesundheit der in der Prostitution tätigen Personen, der im Betrieb beschäftigten Personen sowie der Kunden und Kundinnen und nicht zuletzt der Allgemeinheit dient. Der Eintritt der Fiktionswirkung muss deshalb für die Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes ausgenommen werden.

Die Erlaubnis kann befristet erteilt werden. Der Behörde wird ein Ermessensspielraum eingeräumt. Die Befristungsmöglichkeit ist als solche ein notwendiges Instrument, um im Einzelfall auf die vorliegenden Umstände verhältnismäßig reagieren zu können. So ist sie beispielsweise dann sinnvoll, wenn das zur Prostitutionsausübung genutzte Gebäude über eine befristete Baugenehmigung verfügt oder auf einem Gelände angesiedelt ist, für das eine spätere mit der Ausübung der Prostitution unverträgliche Nutzung bereits zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung feststeht. Die Befristungsmöglichkeit steht im Einklang mit Artikel 11 der Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen am Binnenmarkt, da die Verlängerung der Erlaubnis regelmäßig vom Fortbestehen der Voraussetzungen an Prostitutionsgewerbe zur Erteilung der Erlaubnis nach diesem Gesetz abhängt.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 dient der Klarstellung:
Die Erlaubnis für eine Prostitutionsstätte wird betreiberbezogen für eine natürliche oder juristische Person erteilt; sie ist zugleich an eine konkrete Betriebsstätte und ein bestimmtes Betriebskonzept gebunden.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 stellt klar, worauf sich die Erlaubnis für Prostitutionsveranstaltungen bezieht:

Für die Organisation und Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen wird eine betreiberbezogene Erlaubnis erteilt, die zugleich an ein bestimmtes Betriebskonzept für eine oder mehrere gleichartige Veranstaltungen gebunden ist, jedoch nicht schon auf konkrete Termine oder Veranstaltungsräume bezogen sein muss. Für konkret geplante Veranstaltungen bedarf es zusätzlich der vorherigen Anzeige nach § 20. Die am Veranstaltungsort zuständige Behörde ist dann in der Lage, vor der Veranstaltung die vor Ort relevanten konkreten Rahmenbedingungen der Veranstaltung zu prüfen und ggf. Auflagen zu verhängen oder die Veranstaltung zu unterbinden. Eine erneute vollständige Prüfung der Zuverlässigkeit des Betreibers ist aufgrund der zuvor erteilten Erlaubnis nicht notwendig.

Die Aufteilung zwischen betreiberbezogener Zuverlässigkeitsprüfung und Prüfung weiterer anlassunabhängiger Merkmale im Rahmen der Erlaubniserteilung einerseits und der Überprüfung konkreter anlassbezogener Kriterien auf Grundlage einer vorherigen Anzeige andererseits ist in Anlehnung an die Vorschriften zu Reisegewerben in Titel IV der Gewerbeordnung konzipiert.

- zu Absatz 4 -

Im Fall eines Prostitutionsfahrzeugs wird die Erlaubnis einem bestimmten Betreiber für ein bestimmtes Fahrzeug und für ein Betriebskonzept erteilt. Die Aufstellung an einem bestimmten Standplatz ist damit noch nicht abgedeckt; vielmehr ist der Betreiber verpflichtet, bei jeder Aufstellung an einem Standplatz eine Anzeige nach § 21 abzugeben. Die Erlaubnis darf nur befristet erteilt werden, weil es angesichts der für Fahrzeuge abnutzungsbedingten Veränderungen geboten ist, die Einhaltung der ausstattungsbezogenen Mindestanforderungen des § 19 regelmäßig zu überprüfen. Die Befristungsmöglichkeit steht im Einklang mit Artikel 11 der Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen am Binnenmarkt, da die Verlängerung der Erlaubnis regelmäßig vom Fortbestehen der Voraussetzungen an Prostitutionsfahrzeuge zur Erteilung der Erlaubnis nach diesem Gesetz abhängt.

- zu Absatz 5 -

Die Erlaubniserteilung bedarf eines Antrags des Betreibers, aus dem die zur Erlaubniserteilung notwendigen Informationen ersichtlich sind, soweit sie von Gewerbetreibenden selbst zur Verfügung gestellt werden können. Zu den vom Betreiber bereitzustellenden Unterlagen gehört das Betriebskonzept, zu dessen Erstellung der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes nach § 16 verpflichtet ist, sowie bei natürlichen Personen Name, Geburtsdatum und Anschrift derjenigen Person, für die die Erlaubnis beantragt wird und bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen deren Firma, Anschrift, Nummer des Registerblattes im Handelsregister sowie dessen Sitz.

- zu Absatz 6 -

Absatz 6 setzt Artikel 6 der Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen am Binnenmarkt um, wonach für einige Verwaltungsverfahren die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners vorgesehen ist. Dies betrifft auch die in §§ 12 ff. geregelten Erlaubnis- und Anzeigepflichten für Prostitutionsgewerbebetriebe. Auf das Verfahren über einen einheitlichen Ansprechpartner finden die speziellen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes Anwendung.

- zu Absatz 7 -

Absatz 7 stellt klar, dass die Erlaubnispflicht nach diesem Gesetz Erlaubnis- und Anzeigepflichten nach anderen Gesetzen nicht ersetzt.

§ 13 Stellvertretungserlaubnis

(1) Wer ein Prostitutionsgewerbe durch eine als Stellvertretung eingesetzte Person betreiben will, bedarf hierfür einer Stellvertretungserlaubnis.

(2) Die Stellvertretungserlaubnis wird dem Betreiber für die als Stellvertretung eingesetzte Person erteilt. Sie kann befristet werden.

(3) Wird das Prostitutionsgewerbe nicht mehr durch die als Stellvertretung eingesetzte Person betrieben, so hat der Betreiber dies unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Erläuterungen zu § 13

§ 13 führt eine Stellvertretungserlaubnis für die zur Stellvertretung des Betreibers eingesetzte Person ein. Die Erlaubnis wird dem Betreiber für diese Person erteilt und berechtigt ihn, sein Gewerbe durch diese Person stellvertretend ausüben zu lassen.

§ 14 Versagung der Erlaubnis und der Stellvertretungserlaubnis

(1) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn 1. die antragstellende Person oder eine als Stellvertretung oder Betriebsleitung vorgesehene Person unter 18 Jahre alt ist oder 2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person oder eine als Stellvertretung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes vorgesehene Person nicht die für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

(2) Die Erlaubnis ist auch zu versagen, wenn

1. aufgrund des Betriebskonzepts, aufgrund der Angebotsgestaltung, aufgrund der vorgesehenen Vereinbarungen mit Prostituierten oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Umstände Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Art des Betriebes mit der Wahrnehmung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung unvereinbar ist oder der Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leistet,
2. aufgrund des Betriebskonzepts oder sonstiger tatsächlicher Umstände Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 26 Absatz 2 oder 4 vorliegen,
3. die Mindestanforderungen nach den §§ 18 und 19 oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung nicht erfüllt sind, soweit die Behörde keine Ausnahme von der Einhaltung der Mindestanforderungen zugelassen hat und die Erfüllung der Mindestanforderungen nicht durch eine der antragstellenden Person aufzuerlegende Auflage gewährleistet werden kann,
4. aufgrund des Betriebskonzepts oder sonstiger tatsächlicher Umstände erhebliche Mängel im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen nach § 24 Absatz 1 für den Gesundheitsschutz und für die Sicherheit der Prostituierten oder anderer Personen bestehen, soweit die Beseitigung dieser Mängel nicht durch eine der antragstellenden Person aufzuerlegende Auflage behoben werden kann,
5. das Betriebskonzept oder die örtliche Lage des Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere, wenn sich dadurch eine Gefährdung der Jugend oder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder Gefahren oder sonstige erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lassen, oder
6. das Betriebskonzept oder die örtliche Lage einer nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch ergangenen Verordnung widerspricht.

(3) Die Stellvertretungserlaubnis ist zu versagen, wenn 1. die als Stellvertretung vorgesehene Person unter 18 Jahre alt ist oder 2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die als Stellvertretung vorgesehene Person nicht die für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

Erläuterungen zu § 14

- zu Absatz 1 -

zu Nummer 1

Nach Nummer 1 darf ein Prostitutionsgewerbe nicht ausüben, wer noch nicht 18 Jahre alt ist. Damit richtet sich die Erlaubnis zur Ausübung eines Prostitutionsgewerbes nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit. Mit diesem persönlichen Erfordernis wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes in erheblichem Maße Verantwortung für den Schutz sehr sensibler Individualrechtsgüter übernimmt. Hierfür ist ein erhöhtes Maß an persönlicher Reife erforderlich, die bei minderjährigen Personen regelmäßig nicht vorliegen kann. Nummer 1 bildet damit eine zulässige Beschränkung des nach Artikel 12 des Grundgesetzes geschützten Rechts auf freie Berufswahl.

zu Nummer 2

Zentrales Erfordernis für die Erteilung einer Erlaubnis ist der Nachweis der Zuverlässigkeit des Betreibers. Angesichts der sensiblen Rechtsgüter der persönlichen Freiheit, der sexuellen Selbstbestimmung, der körperlichen Integrität und der persönlichen Sicherheit von Prostituierten und Kunden sind an die Zuverlässigkeit besonders hohe Anforderungen zu stellen. Der Ausschluss unzuverlässiger Personen aus verantwortlichen Positionen im Bereich des Prostitutionsgewerbes bildet ein entscheidendes Instrument zur Erreichung der gesetzlichen Ziele, Prostituierte vor Ausbeutung zu schützen und Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen Prostituierte und Zuhälterei zu bekämpfen.

- zu Absatz 2 -

zu Nummer 1

Nicht erlaubnisfähig sind solche Prostitutionsgewerbe, die aufgrund ihrer Ausgestaltung mit der Wahrnehmung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung durch Prostituierte oder andere Personen unvereinbar sind, oder deren Konzept erkennbar einer Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leistet.

Nummer 1 regelt damit anhand objektiver Merkmale eine abstraktgenerelle Grenze der öffentlichrechtlich zulässigen Ausgestaltung von Prostitutionsgewerben und begrenzt die Freiheit kommerzieller wirtschaftlicher Betätigung zugunsten des Schutzes anderer Grundrechte und überragender Gemeinschaftsrechtsgüter.

Generell gilt, dass die Beurteilung der Zulässigkeit gewerbsmäßiger Angebote nicht vollständig wertneutral erfolgt, sondern anhand des grundgesetzlich gebotenen Vorverständnisses und im Lichte der Schutzpflichten des Staates für die Wahrung der Freiheitsrechte und des Rechts auf persönliche und körperliche Integrität. Mit zivil-, wirtschafts-, arbeits- und öffentlichrechtlichen Vorgaben schafft die Rechtsordnung insgesamt einen Rahmen, der den Individuen nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch im Verhältnis untereinander und im Wirtschaftsverkehr Spielräume für die reale Ausübung ihrer Freiheitsrechte und ihrer persönlichen Autonomie sichert.

Der Versagungsgrund der Nummer 1 dient in diesem Sinne der Abgrenzung zwischen Formen der kommerziellen Sexualität, die grundsätzlich unter der Voraussetzung des Konsenses der Beteiligten von der Rechtsordnung zugelassen werden können, und solchen Formen, die unter keinen Umständen als tolerabel angesehen werden können, weil sie in ihrer Ausgestaltung so angelegt sind, dass sie einer schweren Verletzung der Rechte der beteiligten Individuen Vorschub leisten. Erfasst werden mit dieser Vorschrift daher vor allem die Fälle, in denen die Ausübung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten durch objektive Umstände derart erschwert oder eingeschränkt wird, dass es faktisch nicht mehr wahrgenommen werden kann sowie Fälle, in denen die Menschenwürde zum Beispiel dadurch verletzt wird, dass eine Person vollständig zum Objekt degradiert wird, oder Konstellationen, die der Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leisten. So soll die Vorschrift zugleich einer ruinösen Negativspirale zugunsten immer extremerer Angebote und zulasten von Prostituierten vorbeugen.

Wie in den anderen Fällen des Absatzes 2 geht es bei Nummer 1 auf der Stufe der Erlaubnisprüfung für ein geplantes Geschäftsmodell um eine Vorabprüfung der Rahmenbedingungen, innerhalb derer später die sexuellen Dienstleistungen abgewickelt werden sollen.

Darum spielt die Frage, ob die jeweiligen konkret beteiligten Prostituierten sich der Gefahr der Ausbeutung oder der Verletzung ihrer sexuellen Selbstbestimmung real ausgesetzt sehen oder ob es möglicherweise einzelne Prostituierte gibt, die für sich mit diesen Rahmenbedingungen zufrieden wären oder die aufgrund ihrer selbstbewussten Persönlichkeit in der Lage wären, solche Gefährdungen abzuwehren, für die Beurteilung nach Nummer 1 keine Rolle.

Aus der im Prostitutionsgesetz verankerten Entscheidung für die rechtliche Anerkennung der Prostitution als (einseitig verbindliches) Rechtsgeschäft folgt gerade nicht, dass jedwede beliebige vorstellbare sexuelle Aktivität zwischen mündigen Individuen, solange zwischen allen Beteiligten Konsens über Preis und Gegenleistung herrscht, rechtswirksam vereinbart werden könnte. Ebenso wenig gilt, dass jedweder kommerzielle Rahmen zur Ausgestaltung sexueller Aktivitäten rechtlich zuzulassen ist.

Eine der Grundbedingungen für die rechtliche Anerkennung der Prostitution als ein Rechtsgeschäft, das auf sexuelle Dienstleistungen gerichtet ist, ist die im Prostitutionsgesetz abgesicherte jederzeitige Rückholbarkeit der Bereitschaft zu sexuellen Handlungen. Ist ein Prostitutionsgewerbe so organisiert, dass diese Rückholbarkeit faktisch nicht gewährleistet ist, so ist es mit der Wahrnehmung der sexuellen Selbstbestimmung nicht vereinbar; einem solchen Betriebskonzept muss daher die rechtliche Anerkennung verwehrt bleiben.

Nicht erlaubnisfähig sind daher – unabhängig davon, ob einzelne Beteiligte sich ggf. auf solche Bedingungen einlassen würden – beispielsweise kommerzielle Angebote wie sog. "(Rape-)GangBang"- Veranstaltungen, bei denen einer Vielzahl sogenannter Freier gegen ein Eintrittsgeld parallel oder in enger zeitlicher Folge die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten oder einem Prostituierten eingeräumt wird und dabei Vergewaltigungen nachgestellt werden; denn dies kann zu einer Situation führen, in der die Person, die gegen Entgelt den Geschlechtsverkehr gestattet, die Möglichkeit verliert, auf die Auswahl der Kunden, die eingesetzten Praktiken oder generell die weitere Ausübung sexueller Handlungen steuernd Einfluss nehmen zu können.

Die Versagung der Erlaubnis beinhaltet dabei nicht zugleich ein Verbot einer bestimmten sexuellen Praxis an sich, es geht also nicht etwa um ein Verbot privater Sexparties. Die Vorschrift wirkt lediglich als Verbot, solche Praktiken als entgeltliche Angebote kommerziell zu organisieren.

Auch dann, wenn der Betrieb des Prostitutionsgewerbes der Ausbeutung von Prostituierten erkennbar Vorschub leistet, ist die Erlaubnis zu versagen.

Dies dürfte regelmäßig bei sog. Flat-Rate-Bordellen (auch als "Pauschal"-Club, "All-Inklusive"-Angebot o. Ä. benannt) der Fall sein, wo zumindest nach außen der Anschein erweckt und damit geworben wird, dass die in einer Prostitutionsstätte anwesenden Prostituierten unterschiedslos zu einem an den Betreiber zu entrichtenden Pauschalpreis jederzeit für jeden Kunden verfügbar sind. Dabei bildet es einen Verstoß gegen das Prostitutionsgesetz, wenn Prostituierte sich für ein vorher festgesetztes Entgelt gegenüber einem Dritten – hier dem Betreiber – zur Vornahme einer unbestimmten Zahl sexueller Akte verpflichten. Für die Beurteilung, ob einer Ausbeutung Vorschub geleistet wird, ist dabei neben der Bewerbung des Angebots nach außen auch die Gestaltung des vertraglichen Binnenverhältnisses zwischen Prostituierten und Betreiber maßgeblich. Ebenfalls nach Nummer 1 von der Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sind Geschäftsmodelle, die Prostituierte z. B. durch wucherartige oder intransparente Vertragsbedingungen in eine Situation der Verschuldung gegenüber dem Betreiber bringen, sowie Prostitutionsgewerbe, die konzeptionell auf einer Beschäftigung von Prostituierten als Scheinselbständige aufbauen.

Da bei der Versagung der Erlaubnis auf das geplante Betriebskonzept und vergleichbare Umstände abgestellt wird, können auch Konstellationen erfasst sein, bei deren Umsetzung sich das Verhalten der Betreiber und der Kunden unterhalb der Schwelle oder im Vorfeld einer strafrechtlich relevanten persönlichen Verantwortlichkeit bewegen würde.

zu Nummer 2

Eine Erlaubnis ist außerdem zu versagen, wenn anhand des Betriebskonzepts oder tatsächlicher Umstände Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betreiber Vertragskonditionen zum Einsatz bringen möchte, bei denen Leistung und Gegenleistung für die Vermietung von Räumen (Mietwucher), für eine sonstige Leistung oder für die Vermittlung einer Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betreiber oder eine für ihn handelnde Person gegenüber Prostituierten Weisungen über das erlaubte Maß hinaus erteilt. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn aus einer mit dem Betriebskonzept eingereichten Hausordnung ersichtlich ist, dass Vorgaben an die Prostituierten geplant sind, die gegen die Vorgaben aus § 26 Absatz 2 und 4 verstoßen und damit in deren Recht auf sexuelle Selbstbestimmung eingreifen.

zu Nummer 3

Die Erlaubnis für eine Prostitutionsstätte darf nur erteilt werden, wenn die Mindestanforderungen nach § 18 erfüllt sind. Allerdings kann die Behörde unter den Voraussetzungen des § 18 Absatz 3 Ausnahmen hiervon zulassen. Für Prostitutionsfahrzeuge ergeben sich die Anforderungen aus § 19. Sind die Mindestanforderungen durch eine Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 1 konkretisiert worden, so ist diese bei der Prüfung von Versagungsgründen einzubeziehen. Vor Versagung einer Erlaubnis ist vorrangig zu prüfen, ob durch Erteilung von Auflagen die Einhaltung der für das beantragte Prostitutionsgewerbe erforderlichen Mindestanforderungen sichergestellt werden kann.

zu Nummer 4

Vor Erlaubniserteilung ist auch zu prüfen, ob das beantragte Gewerbe erhebliche Mängel hinsichtlich der Maßstäbe des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes nach § 24 aufweist. Dabei hat die Behörde sowohl ausstattungsbezogene Merkmale, deren Einhaltung vor Betriebsaufnahme festgestellt werden kann, als auch Merkmale, die sich auf den laufenden Betrieb beziehen, einzubeziehen, soweit anhand des Betriebskonzepts oder anhand tatsächlicher Umstände eine gesicherte Prognose möglich ist. Eine Erfüllung der Anforderungen durch Auflagen hat Vorrang vor einer Versagung.

zu Nummer 5

Eine Versagung der Erlaubnis hat auch zu erfolgen, wenn aufgrund des Betriebskonzepts des Prostitutionsgewerbes oder dessen örtlicher Lage eine Gefährdung der in Nummer 5 genannten Schutzgüter zu befürchten ist. Die Vorschrift ist dem § 4 Absatz 1 Nummer 3 des Gaststättengesetzes nachgebildet (vgl. zu dieser Vorschrift: BVerwG Urteil vom 17.10.1989 – 1 C 18/87).

Hier besteht von Seiten der Erlaubnisbehörde materieller Prüfungsbedarf, ob ein solcher Versagungsgrund vorliegt. Die Behörde kann sich zur Prüfung dabei gegebenenfalls bei den zuständigen Baubehörden informieren, und auf deren Prüfungen zu baunutzungs- und bauplanungsrechtlichen Belangen Bezug nehmen.

Kann das Betriebskonzept beispielsweise durch eine Veränderung der Betriebszeiten, durch Lärmschutzmaßnahmen oder andere Auflagen so verändert werden, dass die befürchtete Gefährdung der genannten Schutzgüter auszuschließen ist, so hat dies Vorrang vor einer Versagung der Erlaubnis.

zu Nummer 6

Eine Erlaubnis darf auch nicht erteilt werden, wenn das vorgesehene Betriebskonzept oder die örtliche Lage einer nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch ergangenen Verordnung widerspricht; d. h., Betreiber, die z. B. eine Ansiedlung ihres Prostitutionsgewerbes in einem Sperrgebiet anstreben, erhalten hierfür keine Erlaubnis. Die Vorschrift hat lediglich klarstellenden Charakter.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 bestimmt, dass die Person, für die der Betreiber eine Stellvertretungserlaubnis beantragt, der gleichen Altersgrenze und den gleichen Zuverlässigkeitsanforderungen unterliegt wie der Betreiber selbst.

§ 15 Zuverlässigkeit einer Person

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht,

1. wer innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung rechtskräftig verurteilt worden ist

a) wegen eines Verbrechens,
b) wegen eines Vergehens gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen die körperliche Unversehrtheit oder gegen die persönliche Freiheit,
c) wegen Erpressung, Betrugs, Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte, Bestechung, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt oder Urkundenfälschung,
d) wegen eines Vergehens gegen das Aufenthaltsgesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder
e) wegen eines Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren,

2. wem innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung die Erlaubnis zur Ausübung eines Prostitutionsgewerbes entzogen wurde oder wem die Ausübung eines Prostitutionsgewerbes versagt wurde oder
3. wer Mitglied in einem Verein ist, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt oder Mitglied in einem solchen Verein war, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind.

(2) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1. ein Führungszeugnis für Behörden (§ 30 Absatz 5, §§ 31 und 32 Absatz 3 und 4 des Bundeszentralregistergesetzes) und
2. eine Stellungnahme der für den Wohnort zuständigen Behörde der Landespolizei, einer zentralen Polizeidienststelle oder des jeweiligen Landeskriminalamtes, ob und welche tatsächlichen Anhaltspunkte bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeitbegründen können, soweit Zwecke der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr einer Übermittlung der tatsächlichen Anhaltspunkte nicht entgegenstehen.

Bei Verurteilungen, die länger als fünf Jahre zurückliegen, oder bei Vorliegen sonstiger Erkenntnisse ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob sich daraus Zweifel an der Zuverlässigkeit der Person ergeben.

(3) Die zuständige Behörde überprüft die Zuverlässigkeit des Betreibers und der als Stellvertretung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes eingesetzten Personen in regelmäßigen Abständen erneut, spätestens jedoch nach drei Jahren.

Erläuterungen zu § 15

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 konkretisiert die für die antragstellende Person und deren als Stellvertretung einzusetzende Person sowie für die nach § 25 Absatz 2 im Prostitutionsgewerbe einzusetzenden Personen geltenden Zuverlässigkeitsanforderungen. Die Aufzählung der Nummern 1 bis 3 enthält Regelbeispiele, die jedoch nicht abschließend sind. Durch die Formulierung "in der Regel" ist sichergestellt, dass die Behörde im Einzelfall zu einer anderen Beurteilung kommen kann. Zur Beurteilung der Zuverlässigkeitsanforderungen benötigt die Behörde ein behördliches Führungszeugnis nach §§ 30 Absatz 5, 31, 32 Absatz 3 und 4 des Bundeszentralregistergesetzes sowie eine Stellungnahme der örtlich zuständigen Behörde der Landespolizei; dies ist in Satz 2 geregelt. Anhand einer solchen polizeilichen Stellungnahme können sich tatsächliche Hinweise für die Unzuverlässigkeit ergeben, wie z. B. bestehende Strohmannverhältnisse oder auch eine Nähe zu kriminellen Gruppierungen.

zu Nummer 1

Unzuverlässigkeit für die Ausübung eines Prostitutionsgewerbes ist regelmäßig anzunehmen, wenn die antragstellende Person einschlägig vorbestraft ist. Mit Blick auf die gefährdeten Rechtsgüter sind vor allem Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Körperverletzungsdelikte sowie Delikte, die eine charakteristische Nähe zu Menschenhandelsdelikten und zur organisierten Kriminalität aufweisen, relevant.

zu Nummer 2

Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt regelmäßig nicht, wer in den letzten fünf Jahren bereits einmal wegen Unzuverlässigkeit von der Ausübung eines Prostitutionsgewerbes ausgeschlossen worden ist.

zu Nummer 3

Die Bestimmung ist ähnlichen Vorschriften nachgebildet, die z. B. im Bewachungsrecht oder im Waffenrecht geregelt sind. Unter die in den letzten Jahren nach Vereinsrecht verbotenen Vereine fallen unter anderem auch solche, die vor dem Verbot wegen einer in den Vereinsstrukturen verankerten Neigung zu Gewaltdelikten, auch im Bereich des sogenannten Rotlichtmilieus, sowie wegen ihrer Nähe zur organisierten Kriminalität z. B. in Verbindung mit Menschenhandel aufgefallen sind. Dies rechtfertigt die regelhafte Annahme, dass Personen, die als Mitglieder einer solchen Vereinigung angehört haben, nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung eines Prostitutionsgewerbes aufweisen. In Einzelfällen kann die zuständige Behörde zu einer anderen Beurteilung kommen; dies kann z. B. anzunehmen sein, wenn es sich bei dem verbotenen Verein nicht um einen Verein handelt, der für milieutypische Aktivitäten bekannt ist, wenn die Mitgliedschaft schon lange zurückliegt oder keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die betreffende Person in die kriminellen Aktivtäten des Vereins aktiv einbezogen war.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 gibt der Behörde auf, für die Zuverlässigkeitsprüfung ein behördliches Führungszeugnis nach §§ 30 Absatz 5, 31, 32 Absatz 3 und 4 des Bundeszentralregistergesetzes sowie eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle hinzuzuziehen. Bei Verurteilungen, die länger als fünf Jahre zurückliegen oder bei Vorliegen sonstiger Erkenntnisse ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob sich daraus Zweifel an der Zuverlässigkeit der antragstellenden Person ergeben.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 stellt sicher, dass die Zuverlässigkeit des Betreibers und deren als Stellvertretung eingesetzte Person spätestens mit Ablauf von drei Jahren erneut überprüft werden. Ergeben sich dabei Zweifel, ob der Betreiber bzw. deren als Stellvertretung eingesetzte Person die erforderliche Zuverlässigkeit weiterhin aufweist, so hat die zuständige Behörde den Widerruf beziehungsweise die Rücknahme der Erlaubnis zu prüfen.

§ 16 Betriebskonzept für Prostitutionsgewerbe; Veranstaltungskonzept

(1) Im Betriebskonzept sind die wesentlichen Merkmale des Betriebes und die Vorkehrungen zur Einhaltung der Verpflichtungen nach diesem Gesetz zu beschreiben.

(2) Im Betriebskonzept sollen dargelegt werden:

1. die typischen organisatorischen Abläufe sowie die Rahmenbedingungen, die die antragstellende Person für die Erbringung sexueller Dienstleistungen schafft,
2. Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass im Prostitutionsgewerbe der antragstellenden Person zur Erbringung sexueller Dienstleistungen keine Personen tätig werden, die

a) unter 18 Jahre alt sind,
b) als Personen unter 21 Jahren oder als Opfer einer Straftat des Menschenhandels durch Dritte zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution gebracht werden,

3. Maßnahmen, die dazu dienen, das Übertragungsrisiko sexuell übertragbarer Infektionen zu verringern,
4. sonstige Maßnahmen im Interesse der Gesundheit von Prostituierten und Dritten,
5. Maßnahmen, die dazu dienen, die Sicherheit von Prostituierten und Dritten zu gewährleisten sowie
6. Maßnahmen, die geeignet sind, die Anwesenheit von Personen unter 18 Jahren zu unterbinden.

(3) Vor jeder einzelnen Prostitutionsveranstaltung hat der Betreiber ein Veranstaltungskonzept zu erstellen, das die räumlichen, organisatorischen und zeitlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Veranstaltung beschreibt und die Darlegungen des Betriebskonzepts konkretisiert.

Erläuterungen zu § 16

- zu Absatz 1 -

§ 16 gibt Gewerbetreibenden, die ein Prostitutionsgewerbe aufnehmen wollen, die Ausarbeitung eines Betriebskonzepts auf.

Das Betriebskonzept dient der Schaffung von Transparenz im Hinblick auf die wesentlichen Merkmale des Betriebs, unter anderem im Hinblick auf die zu erwartenden Arbeitsbedingungen, die nach den Vorstellungen der antragstellenden Person in ihrem Betrieb für die Prostituierten gewährleistet sein sollen.

Damit bildet das Betriebskonzept eine wichtige Grundlage zur Beurteilung, ob die Ausgestaltung des Prostitutionsgewerbes den gesetzlichen Anforderungen genügt. Das Betriebskonzept muss daher für den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis vorliegen.

Die Vorlage eines Betriebskonzepts ist nicht nur für das Ausüben einer Prostitutionsstätte, sondern auch für das Ausüben einer Prostitutionsvermittlung, für die Organisation und Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen und für das Bereitstellen eines Prostitutionsfahrzeugs erforderlich.

Wird eine Erlaubnis für die Organisation und Durchführung von mehreren gleichartigen Prostitutionsveranstaltungen beantragt, ohne dass Ort und Zeit der Veranstaltungen von vorneherein feststehen, so sollten alle Faktoren, die zur Beurteilung der Erlaubnisfähigkeit notwendig sind und die das gemeinsame Konzept ausmachen, im Betriebskonzept nach Absatz 1 festgehalten sein. Diejenigen Merkmale, die dann anlassbezogen für jede Veranstaltung wechseln, sind hingegen in einem konkreten Veranstaltungskonzept nach Absatz 3 darzulegen. Dieses ist der jeweils örtlich zuständigen Behörde vor jeder Veranstaltung mit der Anzeige vorzulegen.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 konkretisiert die Inhalte des Betriebskonzepts. Die Aufzählung der Nummern 1 bis 6 ist nicht abschließend.

Das Betriebskonzept sollte erkennen lassen, dass die antragstellende Person sich der betriebsartspezifischen Risiken ihres Gewerbes für Prostituierte, für Kunden und Kundinnen sowie für die Allgemeinheit bewusst ist.

Durch das Betriebskonzept erhält die antragstellende Person die Gelegenheit darzulegen, welche Vorkehrungen sie trifft, um spezifischen Risiken, die besonders in Prostitutionsgewerben auftreten, zu begegnen, und kann im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung z. B. im Bereich der Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten oder bei der Vorbeugung gegen Menschenhandel übernehmen.

Die einzelnen Nummern sprechen folglich vor allem Hinwirkens- und Präventionspflichten des Betreibers an, die die antragstellende Person erfüllen kann, indem sie beispielsweise für eine risikoadäquate Einweisung und Sensibilisierung der im Betrieb verantwortlichen Personen oder der dort tätigen Prostituierten Sorge trägt oder mit Angeboten des Gesundheitssektors oder Beratungsstellen zusammenarbeitet.

Mit der Fassung des Absatzes 2 als Soll-Vorschrift bleibt für den Betreiber ausreichend Spielraum zur Gestaltung einer auf die Verhältnisse seines Betriebes zugeschnittenen und entsprechend dimensionierten Fassung des Betriebskonzepts.

- zu Absatz 3 -

In Konkretisierung des Betriebskonzepts ist für einzelne Prostitutionsveranstaltungen auch jeweils ein Veranstaltungskonzept vorzulegen. Hintergrund ist, dass bei Veranstaltungen an wechselnden Orten je nach den räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten auch unterschiedliche Überlegungen z. B. hinsichtlich der Sicherheit für die teilnehmenden Personen an der Veranstaltung oder z. B. hinsichtlich der Begrenzung störender Auswirkungen auf das Umfeld der Veranstaltung angezeigt sein können. Im vorgezogenen Erlaubnisverfahren können diese anlassbezogenen Faktoren noch nicht berücksichtigt werden. Indem dem Betreiber entsprechende Darlegungen vor der Veranstaltung aufgegeben werden, wird mehr Transparenz geschaffen und die Klärung des Sachverhalts für die zur Nachschau verpflichteten Behörden vereinfacht. Auch hier hat der Betreiber einen weiten Gestaltungspielraum.

§ 17 Auflagen und Anordnungen

(1) Die Erlaubnis kann inhaltlich beschränkt oder mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist

1. zum Schutz der Sicherheit, der Gesundheit oder der sexuellen Selbstbestimmung der im Prostitutionsgewerbe tätigen Prostituierten, der Beschäftigten sowie der Kundinnen und Kunden,
2. zum Schutz der in Nummer 1 genannten Personen vor Ausbeutung oder vor Gefahren für Leben oder Freiheit,
3. zum Schutz der Jugend oder
4. zur Abwehr anderer erheblicher Beeinträchtigungen oder Gefahren für sonstige Belange des öffentlichen Interesses, insbesondere zum Schutz von Anwohnerinnen und Anwohnern, von Anliegern oder der Allgemeinheit vor Lärmimmissionen, verhaltensbedingten oder sonstigen Belästigungen.

Unter denselben Voraussetzungen ist die nachträgliche Aufnahme, Ergänzung und Änderung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 insbesondere mit einer Begrenzung der Anzahl der in diesem Prostitutionsgewerbe regelmäßig tätig werdenden Prostituierten oder der Anzahl der für sexuelle Dienstleistungen vorgesehenen Räume versehen werden sowie auf bestimmte Betriebszeiten beschränkt werden.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können jederzeit selbständige Anordnungen erteilt werden.

(4) Vorschriften und Anordnungen, die auf der Grundlage einer nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch ergangenen Verordnung beruhen, bleiben unberührt.

Erläuterungen zu § 17

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 regelt, dass die Erlaubnis jederzeit inhaltlich beschränkt oder an Auflagen geknüpft werden kann, soweit dies zum Schutz der in Nummern 1 bis 4 genannten Rechtsgüter erforderlich ist.

Als Besonderheit findet hier unter Nummer 1 Berücksichtigung, dass die in einem Prostitutionsbetrieb tätigen Prostituierten in aller Regel weder abhängig Beschäftigte des Betreibers noch gewöhnliche Gäste oder Besucher sind, sondern dass sie selbständig innerhalb eines vom Betreiber geschaffenen Rahmens Dienstleistungen an Dritte erbringen. Sie sind hier deshalb unter den zu schützenden Personenkreisen als eigene Gruppe genannt. Satz 2 stellt klar, dass auch die nachträgliche Erteilung von Auflagen jederzeit zulässig ist.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 greift aus dem Gesamtfeld möglicher Auflagen nach Absatz 1 zwei Beispiele von besonderer praktischer Relevanz heraus:

Die Erlaubnis kann insbesondere mit einer Begrenzung der Zahl der im Prostitutionsgewerbe tätigen Prostituierten oder der Zahl der für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume versehen werden, soweit dies für die aus den in Absatz 1 genannten Gründen erforderlich ist. Solche Gründe können sich im konkreten Fall z. B. aus den Verhältnissen im Innenraum des Gebäudes ergeben. Vorstellbar sind auch Konstellationen, in denen eine personelle Maximalgröße eines Bordells zum Schutz des Umfelds oder sonstiger öffentlicher Belange geboten erscheint.

Die Erlaubnis kann auch auf bestimmte Betriebszeiten beschränkt werden. Der Betreiber muss daneben auch zeitliche und örtliche Vorgaben für die Ausübung der Prostitution beachten, die sich aus den Festsetzungen eventuell vorhandener Sperrbezirksverordnungen ergeben. Die Festlegung von Sperrgebieten erfolgt je nach den landesrechtlichen Vorgaben in einem unterschiedlichen Verfahren. Die verschiedenen Regelungsebenen stehen nebeneinander.

- zu Absatz 3 -

Unter denselben Voraussetzungen, die in Absatz 1 geregelt sind, können auch selbständige Anordnungen gegenüber dem Betreiber zum Schutz der dort aufgeführten Rechtsgüter erteilt werden.

- zu Absatz 4 -

Absatz 3 stellt klar, dass bestehende Beschränkungen für die Prostitutionsausübung, die sich aus Sperrgebietsverordnungen ergeben, neben Auflagen und Anordnungen nach § 17 einzuhalten sind.

§ 18 Mindestanforderungen an zum Prostitutionsgewerbe genutzte Anlagen

(1) Prostitutionsstätten müssen nach ihrem Betriebskonzept sowie nach ihrer Lage, Ausstattung und Beschaffenheit den Anforderungen genügen, die erforderlich sind

1. zum Schutz der im Prostitutionsgewerbe tätigen Prostituierten, der Beschäftigten, anderer dort Dienstleistungen erbringenden Personen sowie zum Schutz der Kundinnen und Kunden,
2. zum Schutz der Jugend und
3. zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner, der Anlieger oder der Allgemeinheit.

(2) Insbesondere muss in Prostitutionsstätten mindestens gewährleistet sein, dass

1. die für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume von außen nicht einsehbar sind,
2. die einzelnen für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume über ein sachgerechtes Notrufsystem verfügen,
3. die Türen der einzelnen für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume jederzeit von innen geöffnet werden können,
4. die Prostitutionsstätte über eine angemessene Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen für Prostituierte, Beschäftigte und Kundinnen und Kunden verfügt,
5. die Prostitutionsstätte über geeignete Aufenthalts- und Pausenräume für Prostituierte und für Beschäftigte verfügt,
6. die Prostitutionsstätte über individuell verschließbare Aufbewahrungsmöglichkeiten für persönliche Gegenstände der Prostituierten und der Beschäftigten verfügt und
7. die für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume nicht zur Nutzung als Schlaf- oder Wohnraum bestimmt sind.

(3) Die zuständige Behörde kann für Prostitutionsstätten in Wohnungen im Einzelfall Ausnahmen von Absatz 2 Nummer 2 und 4 bis 7 zulassen, wenn die Erfüllung dieser Anforderungen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre und die schützenswerten Interessen von Prostituierten, von Beschäftigten und von Kundinnen und Kunden auf andere Weise gewährleistet werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend auf für Prostitutionsveranstaltungen genutzte Gebäude, Räume oder sonstige ortsfeste Anlagen anzuwenden.

(5) Der Betreiber einer Prostitutionsstätte ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Mindestanforderungen nach den Absätzen 1 und 2 während des Betriebes eingehalten werden.

Erläuterungen zu § 18

- zu Absatz 1 -

Die Vorschrift bestimmt einen allgemeinen Maßstab der Anforderungen, die von Prostitutionsstätten sowie von Gebäuden, Räumen und sonstigen Anlagen, die für Prostitutionsveranstaltungen genutzt werden, eingehalten werden müssen; zu den Anforderungen hinsichtlich der örtlichen Lage siehe die Begründung zu § 14 Absatz 2 Nummer 5.

- zu Absatz 2 -

Mit Absatz 2 Nummern 1 bis 7 werden konkrete Mindestanforderungen benannt, die regelmäßig erfüllt sein müssen. Ausnahmen können nach Absatz 3 im Einzelfall für Wohnungen zugelassen werden; dadurch wird eine ausreichende Flexibilität geschaffen, um auch für kleine Prostitutionsstätten, die mit den Schutzzwecken des Satzes 1 nicht in Widerspruch stehen, eine praxisgerechte Handhabung zu ermöglichen.

zu Nummer 1

Nummer 1 dient in erster Linie dem Schutz der Jugend sowie Dritter vor unfreiwilliger Konfrontation mit sexuell konnotierten Situationen. In der bestehenden behördlichen Praxis zur Erteilung gaststättenrechtlicher Erlaubnisse für Anbahnungsgaststätten, SwingerClubs oder Ähnliches ist dies bereits eine übliche Auflage.

zu Nummer 2

Die Ausrüstung der für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume mit einer Notruffunktion soll zum Schutz vor Übergriffen durch Kunden und Kundinnen sowie zum schnellen Zugang zu Hilfe beitragen; neben der technischen Funktionalität kommt es auch darauf an, ob im Fall der Betätigung des Notrufs geeignete Maßnahmen ausgelöst werden, die dem Schutz der Prostituierten dienen. Die Eignung der Vorrichtung ist daher im Kontext des jeweiligen Betriebskonzepts zu beurteilen. Bei der jeweiligen technischen Lösung sind die konkreten Rahmenbedingungen des Betriebs zu berücksichtigen.

zu Nummer 3

Nummer 3 dient ebenfalls der Wahrung berechtigter Interessen der im Betriebtätigen Prostituierten, unter anderem im Interesse der Sicherheit und zur Schaffung von Rückzugsräumen.

zu Nummer 4

Während für die üblichen gewerblichen Arbeitsst ätten bereits differenzierte Maßstäbe zur Ausstattung mit Sanitärräumen für Betriebsangehörige und Kunden und Kundinnen bestehen und eingehalten werden, ist dies im Prostitutionsgewerbe bislang weit weniger selbstverständlich. Aufgrund der Eigenarten der Tätigkeit ist es jedoch angebracht, an Arbeitsplätzen in der Prostitution gesteigerte Rücksicht auf die Privat- und Intimsphäre, insbesondere die Bedürfnisse im Bereich Körperreinigung und Intimität, zu nehmen. Dem trägt Nummer 4 mit der Vorgabe angemessener Sanitäreinrichtungen Rechnung.

zu Nummer 5

Unabhängig von der Frage, ob die in einer Prostitutionsstätte tätigen Dienstleistenden rechtlich zu den Beschäftigten eines Betriebs zu zählen sind, ist es sachgerecht, auch Arbeitsbedingungen in der Prostitution an den Grundkriterien für eine menschengerechte Gestaltung der Arbeitsplätze zu messen und hierfür den Betreiber in die Verantwortung zu nehmen. Dies kann die Beurteilung der räumlichen Ausstattung allein anhand der für eine Beherbergungsstätte oder für einen sonstigen der Gastronomie oder den Vergnügungsstätten zuzurechnenden Betrieb geltenden Maßstäbe nicht ausreichend widerspiegeln. Prostituierte halten sich häufig über längere Zeiten am Stück in Prostitutionsstätten auf und haben insbesondere zwischen den Kundenkontakten regelmäßig Wartezeiten, so dass wie bei regulären Beschäftigten auch die Notwendigkeit von Aufenthaltsräumen besteht. Die Aufenthaltsräume müssen nach Ausstattung und Größe für den Zweck geeignet sein; dies schließt z. B. in der Regel Tageslichtzugang ein. Die Angemessenheit ist anhand der konkreten Ausgestaltung der Prostitutionsstätte sowie des Betriebskonzepts zu beurteilen.

zu Nummer 6

Der Betreiber einer Prostitutionsstätte hat Vorkehrungen zu schaffen, damit Prostituierte eine geeignete Möglichkeit haben, ihre privaten Sachen während des Aufenthalts in der Prostitutionsstätte gegen unbefugten Zugriff geschützt aufzubewahren. Auch diese Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Prostitutionsstätten von Prostituierten wie eine Arbeitsstätte genutzt werden, für deren Gestaltung der Betreiber die Verantwortung trägt.

Für die Umsetzung besteht ein weiter Spielraum, die Angemessenheit ist anhand der konkreten Ausgestaltung der Prostitutionsstätte und des Betriebskonzepts zu beurteilen.

zu Nummer 7

Die funktionale Trennung von Räumen für Arbeiten, Wohnen sowie Schlafen ist in anderen Bereichen der Arbeitswelt eine Selbstverständlichkeit. Analog dazu ist deshalb nun auch für Betriebsstätten, die der Erbringung sexueller Dienstleistungen dienen, vorgesehen, dass die Arbeitszimmer den Prostituierten grundsätzlich nicht zugleich auch zum Schlafen oder Wohnen dienen dürfen. Damit wird sichergestellt, dass das Arbeitszimmer weder zum Schlafen, das heißt als bloße Übernachtungsmöglichkeit, noch zum Wohnen, also zur freien räumlichen Entfaltung der Persönlichkeit, genutzt werden darf. Die Vorschrift dient unmittelbar der Gewährleistung von Privatsphäre und der Schaffung von Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten. In einem weitergehenden Sinne dient sie auch dem Schutz von Prostituierten vor einer völligen Vereinnahmung durch das milieutypische Umfeld. Die Vorschrift steht damit in einem Spannungsverhältnis zu manchen Erscheinungsformen. In der aktuellen Praxis kommt es zum Teil vor, dass insbesondere nach Deutschland eingereiste Migrantinnen sich für einen vorübergehenden, aber oft doch recht langen Zeitraum in einer Prostitutionsstätte einmieten und dort in den Arbeitszimmern zugleich wohnen, um zusätzliche Miete für eine externe Übernachtungsmöglichkeit einzusparen. Diese Doppelnutzung der Arbeitszimmer soll nun aus den zuvor genannten Gründen verhindert werden. In anlassbezogenen eng begrenzten Einzelfällen kann der Betreiber ohne Verstoß gegen Nummer 7 Ausnahmen zulassen; dies gilt z. B. für den Fall, dass eine Prostituierte nach ihrer Ankunft in Deutschland übergangsweise einmalig in ihrem Arbeitszimmer übernachtet, weil sie noch keine anderweitige Unterkunft gefunden hat. Ausnahmen bedürfen aber einer Rechtfertigung durch einen besonderen Anlass und dürfen einen Zeitraum von ein bis zwei Tagen nicht überschreiten. Eine Umgehung von Nummer 7 und damit ein Versagungs- bzw. Widerrufsgrund für die Erlaubnis läge dagegen vor, wenn der Betreiber dies zur regelmäßigen Praxis machen würde.

- zu Absatz 3 -

Unter den in Absatz 3 genannten Voraussetzungen kann die Behörde Ausnahmen von den Mindestanforderungen nach Absatz 2 Nummern 2 und 4 bis 7 vorsehen. Die Ausnahmeregelung findet dabei nur auf Wohnungsbordelle Anwendung. Für Prostitutionsstätten, die bei Verkündung des Gesetzes bereits bestehen, ist eine parallele Ausnahmeregelung in den Übergangsbestimmungen nach § 37 Absatz 5 enthalten. Ausnahmslos müssen in allen Prostitutionsstätten unabhängig von der Größe der Betriebsstätte die Mindestanforderungen nach Absatz 2 Nummern 1 und 3 erfüllt sein: die zur Prostitution genutzten Räume dürfen nicht von außen einsehbar sein und die Türen der einzelnen Räume müssen jederzeit von innen geöffnet werden können. Die zuständige Behörde darf von diesen beiden Anforderungen keine Ausnahmen erteilen; ihr Ermessen ist insoweit auf null reduziert.

- zu Absatz 4 -

Die Maßstäbe der Absätze 1 und 2 einschließlich der in Absatz 3 geregelten Ausnahmemöglichkeit sind auch in Prostitutionsstätten einzuhalten, die für Prostitutionsveranstaltungen genutzt werden. Die Einhaltung dieser Mindestanforderungen ist Gegenstand der auf eine Anzeige nach § 20 folgenden anlassbezogenen behördlichen Prüfung.

- zu Absatz 5 -

Absatz 5 stellt klar, dass es die Pflicht des Betreibers einer Prostitutionsstätte bzw. einer Prostitutionsveranstaltung ist, während des Betriebs jederzeit die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Pflicht werden nach § 33 Absatz 2 Nummer 4 mit einem Bußgeld geahndet.

§ 19 Mindestanforderungen an Prostitutionsfahrzeuge

(1) Prostitutionsfahrzeuge müssen über einen für das vorgesehene Betriebskonzept ausreichend großen Innenraum und über eine hierfür angemessene Innenausstattung verfügen sowie nach Ausstattung und Beschaffenheit den zum Schutz der dort tätigen Prostituierten erforderlichen allgemeinen Anforderungen genügen.

(2) Prostitutionsfahrzeuge müssen so ausgestattet sein, dass die Türen des für die Ausübung der Prostitution verwendeten Bereichs jederzeit von innen geöffnet werden können. Der Betreiber hat durch technische Vorkehrungen zu gewährleisten, dass während des Aufenthalts im Innenraum jederzeit Hilfe erreichbar ist.

(3) Prostitutionsfahrzeuge müssen über eine angemessene sanitäre Ausstattung verfügen.

(4) Prostitutionsfahrzeuge müssen über eine gültige Betriebszulassung verfügen und in technisch betriebsbereitem Zustand sein.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch auf für Prostitutionsveranstaltungen genutzte Prostitutionsfahrzeuge anzuwenden.

(6) Der Betreiber eines Prostitutionsfahrzeugs ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Mindestanforderungen nach den Absätzen 1 bis 4 während des Betriebes eingehalten werden.

Erläuterungen zu § 19

- zu Absatz 1 -

Auch für Prostitutionsfahrzeuge gelten Mindestanforderungen, deren Einhaltung im Kontext der Erlaubniserteilung zu prüfen ist. Maßstab ist die Angemessenheit der Ausstattung für den vorgesehenen Zweck. Die Prüfung der Tauglichkeit im Hinblick auf die Nutzung zu Prostitutionszwecken ist nicht bereits Teil der regelmäßigen Hauptuntersuchung von Fahrzeugen und deshalb zusätzlich erforderlich. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Fahrzeug für die dort tätigen Prostituierten während der Betriebszeiten in der Regel über Stunden und bei jedem Wetter sowohl Aufenthalts- als auch Arbeitsraum ist, und dass – je nach Standplatz – den Prostituierten oft kein anderer Rückzugsort für Pausen zur Verfügung steht. Die Fahrzeuge müssen daher so ausgestattet sein, dass sie bei längerem Aufenthalt im Innenraum auch in abgestelltem Zustand einen angemessenen Schutz vor Extremtemperaturen, vor Niederschlägen und vor hoher Luftfeuchtigkeit bieten. Auch müssen Sitz- und Liegeflächen, Ablagen und Stauräume in angemessenem Zustand und angemessener Dimensionierung vorhanden sein. Mit der grundsätzlich vorgeschriebenen Befristung der Erlaubnis wird der Tatsache Rechnung getragen, dass ein bei erstmaliger Erlaubniserteilung bestehender guter Zustand eines Fahrzeuginnenraums sich abnutzungsbedingt in einen untragbaren Zustand verändern kann.

- zu Absatz 2 -

Die Anforderungen des Absatzes 2 sollen der Sicherheit der Personen, die in dem Fahrzeug sexuelle Dienstleistungen anbieten, dienen, insbesondere soll die Chance verbessert werden, sich bei Übergriffen durch Kundschaft oder Dritte aus einer Notlage zu befreien. Die vom Betreiber zu treffenden technischen Vorkehrungen zur Erreichbarkeit von Hilfe sind im Betriebskonzept darzulegen.

- zu Absatz 3 -

Weil nicht an jedem Standplatz angenommen werden kann, dass fließendes Wasser und eine Toilette für Prostituierte außerhalb des Fahrzeugs erreichbar sind, ist eine angemessene sanitäre Ausstattung des Fahrzeugs vor Erlaubniserteilung nachzuweisen. Während des Betriebs ist für deren Betriebsbereitschaft und für eine angemessene Ausstattung mit Verbrauchsmaterialien Sorge zu tragen.

- zu Absatz 4 -

Prostitutionsfahrzeuge sind in einem betriebsbereiten und verkehrssicheren Zustand zu halten. Damit wird sichergestellt, dass sie im Bedarfsfall oder aufgrund einer behördlichen Verfügung jederzeit von einem aktuellen Standplatz weggefahren werden können.

- zu Absatz 5 -

Die Maßstäbe der Absätze 1 bis 4 sind auch in Prostitutionsfahrzeugen einzuhalten, die für Prostitutionsveranstaltungen genutzt werden.

- zu Absatz 6 -

Absatz 6 regelt, dass der Betreiber eines Prostitutionsfahrzeugs verpflichtet ist, jederzeit für die Einhaltung der Mindestanforderungen nach den Absätzen 1 bis 4 während des Betriebs Sorge zu tragen. Entsprechend der Regelung in § 18 Absatz 4 gelten die Anforderungen der Absätze 1 bis 4 für Fahrzeuge, die für eine Prostitutionsveranstaltung genutzt werden. Auch Wasserfahrzeuge, die für eine Prostitutionsveranstaltung genutzt werden, unterliegen folglich den Mindestanforderungen nach den Absätzen 1 bis 4; zur Einhaltung verpflichtet ist der Betreiber der Prostitutionsveranstaltung. Verstöße werden entsprechend den Regelungen zu Prostitutionsstätten nach § 33 Absatz 2 Nummer 5 mit einem Bußgeld geahndet.

§ 20 Anzeige einer Prostitutionsveranstaltung; Untersagung

(1) Wer eine Prostitutionsveranstaltung organisieren oder durchführen will, hat dies der am Ort der Veranstaltung zuständigen Behörde vier Wochen vor Beginn der Veranstaltung anzuzeigen. Der Anzeige sind folgende Angaben und Nachweise beizufügen:

1. der vollständige Name des Betreibers und eine Kopie der Erlaubnis zur Organisation oder Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen,
2. falls Personen als Stellvertretung des Betreibers eingesetzt werden sollen, deren Vor- und Nachnamen und eine Kopie der Stellvertretungserlaubnis,
3. das der Erlaubnis zugrunde liegende Betriebskonzept,
4. das auf die jeweilige Veranstaltung bezogene Veranstaltungskonzept,
5. Ort und Zeit der Veranstaltung,
6. der vollständige Name des Eigentümers der für die Veranstaltung genutzten Gebäude, Räume oder sonstigen ortsfesten oder mobilen Anlagen sowie dessen Einverständnis,
7. die zum Nachweis der Mindestanforderungen nach § 18 Absatz 4 in Verbindung mit § 18 Absatz 2 oder nach § 19 Absatz 5 in Verbindung mit § 19 Absatz 1 bis 3 erforderlichen Unterlagen über die Beschaffenheit der zum Prostitutionsgewerbe genutzten Anlage,
8. Kopien der Anmeldebescheinigungen oder Aliasbescheinigungen der Prostituierten, die bei der Veranstaltung voraussichtlich tätig werden, und
9. Kopien der mit den Prostituierten geschlossenen Vereinbarungen.

(2) Der Betreiber einer Prostitutionsveranstaltung ist verpflichtet, die für die vorgesehene Betriebsstätte jeweils geltenden Mindestanforderungen nach § 18 Absatz 4 oder nach § 19 Absatz 5 während der Durchführung der Prostitutionsveranstaltung einzuhalten. Die Prostitutionsveranstaltung muss vor Ort durch den Betreiber oder durch die in der Anzeige als Stellvertretung benannten Personen geleitet werden.

(3) Die zuständige Behörde prüft nach Erstattung der Anzeige, ob die geplante Veranstaltung aufgrund des Veranstaltungskonzeptes, aufgrund der dafür vorgesehenen Betriebsstätte oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte gegen die in § 14 Absatz 2 geregelten Voraussetzungen verstößt. Die zuständige Behörde kann unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 1 Satz 1 jederzeit Anordnungen erlassen. § 17 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(4) Die Durchführung der Prostitutionsveranstaltung ist zu untersagen, wenn einer der in § 14 Absatz 2 genannten Gründe vorliegt. Werden der zuständigen Behörde Umstände bekannt, die die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis rechtfertigen würden, so ist die zuständige Erlaubnisbehörde hiervon zu unterrichten.

(5) Die Durchführung der Prostitutionsveranstaltung kann untersagt werden, wenn die Anzeige nicht, nicht rechtzeitig, nicht wahrheitsgemäß oder nicht vollständig erstattet wurde.

Erläuterungen zu § 20

- zu Absatz 1 -

Für die Organisation oder Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen bedarf es neben der einem bestimmten Betreiber für ein bestimmtes allgemeines Betriebskonzept erteilten Erlaubnis auch einer Möglichkeit der behördlichen Vorabkontrolle der einzelnen Veranstaltungstermine, um Gefährdungen der beteiligten Personen, Verletzungen von Rechtsgütern Dritter oder schützenswerter Belange der Allgemeinheit anhand der konkreten örtlichen, zeitlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen auszuschließen. Hierzu dient die Anzeige nach § 20, die vier Wochen vor der Veranstaltung abzugeben ist. Bei der Anzeige sind die in Nummern 1 bis 9 genannten Angaben und Nachweise einzureichen. Die Angaben sind erforderlich, um die am Veranstaltungsort zuständige Behörde mit den für die Prüfung nach Absatz 3 erforderlichen Informationen zu versehen. Eine Prostitutionsveranstaltung kann dabei sowohl in Gebäuden, Räumen oder sonstigen ortsfesten Anlagen als auch in mobilen Anlagen, wie einem fahrbereiten Schiff oder einer Yacht, stattfinden. Abhängig von der bei der Anzeige anzugebenden Betriebsstätte der Veranstaltung gelten entsprechende Mindestanforderungen, die in Absatz 2 näher geregelt sind.

- zu Absatz 2 -

Die Mindestanforderungen an für eine Prostitutionsveranstaltung genutzte Räume richten sich nach der Art der dafür genutzten Betriebsstätte; es kommt also darauf an, ob es sich um eine ortsfeste oder um eine mobile Anlage handelt. Entsprechend kommen dann die Mindestanforderungen nach § 18 Absatz 4 oder § 19 Absatz 5 zur Anwendung. Die Prostitutionsveranstaltung darf vor Ort nur durch den Betreiber oder durch die in der Anzeige als Stellvertretung benannten Personen geleitet werden. Mit dieser Vorgabe wird sichergestellt, dass eine verantwortliche Person zugegen ist, die den Kriterien der Zuverlässigkeit nach § 15 genügt. Die Vorschrift ist an § 56a Absatz 1 Satz 2 der Gewerbeordnung angelehnt.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 verpflichtet die Behörde zu prüfen, ob die angezeigte Veranstaltung mit den durch dieses Gesetz geschützten Rechtsgütern in Konflikt steht, und gegebenenfalls durch Anordnungen oder durch eine Untersagung der Veranstaltung die zum Schutz dieser Rechtsgüter erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Prüfungsmaßstab sind dabei die in § 14 Absatz 2 genannten Anforderungen an für Prostitutionszwecke eingesetzte Betriebsstätten, zum anderen die in § 17 Absatz 1 genannten Rechtsgüter, zu deren Schutz Anordnungen erlassen werden dürfen. Der bereits im Rahmen der Erteilung einer Erlaubnis zum Ausüben von Prostitutionsveranstaltungen geprüfte Maßstab des § 14 Absatz 2 wird hier anlassbezogen erneut geprüft, da die Erlaubnis sich nicht auf bestimmte, vorher festgelegte Gebäude, Räume oder sonstige ortsfeste Anlagen bezieht und auch das konkrete Veranstaltungskonzept für jede Veranstaltung anders aussehen kann.

- zu Absatz 4 -

Absatz 4 sieht vor, dass die vor Ort zuständige Behörde die Prostitutionsveranstaltung zu untersagen hat, wenn sie gegen die in § 14 Absatz 2 geregelten Mindestanforderungen verstoßen würde. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich zeigt, dass die konkret vorgesehenen Verträge mit Prostituierten der Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leisten, oder aufgrund der räumlichen Verhältnisse eine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der beteiligten Personen besteht. Werden der am Ort der Veranstaltung zuständigen Behörde Missstände bekannt, die so gravierend sind, dass sie die Rücknahme oder den Widerruf der zugrunde liegenden Erlaubnis rechtfertigen würden, so ist die zuständige Erlaubnisbehörde hiervon zu unterrichten. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich häufig nur aus der Kenntnis der konkreten Umstände einer Veranstaltung Hinweise auf Regelverstöße oder auf die Unzuverlässigkeit des Betreibers ergeben dürften; diese Informationen würden die für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis zuständige Behörde sonst nicht erreichen.

- zu Absatz 5 -

Zeigt der Betreiber eine Prostitutionsveranstaltung nicht ordnungsgemäß an, so kann die zuständige Behörde die Prostitutionsveranstaltung untersagen.

§ 21 Anzeige der Aufstellung eines Prostitutionsfahrzeugs; Untersagung

(1) Wer ein Prostitutionsfahrzeug an mehr als zwei aufeinander folgenden Tagen oder mehrmals in einem Monat im örtlichen Zuständigkeitsbereich einer Be hörde zum Betrieb aufstellen will, hat dies der zuständigen Behörde zwei Wochen vor der Aufstellung anzuzeigen. Der Anzeige sind die folgenden Angaben und Nachweise beizufügen:

1. der Vor- und Nachname des Fahrzeughalters und der vollständige Name des Betreibers des Prostitutionsfahrzeugs,
2. eine Kopie der Erlaubnis zur Bereitstellung des Prostitutionsfahrzeugs,
3. das Kraftfahrzeug- oder Schiffskennzeichen des Prostitutionsfahrzeugs,
4. die genaue Angabe des Aufstellungsortes,
5. die Dauer der Aufstellung,
6. die Betriebszeiten,
7. Kopien der Anmeldebescheinigungen oder Aliasbescheinigungen der Prostituierten, die im Prostitutionsfahrzeug tätig werden, und
8. Kopien der mit den Prostituierten geschlossenen Vereinbarungen.

(2) Prostitutionsfahrzeuge dürfen nur in der Weise zum Betrieb aufgestellt werden, dass sie nach dem Betriebsort und nach den Betriebszeiten den Anforderungen genügen

1. zum Schutz der im Prostitutionsfahrzeug tätigen Prostituierten sowie der Kundinnen und Kunden,
2. zum Schutz der Jugend und
3. zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner, der Anlieger oder der Allgemeinheit.

(3) Die zuständige Behörde prüft nach Erstattung der Anzeige, ob die Aufstellung gegen die Voraussetzungen des § 14 Absatz 2 verstößt. Die zuständige Behörde kann unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 1 Satz 1 jederzeit Anordnungen für die Aufstellung des Prostitutionsfahrzeugs und dessen Betrieb erlassen. § 17 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(4) Die Aufstellung des Prostitutionsfahrzeugs ist zu untersagen, wenn einer der in § 14 Absatz 2 genannten Gründe vorliegt. Werden der zuständigen Behörde Umstände bekannt, die die Rücknahme oder den Widerruf der zugrunde liegenden Erlaubnis rechtfertigen würden, so ist die zuständige Erlaubnisbehörde hiervon zu unterrichten.

(5) Die zuständige Behörde kann die Aufstellung des Prostitutionsfahrzeugs untersagen, wenn dessen Betrieb gegen Absatz 2 verstößt oder wenn die Anzeige nach Absatz 1 nicht, nicht rechtzeitig, nicht wahrheitsgemäß oder nicht vollständig abgegeben wurde.

(6) Die Vorschriften des Straßen- und Wegerechts bleiben unberührt.

Erläuterungen zu § 21

- zu Absatz 1 -

Auch für Prostitutionsfahrzeuge sieht das Gesetz neben der betreiberbezogenen und an ein bestimmtes Fahrzeug gebundenen Erlaubnis Instrumente vor, die der Wahrung der Rechtsgüter der dort tätigen Personen sowie der schützenswerten Belange der im Umfeld betroffenen Personen anhand der konkreten örtlichen Rahmenbedingungen dienen sollen. Die Anzeige der beabsichtigten Aufstellung dient dabei auch dazu, Konflikte zwischen zu erwartenden Auswirkungen der Aufstellung in Form von Begleiterscheinungen der Prostitution und anderen Nutzungen im Umfeld von vorneherein möglichst gering zu halten. Ist die Anzeige ordnungsgemäß erfolgt, so kann das Fahrzeug am geplanten Ort in Übereinstimmung mit der Erlaubnis betrieben werden, es sei denn, es erfolgt eine behördliche Untersagung nach den Absätzen 4 und 5 oder eine Einschränkung der Aufstellung durch Anordnungen nach Absatz 3. Bestehende örtliche Festsetzungen aus Sperrgebietsverordnungen sind einzuhalten.

Bei der Anzeige sind die in Nummern 1 bis 8 aufgeführten Angaben und Nachweise einzureichen, deren Kenntnis zur Durchführung der Überwachungsaufgaben für die Behörden notwendig ist.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 benennt die am konkreten Standplatz während der Aufstellung einzuhaltenden allgemeinen Anforderungsmaßstäbe.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 stellt klar, dass Anordnungen zum Schutz der in § 17 aufgeführten Rechtsgüter verhängt werden dürfen.

- zu Absatz 4 -

Die für die Überwachung zuständige Behörde hat die Aufstellung des Fahrzeugs zu untersagen, wenn gegen die einschlägigen Anforderungen des § 14 Absatz 2 verstoßen wird. Werden der am Ort der Veranstaltung zuständigen Behörde Missstände bekannt, die so gravierend sind, dass sie die Rücknahme oder den Widerruf der zugrunde liegenden Erlaubnis rechtfertigen würden, so ist die zuständige Erlaubnisbehörde hiervon zu unterrichten. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich häufig nur aus der Kenntnis der konkreten Umstände am Ort der Aufstellung Hinweise auf Regelverstöße ergeben dürften; diese Informationen würden die für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis zuständige Behörde sonst nicht erreichen.

- zu Absatz 5 -

Zeigt der Betreiber die Aufstellung nicht ordnungsgemäß an, so kann der Betrieb des Fahrzeugs an diesem Standplatz untersagt werden.

- zu Absatz 6 -

Die Vorschrift stellt klar, dass Vorgaben aus dem Straßen- und Wegerecht unbeschadet der durch dieses Gesetz getroffenen Regelungen für das Aufstellen von Prostitutionsfahrzeugen gelten.

§ 22 Erlöschen der Erlaubnis

Die Erlaubnis erlischt, wenn die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber den Betrieb des Prostitutionsgewerbes nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis aufgenommen hat oder den Betrieb seit einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat. Die Fristen können auf Antrag verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Erläuterungen zu § 22

Nutzt die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber die ihr oder ihm erteilte Erlaubnis nicht, so erlischt diese regelmäßig nach einem Jahr. Nach dieser Frist kann nicht mehr ohne weiteres vom Fortbestand der Erlaubnisvoraussetzungen ausgegangen werden. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden.

§ 23 Rücknahme und Widerruf der Erlaubnis und der Stellvertretungserlaubnis

(1) Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, dass bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach § 14 Absatz 1 vorlagen. Die Stellvertretungserlaubnis ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, dass bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach §14 Absatz 3 vorlagen.

(2) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung nach § 14 Absatz 1 Nummer 2 rechtfertigen würden, oder
2. die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber oder eine von ihr oder ihm im Rahmen der Betriebsorganisation eingesetzte Person Kenntnis davon hat oder hätte haben müssen, dass Personen unter 18 Jahren sexuelle Dienstleistungen erbringen.

(3) Die Erlaubnis soll insbesondere widerrufen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber oder eine von ihr oder ihm als Stellvertretung, Betriebsleitung oder -beaufsichtigung eingesetzte Person Kenntnis davon hat oder hätte haben müssen, dass in dem Prostitutionsgewerbe eine Person der Prostitution nachgeht oder für sexuelle Dienstleistungen vermittelt wird, die

1. unter 21 Jahre alt ist und durch Dritte zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution gebracht wird oder werden soll oder
2. von Dritten durch Ausnutzung einer Zwangslage, ihrer Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Prostitution veranlasst wird oder werden soll oder diese Person von Dritten ausgebeutet wird oder werden soll.

(4) Im Übrigen gelten für Rücknahme und Widerruf der Erlaubnis und Stellvertretungserlaubnis die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Erläuterungen zu § 23

§ 23 regelt Fälle, in denen nach diesem Gesetz eine Rücknahme der Erlaubnis oder der Stellvertretungserlaubnis (Absatz 1) beziehungsweise ein Widerruf der Erlaubnis zu erfolgen hat (Absatz 2) bzw. erfolgen soll (Absatz 3). Mit Einführung spezialgesetzlicher, verpflichtender Rücknahme- und Widerrufsgründe in den Absätzen 1 und 2 geht die Vorschrift insoweit über die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes hinaus, als bei gravierenden Verstößen des Betreibers das Ermessen der Behörde zur Entziehung der Erlaubnis reduziert wird. Auf die in § 23 nicht geregelten Fälle von Rücknahme und Widerruf einer nach diesem Gesetz erteilten Erlaubnis finden daneben die §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Anwendung.

Fällt die Erlaubnis weg, so darf der Betrieb des Gewerbes nicht fortgesetzt werden. Die tatsächliche Ausübung des Gewerbes trotz fehlender Erlaubnis kann dann nach § 15 Absatz 2 der Gewerbeordnung verhindert und die Fortsetzung des Betriebs gegebenenfalls mit Mitteln des Verwaltungszwangs und der Verwaltungsvollstreckung tatsächlich unterbunden werden.

- zu Absatz 1 -

Nach Absatz 1 hat eine Rücknahme der Erlaubnis zwingend zu erfolgen, wenn bekannt wird, dass bei Erteilung der Erlaubnis oder Stellvertretungserlaubnis Versagungsgründe vorlagen, die Erlaubnis oder Stellvertretungserlaubnis also gar nicht hätte erteilt werden dürfen.

- zu Absatz 2 -

zu Nummer 1

Absatz 2 Nummer 1 sieht zwingend den Widerruf der Erlaubnis vor, wenn Tatsachen nachträglich eingetreten sind, aufgrund derer der Betreiber oder eine zur Stellvertretung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes eingesetzte Person nicht mehr als zuverlässig angesehen werden kann.

zu Nummer 2

Als besonders gravierender Umstand muss es bewertet werden, wenn der Betreiber oder die für ihn handelnden Personen es dulden, dass Minderjährige als Prostituierte im Gewerbe des Betreibers tätig werden. Nummer 2 stellt klar, dass dies den Widerruf der Erlaubnis zur Folge haben muss.

- zu Absatz 3 -

Der Widerruf soll in den Fällen des Absatzes 3 erfolgen, wenn Personen als Prostituierte oder als Prostituierter tätig werden, bei denen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden muss, dass sie hinsichtlich der Prostitutionsausübung in ihrer Entschließungsfreiheit beeinträchtigt sind, weil sie einer der in Nummern 1 und 2 benannten Fallgruppen zuzurechnen sind. Damit knüpft Absatz 3 an die Wertung aus § 6 Absatz 1 und § 9 Absatz 2 an. Lässt ein Betreiber die Tätigkeit solcher Personen in seinem Gewerbe zu, so verletzt er zugleich seine Pflichten nach § 25 Absatz 1; in aller Regel wird er dann auch als unzuverlässig anzusehen sein. Voraussetzung des Widerrufs ist, dass der Betreiber oder in seiner Verantwortung handelnde Personen positive Kenntnis von der Lage der oder des Prostituierten hatten oder haben mussten.

Mit der Formulierung als "Soll"-Vorschrift wird es der Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung ermöglicht, von einem Widerruf aufgrund der Umstände des Einzelfalls abzusehen. Dies kann unter Umständen z. B. dann angezeigt sein, wenn ein Betreiber erst im Nachhinein erfährt, dass eine bei ihm tätige Prostituierte durch einen Zuhälter gewaltsam ausgebeutet wird und dennoch zunächst zulässt, dass diese Person weiter in seinem Betrieb arbeitet, weil sie ansonsten durch drohende Übergriffe ihres Zuhälters noch stärker gefährdet wäre. Das Tolerieren von Ausbeutung und Zuhälterei darf jedoch nicht dauerhaft hingenommen werden; ein Betreiber ist vielmehr verpflichtet, bestehende Handlungsalternativen zu nutzen.

- zu Absatz 4 -

Für alle nicht in den Absätzen 1 bis 3 spezialgesetzlich geregelten Fälle bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechts, insbesondere den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten.

- Abschnitt 4 -

Pflichten des Betreibers


§ 24 Sicherheit und Gesundheitsschutz

(1) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes hat dafür Sorge zu tragen, dass die Belange der Sicherheit und Gesundheit von Prostituierten und anderen im Rahmen seines Prostitutionsgewerbes tätigen Personen gewahrt werden. Die räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Erbringung sexueller Dienstleistungen sind so zu gestalten, dass eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit der Personen, die in der Prostitutionsstätte, in dem Prostitutionsfahrzeug oder bei der Prostitutionsveranstaltung tätig sind, möglichst vermieden wird und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird. Der Betreiber einer Prostitutionsstätte, eines Prostitutionsfahrzeugs oder einer Prostitutionsveranstaltung hat diejenigen Schutzmaßnahmen zu treffen, die unter Berücksichtigung der Anzahl der dort tätigen Personen, der Dauer ihrer Anwesenheit und der Art ihrer Tätigkeit angemessen und zur Erreichung der Zwecke nach Satz2förderlichsind.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, auf eine Verringerung des Übertragungsrisikos sexuell übertragbarer Infektionen hinzuwirken; insbesondere hat er auf die Einhaltung der Kondompflicht durch Kunden und Kundinnen und Prostituierte hinzuwirken. Der Betreiber einer Prostitutionsstätte, eines Prostitutionsfahrzeugs oder einer Prostitutionsveranstaltung hat dafür Sorge zu tragen, dass in den für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räumen während der Betriebszeiten eine angemessene Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln jederzeit bereitsteht.

(3) Der Betreiber einer Prostitutionsstätte ist ver pflichtet, den zuständigen Behörden oder den von diesen beauftragten Personen auf deren Verlangen die Durchführung von Beratungen zu gesundheitserhaltenden Verhaltensweisen und zur Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten in der Prostitutionsstätte zu ermöglichen.

(4) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, Prostituierten jederzeit die Wahrnehmung von gesundheitlichen Beratungen nach § 10 sowie das Aufsuchen von Untersuchungs- und Beratungsangeboten insbesondere der Gesundheitsämter und von weiteren Angeboten gesundheitlicher und sozialer Beratungsangebote ihrer Wahl während deren Geschäftszeiten zu ermöglichen.

(5) Die zuständige Behörde kann den Betreiber eines Prostitutionsgewerbes zur Aufstellung und Durchführung von Hygieneplänen verpflichten. Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz bleiben unberührt.

Erläuterungen zu § 24

- zu Absatz 1 -

Die Vorschrift beschreibt die Verantwortung des Betreibers eines Prostitutionsgewerbes im Hinblick auf die Sicherheit und Gesundheit der Prostituierten sowie Dritter und umschreibt den Maßstab seiner diesbezüglichen Sorgfaltspflichten.

Da Prostitution bislang fast ausnahmslos in Form einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird, finden die aus dem Arbeitsschutz- und Arbeitsstättenrecht bekannten Schutzstandards auf Arbeitsplätze von Prostituierten regelmäßig keine Anwendung. Das führt dazu, dass ihre spezifischen Interessen nach Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bisher nur ungenügend Berücksichtigung finden. Einzelne Prostituierte haben häufig kaum eine Möglichkeit, auf die in Prostitutionsbetrieben vorgefundenen Rahmenbedingungen gestaltend zu ihrem eigenen Schutz Einfluss zu nehmen. Um unzumutbare Arbeitsbedingungen zu beseitigen, ist es folglich angemessen, den Betreiber hierfür ähnlich wie einen Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen.

Da bislang kein gesicherter fachlicher Diskussionsstand zu spezifischen Anforderungen für Arbeitsplätze in der Prostitution besteht, sollte anhand von Vergleichsbetrachtungen mit Regeln der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes für Beschäftigte aus anderen Bereichen und unter Berücksichtigung der konkreten Bedingungen des jeweiligen Gewerbebetriebs ermittelt werden, welche Maßstäbe vernünftigerweise zur Anwendung kommen sollten.

- zu Absatz 2 -

Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes wird durch Absatz 2 in eine Mitverantwortung genommen für die Einhaltung der Kondompflicht sowie darüber hinaus für die Schaffung eines Umfelds, in dem SaferSex-Praktiken möglichst selbstverständlich im Interesse des Eigenschutzes für Kunden und Prostituierte zum akzeptierten Standard gehören. Die Aushangpflicht nach § 32 Absatz 2 ist ebenfalls Ausdruck dieser Mitverantwortung des Betreibers. Die konkrete Ausgestaltung der sexuellen Dienstleistungen bleibt gleichwohl eine höchstpersönliche Angelegenheit, die zwischen Prostituierten und deren Kunden einvernehmlich zu regeln und damit dem Einflussbereich des Betreibers entzogen ist.

- zu Absatz 3 -

Nicht alle Prostituierten sind von sich aus ausreichend informiert und in der Lage, die vielerorts bestehenden kostenlosen und freiwilligen Untersuchungs- und Beratungsangebote insbesondere der Gesundheitsämter zu nutzen. Absatz 3 verpflichtet daher den Betreiber insoweit zur Kooperation mit Gesundheitsämtern, als er aufsuchende Beratungsangebote in seiner Betriebsstätte grundsätzlich ermöglichen muss. Durch diese Verpflichtung der Betreiber soll den zuständigen Stellen, z. B. Gesundheitsämtern und dort verankerten Sexual-Transmitted-Diseases-Beratungsstellen, der Zugang zu einer wichtigen Zielgruppe erschlossen werden und umgekehrt soll Prostituierten, die aufgrund ihrer fehlenden Vertrautheit mit deutschen Behörden und Beratungsstellen nicht allein den Weg zu den für sie im Hinblick auf die Ausübung ihrer Tätigkeit notwendigen Informationen und Hilfeangeboten finden, dieser Zugang erleichtert werden. Die Gesundheitsämter können auch externe sachkundige Personen oder sachkundige Angehörige von zielgruppenspezifischen Beratungsstellen mit der Durchführung entsprechender Beratungen betrauen. Die Vorschrift flankiert zugleich die Kondompflicht nach § 32 und ist zu deren effektiver Implementierung erforderlich.

- zu Absatz 4 -

Da Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, aufgrund ihrer Tätigkeit nicht selten in hohem Maße psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sind, kommt der Erreichbarkeit von externen Beratungsangeboten des Gesundheitswesens und der psychosozialen Unterstützung besondere Bedeutung zu. Die Regelung verdeutlicht die Bedeutung des Zugangs zu solchen Angeboten. Ein Betreiber, der z. B. durch zeitliche Vorgaben im Rahmen seiner Betriebsorganisation die Erreichbarkeit eines vor Ort bestehenden Unterstützungsangebots unterläuft oder Prostituierte aktiv vom Aufsuchen solcher Angebote abhält, verstößt gegen seine Pflichten nach Absatz 4.

- zu Absatz 5 -

Zur Konkretisierung hygienebezogener Präventionspflichten des Betreibers kann die zuständige Behörde Hygienepläne vorsehen.

§ 25 Auswahl der im Betrieb tätigen Personen; Beschäftigungsverbote

(1) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes darf eine Person nicht als Prostituierte oder Prostituierten in seinem Prostitutionsgewerbe tätig werden lassen, wenn für ihn erkennbar ist, dass

1. diese Person unter 18 Jahre alt ist,
2. diese Person unter 21 Jahre alt ist und durch Dritte zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution gebracht wird oder werden soll,
3. diese Person von Dritten durch Ausnutzung einer Zwangslage, ihrer Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Prostitution veranlasst wird oder werden soll oder diese Person von Dritten ausgebeutet wird oder werden soll oder
4. diese Person nicht über eine gültige Anmelde- oder Aliasbescheinigung verfügt.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes darf für Aufgaben der Stellvertretung, der Betriebsleitung und -beaufsichtigung, für Aufgaben im Rahmen der Einhaltung des Hausrechts oder der Hausordnung, der Einlasskontrolle und der Bewachung nur Personen einsetzen, die über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Dies gilt auch, wenn die entsprechenden Personen nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Betreiber des Prostitutionsgewerbes stehen.

(3) Dem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes kann von der zuständigen Behörde die Beschäftigung einer Person oder deren Tätigkeit in seinem Prostitutionsgewerbe untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person nicht die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. § 15 Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden.

Erläuterungen zu § 25

- zu Absatz 1 -

Die Vorschrift formuliert ein Mindestmaß an Sorgfaltspflichten des Betreibers beim Vertragsschluss und bei der Auswahl derjenigen Personen, die in seinem Betrieb sexuelle Dienstleistungen erbringen wollen. Durch die Formulierung "in seinem Prostitutionsgewerbe" sind alle Fälle erfasst, für die der Betreiber mit seinem Gewerbe einen Rahmen für die Tätigkeit als Prostituierte bereitstellt, sei es, indem er lediglich eine Vermittlungstätigkeit übernimmt, sei es, indem er die Person in einer Prostitutionsstätte, bei einer Prostitutionsveranstaltung oder in einem Prostitutionsfahrzeug tätig werden lässt. Betreiber sind verpflichtet, keine Personen unter 18 Jahren zur Erbringung sexueller Dienstleistungen in ihrem Prostitutionsgewerbe tätig werden zu lassen. Das darin normierte Beschäftigungsverbot entspricht den Strafrechtsvorschriften, die ein solches Vorgehen nach §§ 180 Absatz 2, 180a Absatz 2 Nummer 1 und 182 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs unter Strafe stellen. Über dies darf der Betreiber aufgrund der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit auch die bloße Anwesenheit von Minderjährigen in einer Betriebsstätte des Prostitutionsgewerbes nicht tolerieren. Die Sicherstellung dieser Pflicht kann durch die Vorlage der Anmelde- oder Aliasbescheinigung oder eines Ausweisdokumentes, zu dem Betreiber nach § 27 Absatz 2 ohnehin verpflichtet sind, gewährleistet werden. Das gleiche gilt für Personen, bei denen für den Betreiber erkennbar Merkmale für Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Ausbeutung durch Dritte im Sinne von Nummer 3 vorliegen, oder für Personen, die als Heranwachsende erkennbar durch Dritte fremdgesteuert eine Tätigkeit als Prostituierte antreten – z. B. unter Einsatz der sogenannten "Loverboy"-Methode. Besonders bei heranwachsenden jungen Frauen und Männern ergibt sich hieraus ein Gebot für den Betreiber, "genauer hinzuschauen" und sich nicht auf formelhafte Beteuerungen der Freiwilligkeit zu verlassen. Betreiber dürfen außerdem keine Personen in ihrem Gewerbe tätig werden lassen, die nicht über eine gültige Anmelde- oder Aliasbescheinigung verfügen. Auch hier erfolgt die Sicherstellung in der Praxis durch die Pflicht der Betreiber, sich von Prostituierten, die in ihrem Betrieb tätig werden möchten, vor Aufnahme der Tätigkeit eine gültige Anmelde- bzw. Aliasbescheinigung sowie eine gültige Bescheinigung über die wahrgenommene gesundheitliche Beratung nach § 27 Absatz 2 vorlegen zu lassen.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 verpflichtet den Betreiber eines Prostitutionsgewerbes, mit Aufgaben der Stellvertretung, der Betriebsleitung und -beaufsichtigung, mit Aufgaben im Rahmen der Einhaltung des Hausrechts oder der Hausordnung, der Einlasskontrolle oder der Bewachung nur Personen zu betrauen, die über die notwendige Zuverlässigkeit verfügen. Dabei erscheint es geboten, die Zuverlässigkeitserfordernisse ausdrücklich auf einen über die Betriebsleitung hinausgehenden Kreis solcher Personen zu erstrecken, die in der Praxis von Prostituierten und Dritten als "verlängerter Arm" des Betreibers wahrgenommen werden können. Maßgeblich sind dabei die Zuverlässigkeitskriterien des § 15 Absatz 1.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 regelt die Möglichkeit der Behörde, die Tätigkeit unzuverlässiger Personen in einer erlaubnispflichtigen Betriebsstätte zu untersagen. Absatz 3 ist nicht auf Personen mit besonderer betrieblicher Verantwortung beschränkt, deren Zuverlässigkeit schon im Erlaubnisverfahren geprüft wird. Damit erhalten die Überwachungsbehörden ein Instrument, um beispielsweise zu unterbinden, dass der Betreiber Hilfspersonen einsetzt, die wegen einschlägiger Gewaltdelikte vorbestraft sind. Bei der Beurteilung stehen der Behörde die Zuverlässigkeitskriterien des § 15 Absatz 1 zur Verfügung.

§ 26 Pflichten gegenüber Prostituierten; Einschränkung von Weisungen und Vorgaben

(1) Die Ausgestaltung sexueller Dienstleistungen wird ausschließlich zwischen den Prostituierten und deren Kunden und Kundinnen in eigener Verantwortung festgelegt.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes sowie die für den Betreiber handelnden Personen dürfen Prostituierten keine Weisungen im Sinne des § 3 Absatz 1 des Prostitutionsgesetzes erteilen. Ebenso unzulässig sind sonstige Vorgaben zu Art oder Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen.

(3) Vereinbarungen über Leistungen des Betreibers eines Prostitutionsgewerbes gegenüber Prostituierten und über Leistungen von Prostituierten gegenüber dem Betreiber sind in Textform abzufassen. Der oder die Prostituierte kann verlangen, dass die Vereinbarung unter Verwendung des in einer gültigen Aliasbescheinigung nach § 6 Absatz 2 verwendeten Alias abgeschlossen wird. Der Betreiber ist verpflichtet, der oder dem Prostituierten eine Ausfertigung der Vereinbarung zu überlassen oder elektronisch zu übermitteln.

(4) Dem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist es verboten, sich von Prostituierten, die in seinem Prostitutionsgewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen oder erbringen wollen, für die Vermietung von Räumen, für die Vermittlung einer Leistung oder für eine sonstige Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren zu lassen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung oder zu deren Vermittlung stehen.

(5) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, Prostituierten, die in seinem Prostitutionsgewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen oder erbringen wollen, auf deren Verlangen Einsicht in das Betriebskonzept zu geben. Im Falle einer Prostitutionsveranstaltung hat der Betreiber den Prostituierten auf Verlangen auch Einsicht in das Veranstaltungskonzept zu geben.

(6) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, Prostituierten, die in seinem Prostitutionsgewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen, einen Nachweis in Textform über die durch die Prostituierte oder den Prostituierten an den Betreiber ergangenen Zahlungen zu überlassen oder elektronisch zu übermitteln. Dies gilt auch für Zahlungen des Betreibers an die Prostituierte oder den Prostituierten.

(7) Die Vorschriften des Prostitutionsgesetzes bleiben unberührt.

Erläuterungen zu § 26

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 hält klarstellend fest, dass das Ob und Wie sexueller Dienstleistungen nur im Rahmen einer konkreten Kundenbeziehung zwischen Prostituierten und Kunden in eigener Verantwortung bestimmt werden kann. Daraus ergibt sich, dass auch die Preisgestaltung für die einzelne sexuelle Dienstleistung zwischen Prostituierten sowie Kunden und Kundinnen erfolgt. Auch dann bleibt es jedoch dabei, dass Prostituierte schuldrechtlich nicht zur Erfüllung einer Vereinbarung über sexuelle Dienstleistungen verpflichtet sind.

Vereinbarungen über sexuelle Dienstleistungen führen nach § 1 des Prostitutionsgesetzes nicht zu einer durchsetzbaren, rechtlich verbindlichen Verpflichtung zur Ausführung einer bestimmten sexuellen Dienstleistung, sondern lediglich dazu, dass die vereinbarte Gegenleistung geschuldet ist, wenn eine Dienstleistung auf der Grundlage einer Entgeltvereinbarung erbracht worden ist. Zusätzlich sieht § 2 des Prostitutionsgesetzes zugunsten von Prostituierten gegenüber der Entgeltforderung einen weitgehenden Einwendungsausschluss vor. Diese untypische Ausgestaltung verfolgt das Ziel, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht möglichst weitgehend zu schützen und der schuldrechtlichen Dispositionsfreiheit zu entziehen.

Die Hervorhebung dieses Grundsatzes durch Absatz 1 dient der Stärkung von Prostituierten in der Wahrnehmung ihrer Rechte.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 verweist auf das im neuen § 3 Absatz 1 des Prostitutionsgesetzes enthaltene Weisungsverbot des Arbeitgebers bezüglich Art oder Ausmaß sexueller Handlungen. Dieses nach dem Prostitutionsgesetz dienstvertragsrechtlich ausgestaltete Weisungsverbot ist hier nochmals in öffentlichrechtlicher Ausprägung als Verpflichtung der Betreiber formuliert. Zugleich sollen durch die ausdrückliche Formulierung bisher entstandene Zweifel an der Reichweite des Prostitutionsgesetzes ausgeräumt und weitere Fallgruppen erfasst werden.

So setzt § 3 des Prostitutionsgesetzes voraus, dass zwischen Prostituierter bzw. Prostituiertem und Prostitutionsgewerbebetreibenden ein Arbeitsverhältnis besteht, denn nur in diesem Rechtsrahmen kann von einem Weisungsrecht im eigentlichen Sinne gesprochen werden.

Absatz 2 zielt über diese Fälle des § 3 des Prostitutionsgesetzes hinaus auch auf solche Weisungen ab, die auf einer bloß angemaßten Weisungsbefugnis von Betreibern, deren Stellvertretern oder sonst als "verlängerter Arm" des Betreibers in Erscheinung tretenden Personen beruhen, ohne dass ein Dienstvertrag oder ein Beschäftigungsverhältnis bestünde. Da bisher nur zu einem geringen Teil Beschäftigungsverhältnisse in der Prostitution bestehen, dürfte der Fall der angemaßten Weisungsbefugnis praktisch von weitaus größerer Bedeutung sein.

Ebenso erfasst sind Vorgaben, die vorgeblich z. B. auf die Durchsetzung des Hausrechts des Betreibers zielen. Es sind also auch z. B. Vorgaben durch Hausordnungen oder ähnliches sowie verbale Einzelfallanweisungen erfasst, die dazu dienen, die "Spielregeln" des Betreibers gegenüber den Prostituierten durchzusetzen.

Alle diese unterschiedlichen Formen von Vorgaben sind nun eindeutig als unzulässig markiert, soweit sie auf Art und Weise oder Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen abzielen.

Neben den Weisungen zu Art und Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen können auch Vorgaben, die nicht explizit die Verrichtung der sexuellen Dienstleistung betreffen, rechtswidrig sein. Dies gilt insbesondere für solche Vorgaben, die eine Strafbarkeit nach § 181a Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs wegen der sog. dirigistischen Zuhälterei begründen. Die Rechtsprechung legt § 181a Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs dahingehend aus, dass eine Weisung strafbar ist, wenn sich die oder der Prostituierte den Weisungen aufgrund besonderer wirtschaftlicher oder persönlicher Abhängigkeit nicht entziehen kann. Anzeichen dafür können z. B. Beschränkungen der persönlichen Freiheit durch die Wegnahme von Personalpapieren, Ausgangsbeschränkungen oder Verstrickung in Schulden usw. sein. Prostituierte müssen aus strafrechtlicher Sicht das Recht haben, jederzeit zu kündigen bzw. die Vertragsbeziehung zum Betreiber zu beenden. Ferner müssen sie berechtigt sein, sexuelle Handlungen abzulehnen. Darüber hinaus dürfen sie keinem Direktionsrecht in der Weise unterliegen, dass sie bestimmte Kunden annehmen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2003 – 2 StR 186/03 Rn. 13, zitiert nach Juris). Zulässig ist demgegenüber eine freiwillig getroffene Vereinbarung über Ort und Zeit der Prostitutionsausübung, also ein einvernehmlich begründetes rechtlich wirksames Beschäftigungs- oder sonstiges Vertragsverhältnis, das Prostituierten eine jederzeitige Selbstbefreiung bzw. Loslösung aus dieser vertraglichen Beziehung ermöglicht (vgl. BT-Drs. 14/5958, S. 5). Weisungen, denen lediglich die für Arbeitsverhältnisse typische persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit zugrunde liegt, werden von der dirigistischen Zuhälterei aber nicht erfasst.

Ebenfalls als unzulässig gelten echte oder angemaßte Weisungen, wenn sie in ihrer Ausrichtung und Intensität einen vergleichbaren Eingriff in die geschützte Intimsphäre der Prostituierten bewirken.

So stellen Vorgaben des Betreibers, dass Prostituierte sich nur vollständig unbekleidet z. B. in einem "FKK-Club" aufhalten oder präsentieren dürfen, einen Grenzfall dar, in dem die Anweisung so sehr in den Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingreift, dass diese einer verbotenen Weisung über die Art und Weise sexueller Handlungen gleichkommt und damit unzulässig ist.

Auch ist eine solche Anweisung in entsprechender Anwendung der Maßstäbe des § 106 der Gewerbeordnung unbillig, da im Rahmen einer Abwägung zwischen dem grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 2 des Grundgesetzes und der ebenfalls grundrechtlich geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit aufgrund der Intensität des Eingriffs in die Intimsphäre der Prostituierten die Berufsfreiheit der Betreiber zurücktreten muss. Die Anweisung wirkt derart in den privaten Bereich hinein, dass sie weder mit dem Interesse des Betreibers am Erfolg des Betriebs noch mit der ausgeübten Funktion der Prostituierten gerechtfertigt werden kann.

Vorgaben, die in den Bereich sexueller Dienstleistungen hineinreichen, sind nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn sie im Betrieb ausschließlich zur Gewährleistung des Arbeits- oder Gesundheitsschutzes, aus Gründen der Sicherheit oder zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte Dritter oder sonstiger bedeutender Rechtsgüter erforderlich sind. So dürfte der Betreiber zum Beispiel sexuelle Verhaltensweisen in den sogenannten Arbeitszimmern, die mit gesteigerter Brandgefahr oder Sachschäden an der Einrichtung einhergehen, auch dann verbieten, wenn diese zwischen Prostituierten und Kunden als Teil einer sexuellen Dienstleistung verabredet würden. Ebenso dürfte er beispielsweise verbieten, dass im Kontext sexueller Dienstleistungen heimlich Videoaufnahmen von Dritten erstellt werden oder Vorgaben zur Begrenzung von Lärmbelästigungen aufstellen.

- zu Absatz 3 -

Für Vereinbarungen über die Leistungen der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes an die Personen, die in ihrem Gewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen wollen, und über die von diesen zu erbringenden Gegenleistungen wird durch Absatz 3 die schriftliche oder elektronische Form angeordnet. Die Schriftform erstreckt sich grundsätzlich auch auf Vereinbarungen zu Nebenleistungen und Nebenbestimmungen. Die schriftliche oder elektronische Form gehört zu den Grundlagen, die erforderlich sind, um einer Ausbeutung von Prostituierten durch die Betreiber wirksam vorbeugen und bei eventuellen Verstößen geeignete Maßnahmen veranlassen zu können. Korrespondierend hierzu ist vorgesehen, dass Gewerbetreibende mit dem Antrag auf Erlaubnis auch Vertragsmuster für Vereinbarungen nach Absatz 3 einzureichen haben. Der oder die Prostituierte kann verlangen, dass die schriftliche Vereinbarung unter Verwendung des Aliasnamens aus einer gültigen Aliasbescheinigung abgeschlossen wird. Hierdurch verbessern sich für Prostituierte die Möglichkeiten, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie, wenn sie im Rechtsverkehr in ihrer Tätigkeit als Prostituierte auftreten, ihre personenbezogenen Daten offenbaren wollen oder nicht.

- zu Absatz 4 -

Absatz 4 formuliert in Form einer Betreiberpflicht ein Verbot überhöhter Forderungen der Betreiber für die Vermietung von Räumen einschließlich zugehöriger Nebenleistungen, für eine Vermittlungstätigkeit oder sonstige Leistungen. Das Verbot nach Absatz 4 kommt dann zum Zuge, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Absatz 4 dient dazu, wucherähnliche Vertragskonstellationen der Betreiber gegenüber Prostituierten zu unterbinden und der Ausbeutung von Prostituierten vorzubeugen.

- zu Absatz 5 -

Der Betreiber ist verpflichtet, Prostituierten, die bei ihm tätig werden wollen oder dies bereits sind, auf deren Wunsch Einsicht in das Betriebskonzept und gegebenenfalls des jeweiligen Veranstaltungskonzepts zu geben. Auf diese Weise profitieren auch Prostituierte von der Transparenzwirkung des Betriebskonzepts und können beispielsweise die im Betriebskonzept angegebenen Arbeitskonditionen mit den realen Verhältnissen abgleichen.

- zu Absatz 6 -

Um es Prostituierten zu erleichtern, Zahlungen zu belegen, die der Betreiber von ihnen erhalten hat und umgekehrt, ist der Betreiber verpflichtet, den Prostituierten jeweils entsprechende Nachweise auszuhändigen oder in elektronischer Form zu übermitteln.

- zu Absatz 7 -

Die Vorschrift weist darauf hin, dass die Vorschriften des Prostitutionsgesetzes durch diese Vorschrift nicht berührt werden.

§ 27 Kontroll- und Hinweispflichten

(1) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes hat Personen, die in seinem Prostitutionsgewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen wollen, vor Aufnahme der Tätigkeit auf ihre Anmeldepflicht und auf das Erfordernis der regelmäßigen Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung hinzuweisen.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, sich von Personen, die in seinem Prostitutionsgewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen wollen, vor Aufnahme der Tätigkeit eine gültige Anmelde- oder Aliasbescheinigung und eine gültige Bescheinigung über die erfolgte gesundheitliche Beratung vorlegen zulassen

Erläuterungen zu § 27

- zu Absatz 1 -

Betreiber eines Prostitutionsgewerbes sind verpflichtet, Prostituierte vor Aufnahme der Tätigkeit in ihrem Gewerbe auf ihre Anmeldepflicht nach § 3 hinzuweisen. Außerdem haben sie Prostituierte darauf hinzuweisen, dass diese für die Anmeldung sowie für eine Verlängerung der Anmeldung nachweisen müssen, dass sie die nach § 10 vorgeschriebenen regelmäßigen Gesundheitsberatungen in Anspruch genommen haben. Hinweispflichten nach anderen Gesetzen bleiben unberührt. So soll z. B. die Verpflichtung nach § 2a Absatz 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes künftig auch für das Prostitutionsgewerbe gelten; Betreiber sind danach verpflichtet, die Prostituierten auf die Verpflichtung zum Mitführen eines Identitätsnachweises und zu dessen Vorlage auf Verlangen gegenüber der Zollverwaltung hinzuweisen.

- zu Absatz 2 -

Betreiber haben sich die Anmelde- oder die Aliasbescheinigung sowie einen gültigen Nachweis über die erfolgte gesundheitliche Beratung vor Aufnahme der Prostitutionstätigkeit in ihrem Gewerbe vorlegen zu lassen. Die Vorschrift dient der Durchsetzung der Anmeldepflicht sowie insbesondere der Absicherung, dass Prostituierte vor Aufnahme ihrer Tätigkeit das an die Anmeldung geknüpfte Informations- und Beratungsgespräch erhalten und eine gesundheitliche Beratung durchlaufen haben. Wenn Prostituierte statt der Anmeldebescheinigung eine gültige Aliasbescheinigung vorlegen, können sie mit dieser Gestaltungsmöglichkeit steuern, ob sie ihren wahren Namen dem Betreiber oder für ihn handelnden Personen offenbaren wollen. Nicht ausreichend ist der Nachweis einer Anmeldung, wenn deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist oder - soweit die örtliche Gültigkeit der Anmeldebescheinigung durch Landesrecht abweichend geregelt wurde - wenn die Prostitution in einer nicht auf der Anmelde- bzw. Aliasbescheinigung aufgeführten Kommune ausgeübt werden soll.

§ 28 Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

(1) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, folgende Angaben über die Prostituierten, die in seinem Prostitutionsgewerbe sexuelle Dienstleistungen erbringen, gemäß Absatz 3 aufzuzeichnen:

1. den Vor- und Nachnamen oder bei Vorlage einer gültigen Aliasbescheinigung den darin benannten Alias,
2. die aus der Anmelde- oder Aliasbescheinigung er sichtlichen Angaben zu deren Gültigkeitsdauer und zu der ausstellenden Behörde sowie die aus der Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung ersichtlichen Angaben zum Datum der Ausstellung und zu der ausstellenden Behörde und
3. die einzelnen Tätigkeitstage der Prostituierten in seinem Prostitutionsgewerbe.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, Zahlungen von Prostituierten, die im Rahmen seines Prostitutionsgewerbes sexuelle Dienstleistungen erbringen, mit der Angabe des Vor- und Nachnamens, des Datums und des Betrages gemäß Absatz 3 aufzuzeichnen. Dies gilt auch für Zahlungen des Betreibers an die Prostituierten. Bei Vorlage einer gültigen Aliasbescheinigung hat der Betreiber anstelle des Vor- und Nachnamens den Alias und die aus der Aliasbescheinigung ersichtlichen Angaben zu deren Gültigkeitsdauer und der ausstellenden Behörde aufzuzeichnen.

(3) Die Aufzeichnungen sind für jeden Tätigkeitstag am gleichen Tag vorzunehmen.

(4) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, die Aufzeichnungen den zuständigen Behörden auf deren Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind in der jeweiligen Betriebsstätte aufzubewahren. Führt der Betreiber Aufzeichnungen in Erfüllung anderer gesetzlicher Verpflichtungen, so genügen diese Aufzeichnungen den Anforderungen, wenn sie die in den Absätzen 1 und 2 geforderten Angaben enthalten und den zuständigen Behörden auf Verlangen vorgelegt werden.

(5) Aufzeichnungen, die personenbezogene Daten enthalten, sind so aufzubewahren, dass Unberechtigte keinen Zugriff haben. Personenbezogene Daten sind nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen zu löschen. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach anderen Vorschriften bleiben unberührt.

(6) Übt der Betreiber mehr als ein Prostitutionsgewerbe aus, so sind für jedes dieser Gewerbe gesonderte Aufzeichnungen zu führen.

(7) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes hat die Aufzeichnungen vom Tag der Aufzeichnung an zwei Jahre lang aufzubewahren.

Erläuterungen zu § 28

Die hier geregelten Aufzeichnungspflichten des Betreibers dienen der Sicherung der Schutzzwecke des Gesetzes; sie erleichtern die behördliche Nachschau und Überwachung und dienen dazu, die Transparenz des legalen Prostitutionsgewerbes zu verbessern und kriminelles Gebaren in Form von Schwarzarbeit, Menschenhandel, Ausbeutung zulasten von Prostituierten sowie verschiedene Formen von Vermögensdelikten zulasten von Kunden oder Prostituierten oder Delikte aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität (einschließlich Steuerhinterziehung und Unterschlagung von Sozialversicherungsbeiträgen) zu erschweren. Sie tragen damit auch zum Schutz der Prostituierten bei.

Das Konzept der Aliasbescheinigung als von Prostituierten nutzbares Instrument zur Einschränkung des Zugriffs Dritter auf ihre personenbezogenen Daten schlägt sich auch bei den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten des Betreibers nieder, denn die Betreiber sind nicht verpflichtet, Daten zur wahren Identität aufzubewahren, wenn sie stattdessen die in einer Aliasbescheinigung aufgeführten Daten dokumentieren. Sofern die Aufzeichnungen von Betreibern zu den bei ihnen tätigen Personen beispielsweise im Zuge von Strafermittlungen ausgewertet werden sollen, ist eine Rückverfolgbarkeit der wahren Identität gleichwohl gesichert, weil die ermittelnde Behörde dann anlassbezogen unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Voraussetzungen durch ein Ersuchen bei der ausstellenden Behörde die erforderlichen Auskünfte erhalten kann.

Der Betreiber hat die Aufzeichnungen so aufzubewahren, dass sie bei einer Vor-Ort- Kontrolle im Zuge behördlicher Überwachungsmaßnahmen eingesehen werden können. Soweit aus den aufzubewahrenden Unterlagen personenbezogene Daten hervorgehen, hat der Betreiber Vorkehrungen zum Schutz vor einem Zugriff durch unberechtigte Dritte zu treffen. Die aufgezeichneten Daten sind nach Aufzeichnung zwei Jahre lang aufzubewahren. Nach Ablauf der jeweiligen Aufbewahrungsdauer hat der Betreiber die personenbezogenen Daten unverzüglich zu löschen.

- Abschnitt 5 -

Überwachung


§ 29 Überwachung des Prostitutionsgewerbes

(1) Die Beauftragten der zuständigen Behörde sind befugt, zum Zwecke der Überwachung

1. Grundstücke und Geschäftsräume der betroffenen Person während der für Prostitutionsgewerbe üblichen Geschäftszeiten zu betreten,
2. dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen,
3. Einsicht in die geschäftlichen Unterlagen und Aufzeichnungen zu nehmen und
4. zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben an Orten, an denen Prostitution ausgeübt wird, jederzeit Personenkontrollen vorzunehmen.

(2) Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können die Grundstücke, Geschäftsräume und die für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume auch außerhalb der für Prostitutionsgewerbe üblichen Geschäftszeiten betreten werden. Dies gilt auch dann, wenn sie zugleich Wohnzwecken dienen. Die betroffene Person oder Dritte, die Hausrecht an den jeweiligen Räumen haben, haben die Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden; das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

Erläuterungen zu § 29

Die Vorschrift regelt die Befugnisse der Überwachungsbehörden in Anlehnung an die Vorschriften zur Auskunft und Nachschau nach § 29 der Gewerbeordnung; die Vorschrift erstreckt die Befugnisse sowohl auf Betreiber, auf zu deren Stellvertretung, Leitung oder Beaufsichtigung eingesetzte Personen als auch auf Prostituierte.

Ergänzend zu den Regelungen der Gewerbeordnung wurde in Absatz 2 ausdrücklich aufgenommen, dass die Beauftragten der zuständigen Behörde befugt sind, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz an Orten, an denen der Prostitution nachgegangen wird, auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten Personenkontrollen vorzunehmen. Eine Befugnis zur Durchführung von Personenkontrollen ist z. B. erforderlich, um die Anwesenheit Minderjähriger oder die Einhaltung von Beschäftigungsverboten zu überprüfen sowie um stichprobenartig die Plausibilität der Aufzeichnungen des Betreibers bezüglich der in seinem Betrieb tätigen Prostituierten zu prüfen. Auf dem Straßenstrich ermöglichen Personenkontrollen ebenfalls die Durchsetzung der Anmeldepflicht von Prostituierten sowie Maßnahmen, um Minderjährige von der Ausübung der Prostitution auszuschließen. Hinzu kommt die Möglichkeit der Abfrage der (dezentral gespeicherten) Anmeldedaten auf Grundlage von § 33 Absatz 5 bei der Anmeldebehörde, anhand derer die Echtheit/Richtigkeit der Anmelde- bzw. Aliasbescheinigung zusätzlich geprüft werden kann.

§ 30 Auskunftspflicht im Rahmen der Überwachung

(1) Betreiber eines Prostitutionsgewerbes, als Stellvertretung oder als Betriebsleitung eingesetzte Personen sowie Prostituierte sind verpflichtet, der zuständigen Behörde und den von ihr Beauftragten auf deren Verlangen die für die Überwachung des Geschäftsbetriebes erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte zu erteilen.

(2) Die auskunftspflichtige Person kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder eine oder einen der in § 52 der Strafprozessordnung bezeichnete n Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

Erläuterungen zu § 30

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 regelt die spiegelbildlich zu den Überwachungsbefugnissen der Behörde bestehenden Auskunftspflichten.

- zu Absatz 2 -

Eine Auskunftspflicht besteht nicht, soweit sich die auskunftspflichtige Person dadurch dem Risiko einer Strafverfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aussetzen müsste.

§ 31 Überwachung und Auskunftspflicht bei Anhaltspunkten für die Ausübung der Prostitution

(1) Die in § 29 geregelten Befugnisse stehen der zuständigen Behörde auch zu, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. ein Prostitutionsgewerbe ohne die erforderliche Erlaubnis ausgeübt wird oder
2. eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder ein Fahrzeug für die Erbringung sexueller Dienstleistungen durch eine Prostituierte oder einen Prostituierten genutzt wird.

(2) Die Vorschriften über die Auskunftspflicht nach § 30 sind entsprechend anzuwenden.

Erläuterungen zu § 31

Die Vorschrift überträgt die Überwachungsbefugnisse der Behörden und die Auskunftspflichten der betroffenen Personen auf Fallgestaltungen, in denen die Behörde Hinweise darauf hat, dass ein Prostitutionsgewerbe ohne die erforderliche Erlaubnis ausgeübt wird oder dass eine Wohnung, sonstige Räume oder ein Fahrzeug zum Zweck der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch einen oder eine Prostituierte genutzt wird. Auch in den Fällen des § 31 dienen die behördlichen Befugnisse der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und sind an diese Zwecke gebunden.

- Abschnitt 6 -

Verbote; Bußgeldvorschriften


§ 32 Kondompflicht; Werbeverbot

(1) Kunden und Kundinnen von Prostituierten sowie Prostituierte haben dafür Sorge zu tragen, dass beim Geschlechtsverkehr Kondome verwendet werden.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, auf die Kondompflicht in Prostitutionsstätten, in sonstigen regelmäßig zur Prostitution genutzten Räumen und in Prostitutionsfahrzeugen durch einen gut sichtbaren Aushang hinzuweisen.

(3) Es ist verboten, durch Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder Darstellungen Gelegenheit zu sexuellen Dienstleistungen anzubieten, anzukündigen oder anzupreisen oder Erklärungen solchen Inhaltes bekannt zu geben

1. unter Hinweis auf die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr ohne Kondom, auch wenn der Hinweis in mittelbarer oder sprachlich verdeckter Form erfolgt,
2. in einer Weise, die nach Art der Darstellung, nach Inhalt oder Umfang oder nach Art des Trägermediums und seiner Verbreitung geeignet ist, schutzbedürftige Rechtsgüter der Allgemeinheit, insbesondere den Jugendschutz, konkret zu beeinträchtigen oder
3. unter Hinweis auf die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr mit Schwangeren, auch wenn der Hinweis in mittelbarer oder sprachlich verdeckter Form erfolgt.

Dem Verbreiten steht das öffentliche Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder das sonstige öffentliche Zugänglichmachen gleich.

Erläuterungen zu § 32

- zu Absatz 1 -

Im Interesse der Prävention sexuell übertragbarer Erkrankungen und damit zum Schutz sowohl von Prostituierten als auch von deren Kunden oder Kundinnen sowie mittelbar betroffener Personen und der Allgemeinheit wird durch Absatz 1 eine Verpflichtung von Prostituierten und deren Kunden und Kundinnen zur Verwendung von Kondomen beim entgeltlichen Geschlechtsverkehr eingeführt. Unter Geschlechtsverkehr fallen neben dem vaginalen auch oraler und analer Geschlechtsverkehr.

Der Begriff des Kondoms impliziert die Anwendung am Körper des Mannes und zielt in erster Linie auf ein verantwortungsbewusstes Verhalten des Mannes ab; männliche Kunden und männliche Prostituierte sind folglich beim Geschlechtsverkehr im Rahmen der Kundenbeziehung stets verpflichtet, ein Kondom zu verwenden. Weibliche Prostituierte und Kundinnen sind ebenfalls Adressatinnen der Norm; sie sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass beim Geschlechtsverkehr ein Kondom am Körper des männlichen Prostituierten oder Kunden zum Einsatz kommt. Daher sind auch sie als Verpflichtete des Kondomgebots aufgeführt.

Aus Sicht von Prostituierten bildet die Vorschrift eine Berufsausübungsregel, die jedoch – wie auch schon die bereits in zwei Bundesländern bestehenden landesrechtlichen Vorschriften – zum Schutz der genannten Rechtsgüter gerechtfertigt ist.

Mit der Vorschrift werden vor allem Prostituierte gegenüber Kunden, Betreibern und Personen ihres Umfeldes darin bestärkt, zum eigenen Schutz auf der Verwendung infektionsschützender Sexualpraktiken zu bestehen und sich anderslautenden Kundenwünschen zu widersetzen, indem sie auf das Verbot verweisen. Die Vorschrift knüpft damit für ihre Implementierung am eigenen Schutzinteresse der Prostituierten an. Verstöße gegen die Kondompflicht sind daher für Prostituierte nach diesem Gesetz nicht bußgeldbewehrt, jedoch für Kunden und Kundinnen. Für die von mancher Seite geäußerte Befürchtung, die Kondompflicht solle durch Einsatz von "Scheinfreiern" gegenüber Prostituierten mit Ordnungsmitteln durchgesetzt werden, ist damit kein Raum.

Die Verwendung von Kondomen ist das effektivste und einfachste Mittel, um das Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten zu senken. Gleichwohl sind für Prostituierte (und deren Kunden und Kundinnen) auch darüberhinausgehende Kenntnisse über die Verwendung infektionsschützender Sexualpraktiken sinnvoll, denn allein durch eine Kondomverwendung beim Geschlechtsverkehr können einige Risiken sexuell übertragbarer Erkrankungen nicht sicher ausgeschlossen werden. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, zugleich den Zugang zu entsprechender zielgruppengerechter Beratung für Prostituierte zu erleichtern. Hierzu tragen u. a. entsprechende Informationen im Kontext der Anmeldung und der verpflichtenden Gesundheitsberatung nach § 10 sowie die Verpflichtung der Betreiber nach § 24 Absatz 3 bei, entsprechenden Beratungsangeboten Zugang zu ihrer Prostitutionsstätte zu gewähren.

- zu Absatz 2 -

Die in Absatz 2 vorgesehene Aushangpflicht dient dazu, die Einhaltung der Kondompflicht zusätzlich zu sichern. Nach § 24 Absatz 2 sind Betreiber verpflichtet, auf die Einhaltung der Kondompflicht hinzuwirken.

- zu Absatz 3 -

zu Nummer 1

Die mit der Kondompflicht verfolgte Präventionswirkung lässt sich nur erzielen, wenn sich bei weiblichen und männlichen Prostituierten eine möglichst durchgängige Verwendung von Kondomen etabliert. Allerdings ist es derzeit für viele Prostituierte auch in den Bundesländern, in denen bereits eine Kondompflicht besteht, schwierig, gegenüber ihren Kunden auf einer Kondomverwendung zu bestehen, insbesondere wenn die Kunden durch die Verbreitung offener oder verklausulierter Werbung den Eindruck gewinnen, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr ein "ganz normales" und leicht aufzufindendes Angebot sei.

Zur Sicherung der Kondompflicht wird daher als selbständige Vorschrift ein explizites Werbeverbot eingeführt. Das Verbot erstreckt sich neben der expliziten Werbung für vaginalen, oralen und analen Geschlechtsverkehr "ohne Kondom" auch auf szenetypische Abkürzungen wie beispielsweise "AO", "FO" oder sprachliche Umschreibungen wie z. B. "naturgeil", "tabulos".

Die Vorschrift schränkt auf Seiten der Prostituierten die Möglichkeit ein, im Wettbewerb Vorteile aus der Bereitschaft zu riskantem – und nach Absatz 1 verbotenem - Sexualverhalten zu ziehen. Sie reduziert den von der Nachfrageseite ausgehenden Druck zum Verzicht auf Kondome und dient damit zugleich der Stärkung von Prostituierten, die zum eigenen Schutz an der Kondomverwendung festhalten wollen.

Nummer 1 verfolgt dabei ein anderes Ziel als Nummer 2, wonach in erster Linie auf einen Schutz der Jugend und der Allgemeinheit vor unerbetener Konfrontation mit sexualisierten Inhalten abgezielt wird. Zwar kann seit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes nicht mehr jede Form der Werbung für Prostitution als verboten angesehen und als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden, es muss jedoch grundsätzlich weiterhin möglich sein, aggressiven und ausufernden Formen der Werbung für sexuelle Dienstleistungen entgegenzutreten. Dies soll durch die Regelung in Nummer 2 sichergestellt werden.

zu Nummer 2

Nummer 2 umfasst das bisher in § 120 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten normierte generelle Verbot, durch die dort genannten Medien für eine Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen zu werben oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntzugeben. Durch die Formulierung in Nummer 2 wird der Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 120 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten Rechnung getragen.

Werbung oder Bekanntgabe sind insbesondere dann nach Nummer 2 verboten, wenn sie geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden. Nach den Urteilen des 1. Zivilsenats des BGH vom 13. Juli 2006 – I ZR 241/03 und I ZR 65/05 – ist aufgrund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 am 1. Januar 2002 sowie dem gewandelten Verständnis in der Bevölkerung an einem generellen Verbot jeder Werbung für entgeltliche sexuelle Handlungen nach § 120 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten nicht mehr festzuhalten. Das Werbeverbot für Prostitution soll auf Fälle beschränkt werden, in denen durch die Werbung eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit, vor allem derjenigen von Kindern und Jugendlichen vor den mit der Prostitution generell verbundenen Gefahren und Belästigungen eintritt. Die Werbung muss nach Aufmachung, Inhalt oder Umfang nicht in der gebotenen zurückhaltenden Form erfolgen oder nach der Art des Werbeträgers und seiner Verbreitung geeignet sein, die schutzbedürftigen Rechtsgüter zu gefährden. Auf die Eignung der Werbung im Sinne des § 119 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, andere zu belästigen, oder ihre Äußerung in grob anstößiger Form soll es nicht ankommen. Die Novellierung des Prostitutionsrechts gibt Gelegenheit, den Umfang des Werbeverbots für Prostitution, insbesondere im Interesse des Jugendschutzes, klarzustellen.

§ 33 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

1. entgegen § 3 Absatz 1 eine dort genannte Tätigkeit nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anmeldet,
2. einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 1, 2 oder 3 zuwiderhandelt oder
3. entgegen § 32 Absatz 1 als Kunde oder Kundin nicht dafür Sorge trägt, dass ein Kondom verwendet wird.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. ohne Erlaubnis nach § 12 Absatz 1 Satz 1 oder § 13 Absatz 1 ein Prostitutionsgewerbe betreibt,
2. einer vollziehbaren Auflage nach § 17 Absatz 1 oder 2 zuwiderhandelt,
3. einer vollziehbaren Anordnung nach § 17 Absatz 3, § 20 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5, § 21 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 oder § 25 Absatz 3 Satz 1 zuwider- handelt,
4. entgegen § 18 Absatz 5 nicht dafür Sorge trägt, dass eine in § 18 Absatz 2 genannte Anforderung eingehalten wird,
5. entgegen § 19 Absatz 6 nicht dafür Sorge trägt, dass eine in § 19 Absatz 2 bis 4 genannte Anforderung eingehalten wird,
6. entgegen § 20 Absatz 1 Satz 1 oder § 21 Absatz 1 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,
7. entgegen § 25 Absatz 1 eine dort genannte Person in seinem Prostitutionsgewerbe tätig werden lässt,
8. entgegen

a) § 27 Absatz 1 oder
b) § 32 Absatz 2 einen Hinweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gibt,

9. entgegen § 27 Absatz 2 sich ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegen lässt,
10. entgegen § 28 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig fertigt,
11. entgegen § 28 Absatz 4 Satz 1 eine Aufzeichnung nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,
12. entgegen § 28 Absatz 4 Satz 2, Absatz 6 oder Absatz 7 eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt,
13. entgegen § 30 Absatz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder
14. entgegen § 32 Absatz 3 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine sexuelle Dienstleistung anbietet, ankündigt oder anpreist oder eine dort genannte Erklärung bekannt gibt.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 bis 5, 7, 8 Buchstabe b und Nummer 14 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 8 Buchstabe a und Nummer 9 bis 12 mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu eintausend Euro geahndet werden.

Erläuterungen zu § 33

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 belegt u. a. Verstöße von Prostituierten gegen Pflichten nach diesem Gesetz mit einem Bußgeld. Die Sanktionierung von Pflicht verstößen ist grundsätzlich erforderlich, um auf die Einhaltung der wesentlichen Pflichten der Anmeldung und gesundheitlichen Beratung gegenüber Prostituierten wirksam hinzuwirken und ein Bewusstsein für die Bedeutung dieser Schutzmaßnahmen zu schaffen.

zu Nummer 1

Nummer 1 dient dazu, die Einhaltung der Anmeldepflicht gegenüber Prostituierten durchzusetzen. Verstöße von Prostituierten gegen die Anmeldepflicht sollten grundsätzlich in einem gestuften Sanktionsverfahren geahndet werden. Prostituierte, die sich in einer Not- oder Zwangslage befinden oder deren widrige Lebensverhältnisse zur Ausübung beziehungsweise Fortsetzung der Prostitution führen, sollen durch dieses Gesetz in erster Linie rechtlich verankerten Schutz und Unterstützung erfahren. Damit soll ein Drängen von Prostituierten in die Illegalität und letztlich ein Verlust der Schutzmöglichkeit vermieden werden. Das auf Schutz, Prävention und Beratung ausgerichtete Gesetz ermöglicht ein gestuftes Verfahren. Das Unterlassen der Anmeldung soll nach den Grundsätzen des Ordnungswidrigkeitenrechts zunächst mit der Erteilung einer Verwarnung geahndet werden, insbesondere wenn es sich um einen Erstverstoß handelt. Dadurch wird zwar eine abschreckende Wirkung erreicht, die aber zugleich den möglichen Gründen für ein Unterlassen der Anmeldung angemessen Rechnung trägt. Der Behörde verbleibt dabei weiterhin nach Ordnungswidrigkeitenrecht ein weiter Ermessensspielraum.

zu Nummer 2

Nummer 2 knüpft an das Zuwiderhandeln gegen eine Anordnung an, die die Behörde gegenüber der Prostituierten nach § 11 Absatz 3 festgesetzt hat, und belegt den Pflichtverstoß mit einem Bußgeld.

zu Nummer 3

Eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer als Kunde oder Kundin den Geschlechtsverkehr ohne Kondom ausübt. Kunden und Kundinnen können auch dann wegen eines Verstoßes gegen die Kondompflicht belangt werden, wenn nach der jeweiligen Art der Sexualpraktik das Kondom nicht am eigenen Körper, sondern am Körper des Prostituierten zum Einsatz kommen müsste.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 regelt Verstöße von Betreibern, die wegen ihres Gewichts sowohl bei fahrlässiger als auch bei vorsätzlicher Begehung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

zu Nummer 1

Eine Ordnungswidrigkeit nach Nummer 1 begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Prostitutionsgewerbe ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis betreibt oder wer vorsätzlich oder fahrlässig sein Prostitutionsgewerbe ohne die erforderliche Stellvertretererlaubnis durch einen Stellvertreter betreibt.

zu Nummer 2

Nummer 2 betrifft Fälle der Zuwiderhandlung gegen vollziehbare Auflagen, die die zuständige Behörde dem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes nach § 17 Absatz 1 für den Betrieb seines Prostitutionsgewerbes erteilt hat.

zu Nummer 3

Nummer 3 betrifft Fälle der Zuwiderhandlung gegen vollziehbare Anordnungen, die die zuständige Behörde dem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes nach § 17 Absatz 3, § 20 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 oder Absatz 5 Satz 1, § 21 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 oder Ab- satz 5 Satz 1 oder nach § 25 Absatz 3 Satz 1 erteilt hat.

zu Nummer 4

Nummer 4 betrifft den Fall des Verstoßes gegen die Einhaltung der in § 18 Absatz 2 bis 4 genannten Mindestanforderungen an zum Prostitutionsgewerbe genutzte Anlagen.

zu Nummer 5

Nummer 5 betrifft den Fall des Verstoßes gegen die Einhaltung der für Prostitutionsfahrzeuge festgelegten Mindestanforderungen nach § 19.

zu Nummer 6

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig bei der örtlich zuständigen Behörde die Aufstellung eines Prostitutionsfahrzeugs oder die Durchführung einer geplanten Prostitutionsveranstaltung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig anzeigt.

zu Nummer 7

Nummer 7 bewehrt Verstöße gegen die in § 25 Absatz 1 normierte Pflicht des Betreibers, bestimmte Personen nicht in seinem Gewerbe tätig werden zu lassen, mit einem Bußgeld.

zu Nummer 8

Nummer 8 betrifft den Fall, dass der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes Personen, die bei ihm tätig werden wollen, nicht ordnungsgemäß auf ihre Anmeldepflicht sowie auf die Pflicht zur Wahrnehmung gesundheitlicher Beratung nach § 10 hinweist. Gleiches gilt, wenn der Betreiber gegen die Pflicht verstößt, nach § 32 Absatz 1 auf die Kondompflicht durch gut sichtbaren Aushang hinzuweisen.

zu Nummer 9

Wer entgegen § 27 Absatz 2 als Betreiber eines Prostitutionsgewerbes Personen ohne die erforderliche Anmelde- oder Aliasbescheinigung bei sich tätig werden lässt, kann mit einem Bußgeld belegt werden.

zu Nummer 10

Nummer 10 betrifft verschiedene Fälle des Verstoßes gegen Aufzeichnungspflichten des Betreibers nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1.

zu Nummer 11

Nummer 11 erfasst Fälle, in denen der Betreiber gegen die Vorlagepflicht nach § 28 Absatz 4 verstößt.

zu Nummer 12

Nummer 12 erfasst Fälle, in denen der Betreiber gegen die Aufbewahrungspflicht nach § 28 Absatz 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 1 und 7 verstößt.

zu Nummer 13

Nummer 13 regelt Fälle, in denen der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes gegenüber den Behörden im Rahmen der Überwachung seines Betriebs nach § 30 Absatz 1 gegen seine Auskunftspflicht verstößt.

zu Nummer 14

Nach Nummer 14 ist der Fall, dass entgegen § 32 Absatz 3 sexuelle Dienstleistungen unter Hinweis auf die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr ohne Kondom oder in einer den Jugendschutz oder den Schutz der Allgemeinheit konkret beeinträchtigenden Weise in den dort genannten Formen angeboten, angekündigt, angepriesen oder bekanntgegeben werden, bußgeldbewehrt.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 regelt die jeweiligen Bußgeldrahmen bei Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 oder Absatz 2 und orientiert sich bei den gesetzlichen Höchstwerten an den Rechtsgütern, die mit den verletzten Vorschriften geschützt werden sollen. Aufgrund der immensen Bedeutung, die dem Rechtsgut der Gesundheit und damit des Schutzes von Körper und Leben zukommt, können Verstöße gegen die Kondompflicht mit sehr hohen Bußgeldern belegt werden. Absatz 1 Nummer 1 und 2 ahnden hingegen nur Verstöße gegen solche Pflichten von Prostituierten, die ihrem eigenen Schutz dienen, ohne dass es beispielsweise durch das Unterlassen der Anmeldung zu einer Gefährdung für Dritte kommen würde. Daher reichen hier geringere Bußgelder aus. Bei Verstößen von Betreibern gegen nach diesem Gesetz bestehende Pflichten erfolgt eine Differenzierung anhand der betroffenen Rechtsgüter sowie der Auswirkungen eines Verstoßes auf Rechtsgüter Dritter, so dass Verstöße gegen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten grundsätzlich mit geringeren Bußgeldern einhergehen als Verstöße gegen die Einhaltung von Mindestanforderungen an Prostitutionsbetriebe, da diese regelmäßig auch immanente Rechtsgüter Dritter, wie z. B. die Gesundheit, gefährden.

Über die Anwendbarkeit des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt bei der konkreten Festlegung der Bußgeldhöhe durch die zuständige Behörde der Grundsatz der Gewinnabschöpfung gemäß § 17 Absatz 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. Danach soll die Geldbuße jedenfalls den wirtschaftlichen Vorteil, der aus dem Pflichtverstoß gezogen wurde, übersteigen und damit ein spürbares Übel für den Täter darstellen. Sollte das in diesem Gesetz festgelegte gesetzliche Höchstmaß hierfür im Einzelfall nicht ausreichen, so kann es überschritten werden.

Das Unterlassen der Anmeldung gilt nach Absatz 1 Nummer 1 als Ordnungswidrigkeit und kann als solche mit einem Bußgeld belegt werden. Die Behörde soll jedoch nach Möglichkeit zunächst von dem in § 56 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten geregelten Instrument der Verwarnung Gebrauch machen.

§ 33a Einziehung

(1) Gegenstände, auf die sich eine Ordnungswidrig keit nach § 33 Absatz 2 Nummer 14 bezieht, können eingezogen werden.

(2) § 123 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungs widrigkeiten findet entsprechende Anwendung.

- Abschnitt 7 -

Personenbezogene Daten; Bundesstatistik


§ 34 Erhebung, Verarbeitung und Nutzung; Datenschutz

(1) Die zuständige Behörde darf personenbezogene Daten von Prostituierten, von Betreibern eines Prostitutionsgewerbes sowie von solchen Personen, auf die es für die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis ankommt, erheben, verarbeiten und nutzen, soweit die Daten für die Durchführung dieses Gesetzes, insbesondere zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, erforderlich sind. § 11 der Gewerbeordnung ist entsprechend anzuwenden auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes und der Personen, auf die es für die Erteilung der Erlaubnis ankommt.

(2) Nach diesem Gesetz erhobene personenbezogene Daten dürfen nur für die Überwachung der Ausübung eines Prostitutionsgewerbes oder einer Prostitutionstätigkeit verwendet werden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(3) Die im Zusammenhang mit der Anmeldung erhobenen personenbezogenen Daten von Prostituierten sowie die Art der durch die Prostituierten angezeigte Tätigkeit dürfen auch innerhalb der zuständigen Behörden nur weitergegeben werden, soweit dies für die Erfüllung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Zwecke erforderlich ist. Die Anmeldedaten sind spätestens drei Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung zu löschen, sofern kein Fall des § 9 Absatz 2 vorliegt oder eine Anordnung nach § 11 Absatz 3 ergangen ist. Die Empfänger personenbezogener Daten sind über die Löschung unverzüglich zu informieren und auf ihre Pflicht zur Löschung hinzuweisen.

(4) Personenbezogene Daten von Prostituierten dürfen nicht an nichtöffentliche Stellen weitergegeben werden. Die Zulässigkeit der Übermittlung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten von Prostituierten in anonymisierter oder pseudonymisierter Form zum Zwecke der Forschung und Statistik richtet sich nach den einschlägigen Gesetzen des Bundes und der Länder.

(5) Öffentlichen Stellen dürfen der Zweckbindung nach Absatz 2 unterliegende personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit

1. die Kenntnis der Daten für Maßnahmen nach § 7 oder nach § 9 Absatz 2 erforderlich ist,
2. die Kenntnis der Daten zur Abwehr einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl erforderlich ist oder
3. die Kenntnis der Daten zur Erfüllung der Aufgaben nach Abschnitt 2 oder Abschnitt 5 erforderlich ist.

Für die Weitergabe von Daten innerhalb der zuständigen öffentlichen Stellen gelten die Übermittlungsregelungen nach Satz 1 entsprechend. Unter den Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 1 ist eine Übermittlung auch zulässig an nichtöffentliche Stellen, soweit diese durch Landesrecht mit der Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Gesetz betraut worden sind. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verarbeiten oder nutzen, zu dem sie ihm übermittelt werden oder übermittelt werden dürften.

(6) Die zuständige Behörde übermittelt die Daten aus der Anmeldung an die an den angemeldeten Tätigkeitsorten der oder des Prostituierten für Aufgaben nach Abschnitt 2 oder Abschnitt 5 zuständigen Behörden.

(7) Im Rahmen der gesundheitlichen Beratung dürfen personenbezogene Daten von Prostituierten nur für Zwecke der Beratung erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Sie dürfen nur mit Einwilligung der oder des Prostituierten nach Maßgabe der datenschutzrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Landes an eine andere Stelle übermittelt werden.

(8) Die zuständige Behörde hat das nach § 19 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzamt unverzüglich, möglichst auf elektronischem Wege, von dem Inhalt der Anmeldung nach § 3 unter zusätzlicher Mitteilung der Daten nach § 4 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie über die erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes nach § 12 unter Mitteilung der Daten nach § 12 Absatz 5 Nummer 3 zu unterrichten. § 138 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(9) Übermittlungen der nach diesem Gesetz erhobenen personenbezogenen Daten sind im Übrigen nur zulässig, soweit die Kenntnis der Daten zur Verfolgung von Straftaten oder von Ordnungswidrigkeiten wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz erforderlich ist oder eine besondere Rechtsvorschrift dies vorsieht.

Erläuterungen zu § 34

§ 34 enthält die bei der Ausführung dieses Gesetzes im Interesse des Datenschutzes einzuhaltenden Regelungen für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten. Dabei sind für die Daten Prostitutionsgewerbetreibender neben den Vorschriften dieses Gesetzes auch die Datenerhebungs-, Datennutzungs- und Datenübermittlungsregelungen der §§ 11, 14 der Gewerbeordnung maßgeblich, denn anders als Prostituierte unterliegen Prostitutionsgewerbetreibende der Anzeigepflicht nach § 14 der Gewerbeordnung. Für Betreiber eines Prostitutionsgewerbes waren daher besondere Vorschriften in diesem Gesetz in erster Linie dazu erforderlich, um die Verarbeitung und Übermittlung von Daten im Zusammenhang mit der Implementierung und Überwachung der Erlaubnispflicht zu regeln.

Eine besonders sensible Ausgestaltung ist für den Umgang mit personenbezogenen Daten von Prostituierten, die insbesondere im Kontext der Anmeldung sowie – in geringerem Ausmaß – auch im Kontext der gesundheitlichen Beratung anfallen, vorgesehen.

Für die Ausgestaltung angemessener Datenschutzregeln für diese personenbezogenen Daten ist zunächst die Frage nach dem anzuwendenden datenschutzrechtlichen Standard von Bedeutung. Da es sich um Daten aus einer auf die berufliche Tätigkeit bezogenen Anmeldepflicht handelt, könnten diese zunächst bei oberflächlicher Betrachtung den gleichen Standards unterliegen wie beispielsweise Daten aus einer Gewerbeanzeige, denn es gehört zum Wesen jeder legalen gewerblichen Tätigkeit, dass diese bekannt wird. So sind auch Prostituierte darauf angewiesen, durch Werbung für ihr Angebot für Kunden auffindbar zu sein. Auch reklamieren einige Vertreterinnen von Prostituiertenselbstorganisationen für sich, sie seien Gewerbetreibende wie alle anderen, sie wollten deshalb mit gleichen Rechten und Pflichten wie andere Gewerbetreibende versehen und keinen besonderen branchenspezifischen Regelungen unterstellt werden.

Diese Betrachtung greift indes als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Datenschutzstandards zu kurz, weil zu berücksichtigen ist, dass Personen, die sich in diesem Bereich betätigen, auch weiterhin in ihrem Alltagsleben zahlreichen diskriminierenden Erfahrungen ausgesetzt sind, so dass Prostitution keineswegs in jeder Hinsicht ein "Beruf wie jeder andere" ist. Insofern besteht ein besonderes schützenswertes Interesse der Betroffenen, die Offenbarung ihrer Tätigkeit selbst steuern zu können.

Wenn Prostituierte einer Anmeldepflicht bei einer Behörde unterliegen, so ist damit verbunden, dass die Behörde Kenntnis darüber erlangt, dass die betroffene Person sexuelle Dienstleistungen erbringt, also gegen Entgelt und vergleichsweise häufig sexuell aktiv ist. Dies könnte dafür sprechen, dass die Behörde damit Angaben über das Sexualleben der Betroffenen erhebt. Aus Sicht des Datenschutzes sind Personen, die – obwohl sie unter Umständen lieber anonym blieben – zu Angaben über ihr (berufliches) Sexualleben gezwungen sind, nicht weniger schutzbedürftig, als wenn es sich um eine nicht berufliche Tätigkeit handelt. Es liegt in der Natur des Sexuallebens, dass es – unabhängig von der Intention – einen sehr intimen Bereich des Persönlichkeitsrechts betrifft. Dabei ist es letztlich unerheblich, dass die Angaben über das Sexualleben die berufliche Tätigkeit der betroffenen Prostituierten betreffen.

Es erscheint daher gerechtfertigt, auf die personenbezogenen Daten von Prostituierten die Maßstäbe für die Verarbeitung besonderer (sensibler) personenbezogener Daten anzuwenden.

Sowohl das europäische (Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 95/46/EG) als auch in dessen Umsetzung das nationale Datenschutzrecht (Bundesdatenschutzgesetz – BDSG) normieren ein grundsätzliches Verbot der Verarbeitung besonderer (sensibler) personenbezogener Daten. § 13 des Bundesdatenschutzgesetzes zählt die Fälle enumerativ auf, in denen das Erheben besonderer Arten personenbezogener Daten zulässig ist. Dies ist nach § 13 Absatz 2 Nummer 1 des Bundesdatenschutzgesetzes unter anderem der Fall, soweit eine Rechtsvorschrift dies vorsieht. Nach § 3 Absatz 9 des Bundesdatenschutzgesetzes sind unter anderem Angaben über das Sexualleben eine besondere Art personenbezogener Daten. Eine Definition des Sexuallebens enthält weder das nationale noch das europäische Recht. Insbesondere macht es keine Aussage dazu, ob auch die Information über das berufliche Anbieten sexueller Tätigkeiten zu den datenschutzrechtlich besonders schutzwürdigen Angaben über das Sexualleben gehört. Es muss daher Sinn und Zweck der datenschutzrechtlichen Regelung bei der Auslegung herangezogen werden.

Unterstellt man sicherheitshalber, dass es bei der Anmeldung im europarechtlichen Sinne um die Angabe sensibler Daten geht, die von den Betroffenen offenbart werden müssen, ist eine Rechtsvorschrift erforderlich, die im Einklang mit Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 95/46/EG stehen muss. Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten "vorbehaltlich angemessener Garantien aus Gründen eines wichtigen öffentlichen Interesses" im Wege einer nationalen Rechtsvorschrift Ausnahmen vom Verbot des Absatzes 1 vorsehen. Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 95/46/EG erlaubt die Einführung zusätzlicher Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten. Voraussetzung für eine solche Ausnahme ist, dass sie einem wichtigen öffentlichen Interesse dient, in einer nationalen Rechtsvorschrift vorgesehen ist und angemessene Garantien zum Schutz der Rechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht. Mit dieser Vorschrift macht das deutsche Recht von dieser Möglichkeit Gebrauch. Ein wichtiges öffentliches Interesse besteht vorliegend in den mit dem Prostituiertenschutzgesetz verfolgten Zielen der Regulierung des Prostitutionsgewerbes durch Schaffung ordnungsrechtlicher Überwachungsinstrumentarien und der Verdrängung gefährlicher, sozial unverträglicher oder krimineller Auswüchse der Prostitution. Zugleich dient die Anmeldung wie auch die gesundheitliche Beratung dem Schutz der in der Prostitution tätigen Personen. Diese Ziele lassen sich ohne eine namentliche Anmeldung der Prostituierten und ohne eine eindeutige Zuordnung der Gesundheitsberatungsnachweise zu einer bestimmten Person nicht erreichen; insbesondere kann die anonyme Bereitstellung von Beratungs- und Untersuchungsangeboten nicht die erhofften Regelungserfolge erreichen.

Das Gesetz sieht zudem umfangreiche Vorkehrungen vor, um die belastenden Eingriffe so gering wie möglich zu halten, und um die Grundrechte und die Privatsphäre der Betroffenen zu garantieren.

Ein wesentliches Element, mit dem die Weiterverbreitung der offenbarten Daten eingeschränkt und zum Teil in die Eigenverantwortung der Betroffenen gegeben wird, ist die vorgesehene Aliasbescheinigung, durch die eine angemeldete Person eigentlich nur einmal, nämlich gegenüber der Anmeldebehörde, ihren wahren Namen, ihr Alter und ihre Adresse offenbaren und mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen in Verbindung bringen muss; für alle Folgeakte kann durchgängig auf die Legitimationswirkung der Aliasbescheinigung aufgebaut werden.

Ein weiteres Element sind die Verpflichtungen der datenerhebenden und datenverarbeitenden Stellen zur zeitnahen Löschung der Daten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Anmeldung, sowie die für die Betreiber normierten Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Aufbewahrung der bei ihnen anfallenden personenbezogenen Daten. Schließlich sieht § 34 auch eine auf die allernotwendigsten Konstellationen beschränkte Ausgestaltung der Befugnisse zur Datenübermittlung vor.

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 enthält die Grundbefugnis für das Erheben, Verarbeiten und Nutzen der personenbezogenen Daten, für die es zur Ausführung dieses Gesetzes ankommt. Für Prostitutionsgewerbetreibende wird zusätzlich auf die einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung verwiesen.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 führt eine enge Zweckbindung der Daten ein.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 formuliert die Voraussetzungen für die behördeninterne Bekanntgabe der Daten aus der Anmeldung und trifft Vorschriften für deren fristgebundene Löschung.

- zu Absatz 4 -

Absatz 4 grenzt die Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen auf Fälle der anonymisierten oder pseudonymisierten Weitergabe zu Forschungs- und Statistikzwecken ein.

- zu Absatz 5 -

Die Übermittlung an öffentliche Stellen ist auf Fallkonstellationen beschränkt, in denen sie für die Erfüllung der Aufgaben unerlässlich ist; sie ist nämlich nur dann vorgesehen, wenn die Kenntnis der Daten für Maßnahmen nach §§ 7 und 9 Absatz 2 erforderlich ist, wenn die Kenntnis der Daten zur Abwehr einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl erforderlich ist, oder wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben nach Abschnitt 2 oder Abschnitt 5 dieses Gesetzes erforderlich ist.

- zu Absatz 6 -

Absatz 6 sieht eine regelmäßige Datenübermittlung nur an die zuständigen Behörden derjenigen Tätigkeitsorte vor, die von der bzw. dem Prostituierten bei der Anmeldung angegeben wurden. Auf einen umfangreichen Katalog an regelmäßigen Datenübermittlungen, wie beispielsweise in § 14 Absatz 8 der Gewerbeordnung vorgesehen, wurde verzichtet, dies ist auch nicht erforderlich. Soweit einzelne öffentliche Stellen Daten von Prostituierten überhaupt für ihre Aufgabenerfüllung brauchen – beispielsweise im Kontext von Strafermittlungsverfahren wegen Vorenthaltens der Sozialversicherungsbeiträge durch die Betreiber oder wegen Schwarzarbeit - können sie die notwendigen Daten, soweit sie konkret erforderlich sind, einzelfallbezogen unter den Voraussetzungen des Absatzes 5 oder des Absatzes 9 anfordern.

- zu Absatz 7 -

Für die bei der gesundheitlichen Beratung nach § 10 anfallenden Daten von Prostituierten ist angesichts der besonders hohen Sensibilität gesundheitsbezogener Daten eine besonders strenge Zweckbindung vorgesehen: sie dürfen nur für Zwecke der Beratung verarbeitet werden, ansonsten dürfen sie nur mit Einwilligung der Prostituierten nach Maßgabe der datenschutzrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Landes an eine andere Stelle übermittelt werden.

- zu Absatz 8 -

Die zuständige Behörde hat das nach § 19 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzamt unverzüglich, möglichst auf elektronischem Wege, von der Anmeldung nach § 3 unter Mitteilung der Daten nach § 4 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 4 sowie über die erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes nach § 12 unter Mitteilung der Daten nach § 12 Absatz 5 Nummer 3 zu unterrichten. Diese Regelung dient einer gleichmäßigen Besteuerung. Satz 2 entspricht § 14 Absatz 8 Satz 3 der Gewerbeordnung und hat wie dieser klarstellende Funktion.

- zu Absatz 9 -

Absatz 9 bestimmt, dass über die oben genannten Fälle hinaus Übermittlungen der nach diesem Gesetz erhobenen personenbezogenen Daten an öffentliche Stellen nur zulässig sind, soweit die Kenntnis der Daten zur Verfolgung von Straftaten oder von Ordnungswidrigkeiten wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz erforderlich ist oder eine besondere Rechtsvorschrift dies vorsieht.

§ 35 Bundesstatistik

(1) Für Zwecke dieses Gesetzes werden jährlich über folgende Sachverhalte Erhebungen als Bundesstatistik durchgeführt:

1. Erteilung einer Anmeldebescheinigung,
2. Ablehnung der Erteilung einer Anmeldebescheinigung,
3. Verlängerung einer Anmeldebescheinigung,
4. Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes,
5. Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes,
6. Versagung der Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes,
7. Anzeige einer Prostitutionsveranstaltung,
8. Anzeige der Aufstellung eines Prostitutionsfahrzeugs,
9. Untersagung der Aufstellung eines Prostitutionsfahrzeugs und
10. Rücknahme und Widerruf einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes.

(2) Für die Erhebung besteht Auskunftspflicht. Auskunftspflichtig sind die für die Wahrnehmung der in Absatz 1 genannten Sachverhalte zuständigen Behörden.

(3) Die zuständige Behörde darf personenbezogene Angaben nur in anonymisierter Form an die statistischen Ämter der Länder übermitteln.

(4) Für die Zwecke dieser Bundesstatistik dürfen personenbezogene Daten nur in anonymisierter Form verarbeitet und genutzt werden.

Erläuterungen zu § 35

Das Fehlen von Daten und statistischen Erkenntnissen zur legalen Prostitution in ihren unterschiedlichen Ausprägungen und zur Zahl der in diesem Bereich tätigen Personen spielt in der fachlichen Diskussion der letzten Jahre eine große Rolle. Es ist zu erwarten, dass eine Bundesstatistik unter anderem einen wesentlichen Beitrag zu einer weiteren Versachlichung der Diskussion leisten kann. Verlässliche Daten können auch dazu beizutragen, die notwendigen Unterstützungsangebote sachgerecht zu dimensionieren und zu planen. Die Vorschrift enthält die gesetzliche Grundlage zur Einführung einer Bundesstatistik; eine Ermächtigungsgrundlage für die weitere Konkretisierung durch Rechtsverordnung ist in § 36 Absatz 3 vorgesehen.

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 regelt, dass über die in den Nummern 1 bis 10 genannten Sachverhalte Erhebungen als Bundesstatistik geführt werden.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 regelt die Auskunftspflicht der zuständigen Behörde zur Erhebung der für die Führung der Bundesstatistik erforderlichen Daten. Insofern sind die zuständigen Behörden gegenüber den statistischen Ämtern der Länder auskunftspflichtig.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 stellt klar, dass die zuständige Behörde personenbezogene Daten nur in anonymisierter Form an die statistischen Ämter der Länder übermitteln darf.

- zu Absatz 4 -

Absatz 4 stellt klar, dass personenbezogene Daten, die zum Zwecke der Bundesstatistik erforderlich sind, nur in anonymisierter Form verarbeitet und genutzt werden dürfen.

- Abschnitt 8 -

Sonstige Bestimmungen


§ 36 Verordnungsermächtigung

(1) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnungen nähere Vorschriften erlassen

1. zur näheren Bestimmung der nach § 18 Absatz 1 und 2 erforderlichen Mindestanforderungen an Prostitutionsstätten und für Prostitutionsveranstaltungen genutzte Betriebsstätten,
2. zur näheren Bestimmung der Mindestanforderungen an Prostitutionsfahrzeuge nach § 19 Absatz 1 bis 3 oder
3. zur näheren Bestimmung der nach § 24 für den Betrieb von Prostitutionsgewerben geltenden Anforderungen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Prostituierten und Dritten.

(2) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnungen nähere Vorschriften erlassen

1. zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Anmeldepflicht einschließlich der Verwendung von Vordrucken zur Anmeldung einer Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter,
2. zur Ausgestaltung der Anmeldebescheinigung und Aliasbescheinigung nach § 6 Absatz 1 und 2,
3. zu den nach § 12 Absatz 5 durch die antragstellende Person vorzulegenden Nachweisen und Unterlagen oder
4. zur Regelung der Datenübermittlung nach § 34.

(3) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erlässt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften zur Führung der Bundesstatistik. Die Rechtsverordnung bestimmt auch, welche Daten als Erhebungs- und Hilfsmerkmale für die Bundesstatistik an die statistischen Ämter der Länder zu übermitteln sind.

Erläuterungen zu § 36

- zu Absatz 1 -

Absatz 1 bündelt Verordnungsermächtigungen zum Erlass zustimmungspflichtiger Rechtsverordnungen für drei Bereiche von Mindestanforderungen an Prostitutionsgewerbe: Durch Rechtsverordnung können die als Erlaubnisvoraussetzung relevanten Mindestanforderungen an Betriebsstätten nach § 18, die ebenfalls als Erlaubnisvoraussetzung relevanten Mindestanforderungen an die Ausstattung von Prostitutionsfahrzeugen nach § 19 sowie die beim Betrieb von Prostitutionsgewerben einzuhaltenden Anforderungen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit nach § 24 näher bestimmt werden.

- zu Absatz 2 -

Absatz 2 enthält eine weitere Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von zustimmungspflichtigen Rechtsverordnungen, und zwar solche zur näheren verwaltungsförmigen Ausgestaltung des Verfahrens der Anmeldepflicht und zur Ausgestaltung der Anmeldebescheinigung sowie der Aliasbescheinigung nach § 6 Absatz 1 und 2, zu den bei einem Erlaubnisantrag vorzulegenden Nachweisen sowie zur Regelung der Datenübermittlung.

- zu Absatz 3 -

Absatz 3 enthält die Verordnungsermächtigung zum Erlass einer zustimmungspflichtigen Rechtsverordnung zur näheren Ausgestaltung der Bundesstatistik. Durch Rechtsverordnung soll bestimmt werden, welche Daten als Erhebungs- und Hilfsmerkmale für die Bundesstatistik an die statistischen Ämter der Länder zu übermitteln sind.

§ 37 Übergangsregelungen

(1) Personen, die bereits vor dem 1. Juli 2017 der Prostitution nachgegangen sind, haben ihre Tätigkeit bis zum 31. Dezember 2017 erstmals anzumelden.

(2) Wer bereits vor dem 1. Juli 2017 ein Prostitutionsgewerbe betrieben hat, hat dies der zuständigen Behörde bis zum 1. Oktober 2017 anzuzeigen und einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2017 vorzulegen. Die zuständige Behörde hat dem Betreiber eine Bescheinigung über die Anzeige und den Antrag zu erteilen.

(3) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes hat den nach § 25 Absatz 1 Nummer 4 und den nach den §§ 27 und 28 bestehenden Verpflichtungen ab dem 31. Dezember 2017 nachzukommen.

(4) Bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis gilt die Fortführung des Prostitutionsgewerbes als erlaubt, wenn die Antragsfrist nach Absatz 2 eingehalten wurde. Die zuständige Behörde kann auch bereits vor der Entscheidung über den Antrag Anordnungen und Auflagen nach § 17 treffen. Die Fortführung des Prostitutionsgewerbes kann unter den Voraussetzungen des § 23 Absatz 2 und 3 untersagt werden.

(5) Für Prostitutionsstätten, die bereits vor dem Tag der Verkündung betrieben worden sind, kann die Behörde bei Erteilung der Erlaubnis Ausnahmen von den Anforderungen nach § 18 Absatz 2 Nummer 2 und 4 bis 7 zulassen, wenn die Erfüllung dieser Anforderungen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre und die schützenswerten Interessen von Prostituierten und anderen Personen auf andere Weise gewährleistet werden.

(6) Für anmeldepflichtige Personen ab 21 Jahren, die die Tätigkeit erstmals bis zum 31. Dezember 2017 anmelden, gilt abweichend von § 5 Absatz 4 die erste Anmeldebescheinigung für drei Jahre; für die darauf- folgenden Anmeldebescheinigungen gilt § 5 Absatz 4.

(7) Anmeldepflichtige Personen ab 21 Jahren, die die Tätigkeit erstmals bis zum 31. Dezember 2017 anmelden, haben abweichend von § 10 Absatz 3 erstmals nach zwei Jahren eine weitere gesundheitliche Beratung wahrzunehmen; für die darauf folgenden gesundheitlichen Beratungen gilt § 10 Absatz 3.

(8) Anmeldepflichtige Personen ab 21 Jahren, die die Tätigkeit erstmals bis zum 31. Dezember 2017 anmelden, haben für die erste Verlängerung der Anmeldebescheinigung abweichend von § 4 Absatz 4 Nachweise über die mindestens zwei Jahre nach der erstmaligen Anmeldung erfolgte gesundheitliche Beratung vorzulegen; für die darauf folgenden Verlängerungen gilt § 4 Absatz 4.

Erläuterungen zu § 37

- zu Absatz 1 -

Die Vorschrift regelt eine Übergangsfrist von sechs Monaten für die Anmeldung von Prostituierten. Entsprechend müssen Betreiber ebenfalls erst sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes gewährleisten, dass alle in ihrem Gewerbe tätigen Prostituierten eine Anmeldebescheinigung vorlegen; dies ergibt sich aus Absatz 3.

- zu Absatz 2 -

Die Vorschrift gestaltet eine schrittweise Anwendbarkeit der gesetzlichen Verpflichtungen für bereits bestehende Prostitutionsgewerbe.

Die Fortführung dieser Gewerbe gilt zunächst weiterhin als erlaubt; dies ist allerdings daran gebunden, dass der Betreiber spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten sein Gewerbe als Prostitutionsgewerbe bei der zuständigen Erlaubnisbehörde angezeigt hat und spätestens nach Ablauf von sechs Monaten einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis vorgelegt hat.

Auch an die wichtigsten sonstigen Betreiberpflichten ist der Betreiber spätestens nach drei Monaten gebunden.

- zu Absatz 3 -

In Übereinstimmung mit der für Prostituierte geltenden Übergangsfrist hat der Betreiber ab sechs Monaten nach Inkrafttreten gemäß § 27 auf die Einhaltung der Anmeldepflicht und der Pflicht zur gesundheitlichen Beratung hinzuweisen und sich entsprechende Anmelde- oder Aliasbescheinigungen vorlegen zu lassen. Außerdem hat er ab diesem Zeitpunkt den in § 28 geregelten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nachzukommen.

Die übrigen Pflichten des Betreibers, insbesondere die gesetzlichen Vorgaben der §§ 24 bis 26 über Sicherheit und Gesundheitsschutz, über die Auswahl der im Betrieb tätigen Personen, über Pflichten gegenüber Prostituierten und die Einschränkung von Weisungen und Vorgaben sowie die Hinweispflicht nach § 32 müssen bereits ab Inkrafttreten eingehalten werden.

- zu Absatz 4 -

Die zuständige Behörde kann auch vor der Entscheidung über den Antrag Anordnungen nach § 17 treffen; die Fortführung des Gewerbes kann unter den Voraussetzungen des § 23 Absatz 2 und 3 untersagt werden.

- zu Absatz 5 -

Für Betriebsstätten des Prostitutionsgewerbes, die bereits vor Verkündung des Gesetzes bestanden haben, können Ausnahmen von den Mindestanforderungen nach § 18 Absatz 2 gestattet werden, wenn die Erfüllung dieser Anforderungen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre und die schützenswerten Interessen von Prostituierten, von Beschäftigten und von Kundinnen und Kunden auf andere Weise in gleichem Maße gewährleistet werden.

- zu Absatz 6 -

Die Vorschrift berücksichtigt, dass Prostituierte über 21 Jahre, die sich bis zum 31. Dezember 2017 angemeldet haben, nach Absatz 8 erstmals nach zwei Jahren erneut eine gesundheitliche Beratung wahrzunehmen brauchen. Entsprechend muss auch der Nachweis einer solchen Bescheinigung erst nach zwei Jahren vorliegen.

- zu Absatz 7 -

Die Vorschrift sieht für Prostituierte über 21 Jahre eine längere Gültigkeit der ersten Anmeldebescheinigung vor, wenn sie sich erstmals bis zum 31. Dezember 2017 angemeldet haben.

- zu Absatz 8 -

Die Vorschrift führt dazu, dass Prostituierte über 21 Jahre, die sich bis zum 31. Dezember 2017 angemeldet haben, erstmals nach zwei Jahren erneut eine gesundheitliche Beratung nach § 10 wahrnehmen müssen.

§ 38 Evaluation

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend evaluiert die Auswirkungen dieses Gesetzes auf wissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung der Erfahrungen der Anwendungspraxis und eines wissenschaftlichen Sachverständigen, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag zu bestellen ist. Die Evaluation setzt am 1. Juli 2022 ein. Der Evaluationsbericht ist dem Deutschen Bundestag spätestens am 1. Juli 2025 vorzulegen.

Erläuterungen zu § 38

Eine Evaluation der Auswirkungen dieses Gesetzes ist gesetzlich vorgesehen. Die Evaluierung erfolgt auf wissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Sachverständigen. Die Sachverständigenauswahl erfolgt im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag, dessen autonome Entscheidung es bleibt, welches Gremium dazu zu beteiligen ist. In der Vergangenheit hat bei entsprechenden Evaluationsklauseln der zuständige Fachausschuss des Deutschen Bundestages entschieden.

Um eine aussagekräftige Einschätzung der Auswirkungen vornehmen zu können, ist es erforderlich, eine fünfjährige Anwendungspraxis als Erkenntnisgrundlage zugrunde zu legen; die Evaluation soll daher fünf Jahre nach Inkrafttreten einsetzen. Zur Bewertung der Auswirkungen des Gesetzes ist neben der Einbeziehung einschlägigen wissenschaftlichen Sachverstandes die Einbeziehung der auf Ebene der Bundesländer gesammelten Erfahrungen der Anwendungspraxis ebenso notwendig; empfehlenswert dürfte auch die exemplarische Auswertung von Modellen guter örtlicher Praxis sein. Um bei der Erstellung der externen wissenschaftlichen Grundlage für den Evaluationsbericht unterschiedliche fachliche Sichtweisen und unterschiedliche Ebenen praktischer Umsetzungserfahrung einzubeziehen, erscheint die Einsetzung eines Beirats bei der wissenschaftlichen Begutachtung als geeignetes Instrument. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundestag durch die Bundesregierung in angemessener Frist vorzulegen.

Daneben legt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bereits zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes einen ersten Zwischenbericht vor. Grundlage für diesen Zwischenbericht sind die bis zu diesem Zeitpunkt durch die eingeführte Bundesstatistik erhobenen und verfügbaren Daten.

Artikel 2

Änderung des Prostitutionsgesetzes

§ 3 des Prostitutionsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) wird wie folgt gefasst: "§3

(1) Weisungen, die das Ob, die Art oder das Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen vorschreiben, sind unzulässig.

(2) Bei Prostituierten steht das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit nicht der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts entgegen."

Erläuterungen zu Artikel 2 (Änderung des Prostitutionsgesetzes)

Mit der Einfügung eines neuen Absatzes 1 in § 3 werden die Grenzen des Weisungsrechts von Arbeitgebern gegenüber Prostituierten präzisiert.

Mit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 ist es grundsätzlich möglich geworden, Prostitution in Form von Arbeitsverhältnissen zu organisieren, wenngleich von dieser Möglichkeit bislang nur äußerst selten Gebrauch gemacht wird, weil eine arbeitsvertragliche Ausgestaltung offenbar weder für Betreiber noch für die meisten Prostituierten besonders attraktiv erscheint. Im Zuge strafrechtlicher Verfahren sind in der letzten Zeit jedoch in einigen Fällen die Beziehungen zwischen Betreibern von Pauschalclubs bzw. sog. Flat-Rate-Bordellen nachträglich durch die Gerichte als Beschäftigungsverhältnis eingeordnet worden, wofür – neben anderen Elementen – auch das Ausmaß der Weisungen und Vorgaben der Betreiber gegenüber Prostituierten als Kriterium herangezogen wurde.

Grundsätzlich findet auch auf Arbeitsverhältnisse in der Prostitution § 106 der Gewerbeordnung Anwendung, wonach der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind; dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.

Bei Erlass des Prostitutionsgesetzes ist der Gesetzgeber jedoch davon ausgegangen, dass innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses in der Prostitution keine Weisung des Arbeitgebers zulässig ist, die auf das Ob und Wie sowie das Ausmaß der Vornahme sexueller Dienstleistungen gerichtet ist.

Dies ergibt sich als Konsequenz aus der Ausgestaltung des § 1 des Prostitutionsgesetzes als zivilrechtlich unvollkommene Verbindlichkeit, der auch auf Arbeitsverträge mit Prostituierten Anwendung findet. Durch schuldrechtlichen Vertrag kann eine Vereinbarung über die Erbringung sexueller Dienstleistungen zwar eingegangen werden, es besteht jedoch kein Anspruch des Vertragspartners auf Vornahme der sexuellen Handlungen, sondern lediglich ein Anspruch auf die Gegenleistung, wenn sexuelle Handlungen auf der Grundlage einer Vereinbarung erbracht worden sind. Folglich kann auch ein Arbeitgeber keinen Anspruch auf Befolgung einer Weisung haben, wenn sich diese auf sexuelle Dienstleistungen im Einzelfall bezieht, also beispielsweise die Weisung zur Annahme eines bestimmten Kunden, zur Festlegung bestimmter Sexualpraktiken oder zur Häufigkeit sexueller Kontakte.

Da aber das Bestehen eines Weisungsrechts allgemein als wichtiges Leitmerkmal für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses und damit auch für das vom damaligen Gesetzgeber erwünschte Ergebnis des Zugangs zur Sozialversicherung angesehen wurde, sah § 3 des Prostitutionsgesetzes eine Klarstellung vor, wonach bei Prostituierten das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegensteht.

Diese Regelung wurde seitdem durch die Rechtsprechung auch herangezogen, um die Grenzen strafbaren Verhaltens von Bordellbetreibern gegenüber Prostituierten nach § 181a des Strafgesetzbuches neu zu bestimmen. Als gesicherte Rechtsprechung kann heute angesehen werden, dass Weisungen, die Art oder Ausmaß der Prostitutionsausübung betreffen, unter den weiteren Voraussetzungen der Norm immer nach § 181a Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches strafbar sind. Die übrigen Weisungen (z. B. in Bezug auf Ort oder Zeit) sind demgegenüber nur strafbar, wenn sich die Prostituierte der Weisung wegen wirtschaftlicher oder persönlicher Abhängigkeit nicht entziehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2003 – 2 StR 186/03, siehe auch oben Begründung zu Artikel 1 § 26 Absatz 2).

Das Fehlen einer eindeutigen Aussage zu den inhaltlichen Grenzen des Direktionsrechts im Text des Prostitutionsgesetzes wird seit dessen Inkrafttreten häufig als unbefriedigend bewertet, weil es wiederholt Anlass zu Missverständnissen gegeben hat.

§ 3 Absatz 1 schränkt nun das Direktionsrecht nach § 106 der Gewerbeordnung für Arbeitsverhältnisse ein. Inhaltliche Bestimmungen der Arbeitsleistung sowie verhaltensbezogene Weisungen gegenüber Prostituierten sind unzulässig, soweit sie Art oder Ausmaß sexueller Dienstleistungen betreffen. Umgekehrt können Weisungen zum Inhalt der Arbeitsleistung dann zulässig sein, wenn sie sich nicht auf sexuelle Dienstleistungen im Einzelfall beziehen. Weisungen zu Zeit und Ort sowie zur Ordnung im Betrieb sind damit in den Grenzen des § 106 der Gewerbeordnung ebenfalls weiter zulässig; sie werden u. a. durch die Regeln des billigen Ermessens begrenzt. Die oder der Prostituierte muss jederzeit das Recht haben, sexuelle Handlungen abzulehnen bzw. zu kündigen. Entscheidend ist, dass der oder die Prostituierte auch in Anbetracht von Weisungen immer eigenverantwortlich entscheiden kann. Dabei ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sog. dirigistischen Zuhälterei gemäß § 181a Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs zu berücksichtigen. Zulässig ist jedoch eine freiwillig getroffene Vereinbarung über Ort und Zeit der Prostitutionsausübung, also ein einvernehmlich begründetes rechtlich wirksames Beschäftigungsverhältnis, das Prostituierten eine jederzeitige Selbstbefreiung bzw. Loslösung aus dieser vertraglichen Beziehung ermöglicht (BT Drs. 14/5958, S. 5). Arbeitsrechtlich besteht ein Übermaßverbot für Weisungen zu Ort, Zeit, Verhalten und Leistungsinhalt, die sexuelle Handlungen nicht betreffen. Unzulässige Weisungen brauchen arbeitnehmerseitig nicht eingehalten zu werden, eine Abmahnung oder sonstige arbeitsrechtliche Reaktionen des Arbeitgebers wegen solcher Weisungsverstöße wären unwirksam.

Weisungen unter Verstoß gegen den neuen Absatz 1 des § 3 erfüllen – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – auch weiterhin den Straftatbestand des § 181a Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches.

Artikel 3

Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes

§ 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1842), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 6 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2226) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In Nummer 9 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt.
2. Folgende Nummer 10 wird angefügt: "10. im Prostitutionsgewerbe."

Erläuterungen zu Artikel 3 (Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes)

Durch die Aufnahme des Prostitutionsgewerbes in die Liste des § 2a Absatz 1 wird der Tatsache Rechnung getragen, dass im Bereich der Prostitution ein mit anderen dort aufgeführten Branchen vergleichbar hohes Risiko für die mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zu bekämpfenden Missstände besteht.

Die Vorschrift verpflichtet die Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, eines der in § 2a genannten Ausweispapiere als Identitätsnachweis mitzuführen und dieses den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen vorzulegen. Für diese Zwecke reicht das Aliasdokument nach dem Prostituiertenschutzgesetz nicht aus.

Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes wird durch § 2a verpflichtet, Prostituierte auf die Verpflichtung zum Mitführen eines amtlichen Identitätsnachweises hinzuweisen.

ährend ein Teil der dem Prostitutionsgewerbe zuzurechnenden Betriebe möglicherweise bereits bislang schon durch Nummer 2 oder ggf. auch durch Nummer 5 erfasst war, ist nun klargestellt, dass diese Verpflichtung die Prostitutionsbranche insgesamt betrifft.

Die Vorschrift erleichtert damit schon jetzt die bestehende Aufgabenwahrnehmung durch die Zollverwaltung.

Artikel 4

Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten

Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 55 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 120 wird wie folgt geändert:

a) In der Überschrift werden das Komma und die Wörter "Werbung für Prostitution" gestrichen.
b) Absatz 1 wird wie folgt gefasst: "(1) Ordnungswidrig handelt, wer einem durch Rechtsverordnung erlassenen Verbot, der Prostitution an bestimmten Orten überhaupt oder zu bestimmten Tageszeiten nachzugehen, zuwiderhandelt."

2. § 123 wird wie folgt geändert:

a) In den Absätzen 1 und 2 Satz 2 werden jeweils die Wörter "oder § 120 Absatz 1 Nummer 2" gestrichen.
b) In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter "und des § 120 Absatz 1 Nummer 2" gestrichen.

Erläuterungen zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten)

In § 120 Absatz 1 wird Nummer 2 gestrichen und sein Regelungsgehalt vollständig in Artikel 1 § 32 Absatz 3 Nummer 2 des Prostituiertenschutzgesetzes überführt. Das in Nummer 2 normierte generelle Verbot, durch die dort genannten Medien für eine Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen zu werben oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntzugeben, war mit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs teleologisch auf Fälle reduziert worden, in denen durch die Werbung eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit, vor allem derjenigen von Kindern und Jugendlichen, vor den mit der Prostitution generell verbundenen Gefahren und Belästigungen eintritt. Aus Anlass der Aufnahme eines konkreten Werbeverbotes für ungeschützten Geschlechtsverkehr in Artikel 1 wurde der daneben verbleibende Regelungsgehalt des § 120 Absatz 1 Nummer 2 ebenfalls in Artikel 1 aufgenommen, um den einheitlichen Sinngehalt der Regelungen beizubehalten. Gleichzeitig wird der Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 120 Absatz 1 Nummer 2 Rechnung getragen, indem vom Gesetzeswortlaut nur noch die von der Rechtsprechung anerkannten Fälle erfasst werden.

Artikel 5

Änderung der Gewerbeordnung

In § 6 Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1914) geändert worden ist, wird nach dem Wort "Rechtsanwälte" das Wort ", Patentanwälte" eingefügt, wird das Wort "Rechtsbeistände" durch die Wörter "nach § 16 des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Rechtsdienstleistungsregister eingetragenen Personen" ersetzt, wird nach dem Wort "Auswandererberater" das Wort "und" durch ein Komma ersetzt und werden nach dem Wort "Seelotswesen" die Wörter "und die Tätigkeit der Prostituierten" eingefügt.

Erläuterungen zu Artikel 5 (Änderung der Gewerbeordnung)

Nach wohl überwiegender Auffassung ist die persönliche Ausübung der Prostitution kein Beruf wie jeder andere und kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung. Auch wenn einige Kommunen Gewerbeanzeigen von Prostituierten entgegennehmen, besteht im Verwaltungsvollzug weitgehende Übereinstimmung, dass Prostituierte kein nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung anmeldepflichtiges Gewerbe ausüben. Angesichts der Besonderheiten der Prostitution ist dies auch sachgerecht, da anderenfalls z. B. die Grunddaten des Gewerbes (Name, betriebliche Anschrift, angezeigte Tätigkeit) gemäß § 14 Absatz 5 Satz 2 der Gewerbeordnung allgemein zugänglich gemacht werden dürften. Gleichwohl besteht in der Praxis zum Teil Unsicherheit darüber, ob die Ausübung der Prostitution ein Gewerbe darstellt, das in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fällt. Mit der Änderung des § 6 Absatz 1 Satz 1 wird daher klargestellt, dass die Gewerbeordnung auf die persönliche Ausübung der Prostitution keine Anwendung findet. Mit dem Prostituiertenschutzgesetz nach Artikel 1 wird ein spezialgesetzlicher Regelungsrahmen geschaffen, der auch Vorschriften für die persönliche Ausübung der Prostitution umfasst. Dazu gehören insbesondere die Einführung einer Anmeldepflicht nach § 3 des Prostituiertenschutzgesetzes sowie ordnungsrechtliche Kontroll- und Eingriffsinstrumentarien. Es besteht daher kein Bedürfnis für eine subsidiäre Anwendung der Gewerbeordnung auf Prostituierte.

Davon zu unterscheiden ist der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes. Hier handelt es sich um ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, so dass insbesondere auch eine Anzeigepflicht nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung besteht.

Darüber hinaus erfolgt mit der Ersetzung des Wortes "Rechtsbeistände" durch die Wörter "nach § 16 des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Rechtsdienstleistungsregister eingetragene Person" eine redaktionelle Änderung in Folge des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen vom 12. Dezember 2007 (Rechtsdienstleistungsgesetz; BGBl. I S. 2840). Mit der Einführung des Wortes "Patentanwälte" wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Patentanwälte bisher nicht in § 6 Absatz 1 aufgeführt sind, gleichwohl es sich nicht um ein Gewerbe handelt und sie daher nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Diese Änderungen haben inhaltlich keine Bezüge zum Regelungsgegenstand des Prostituiertenschutzgesetzes.

Artikel 6

Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch

§ 28a Absatz 4 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363), das zuletzt durch Artikel 28 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In Nummer 9 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt.
2. Folgende Nummer 10 wird angefügt: "10. im Prostitutionsgewerbe."

Erläuterungen zu Artikel 6 (Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)

Es handelt sich hierbei um eine Folgeänderung zu Artikel 3. Um die Arbeit der Zollbehörden zu erleichtern und zu unterstützen, unterliegen die aufgezählten Gewerbe einer besonderen Meldepflicht. Außerdem überprüfen die Rentenversicherungsträger in diesen Branchen auf Anzeige der Zollbehörde die Einhaltung der Melde- und Versicherungspflichten in Sonderbetriebsprüfungen. Diese Zusammenarbeit hat sich insbesondere bei der Bekämpfung illegaler Beschäftigung bewährt und soll auch auf das Prostitutionsgewerbe ausgedehnt werden.

Artikel 7

Inkrafttreten

(1) Artikel 1 § 36 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Juli 2017 in Kraft.

Erläuterungen zu Zu Artikel 7 (Inkrafttreten)

zu Absatz 1

In Artikel 1 tritt § 36 mit Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. § 36 ist die Ermächtigungsgrundlage zur Schaffung konkretisierender Rechtsverordnungen. Durch das sofortige Inkrafttreten von § 36 mit Verkündung wird der Vollzug des Gesetzes durch die Länder sichergestellt, indem bis zum Inkrafttreten des übrigen Gesetzes die konkretisierenden Rechtsverordnungen, insbesondere zur Ausgestaltung des Anmeldeverfahrens und der Anmelde- bzw. Aliasbescheinigung sowie zu den Mindestanforderungen an Prostitutionsbetriebe, erlassen sind.

zu Absatz 2

Die übrigen Vorschriften des Artikels 1 sowie die übrigen Artikel dieses Gesetzes treten zum 1. Juli 2017 in Kraft. Der Zeitraum bis zum Inkrafttreten ist aufgrund des notwendigen organisatorischen Vorlaufs für den Vollzug der Neuregelungen erforderlich; unter anderem benötigen die für die Ausführung dieses Gesetzes zuständigen Bundesländer ausreichend Zeit für die Bestimmung der zuständigen Behörden und die Schaffung der hierzu jeweils erforderlichen landesrechtlichen Rechtsgrundlagen. Gleichzeitig erhalten die von der Anwendung des Gesetzes betroffenen Personen ausreichend Zeit, sich auf das Inkrafttreten vorzubereiten.

Quellen: ProstSchG - Bundesanzeiger Verlag, Gesetz-Entwurf inkl. Erläuterungen